Chevy Stevens
Tief in den Wäldern
Thriller
Aus dem Amerikanischen von Maria Poets
FISCHER E-Books
Chevy Stevens ist die einzige Kanadierin unter den internationalen Top-Thrillerautor:innen. Sie lebt in Nanaimo auf Vancouver Island mit seiner beeindruckenden Natur. Ihre eindrücklichen Thriller um starke Frauen, die ums Überleben kämpfen, stehen weltweit auf den Bestsellerlisten. Chevy Stevens ist auf einer Ranch aufgewachsen und liebt Wandern, Paddeln und Zelten mit ihrem Mann, ihrer Tochter und ihren Hunden.
Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de
Seit Jahrzehnten wird vor dem Cold Creek Highway gewarnt. Tramperinnen sind verschwunden, und Frauen, die eine Autopanne hatten, wurden nie wieder gesehen. Hat man jemals richtig nach ihnen gesucht? Ein Täter ist nie gefasst worden.
Hailey McBride ist in Cold Creek aufgewachsen und hat erst vor kurzem ihren Vater bei einem Unfall verloren. Als sie bei ihrer Tante und deren Mann, einem hartgesottenen Cop, einziehen muss, wird ihre Lage schwierig – und auch bedrohlich. Hailey trifft einen schwerwiegenden Entschluss.
Ein Jahr später kommt Beth Chevalier aus Vancouver nach Cold Creek, um an einer Gedenkfeier für die Opfer des Highways teilzunehmen. Sie hat ihren ganz persönlichen Grund, hier zu sein. Beth muss feststellen, dass in Cold Creek mehr als eine Person lügt. Heimlich macht sie sich auf die Suche nach dem Mörder. Und ahnt nicht, wie lebensgefährlich nahe sie der Wahrheit kommen wird.
»Chevy Stevens hat wieder geliefert: ›Tief in den Wäldern‹ zeichnet brillante Figuren und ist voller Wendungen und Action. Ein echter Pageturner!«
Portland Review
Erschienen bei FISCHER E-Books
Die Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel ›Dark Roads‹ im Verlag St. Martin's Press, New York
© 2021 Chevy Stevens Holdings Ltd.
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2022 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
Redaktion: Alexander Groß
Covergestaltung: www.buerosued.de
Coverabbildung: GettyImages / Snob Frog / 500px
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-491455-8
Für Jennifer Enderlin
und Mel Berger
Niemand wacht einfach so auf und denkt: Heute Abend werde ich auf einer dunklen Straße sterben, aber genau darum geht es. Du bist jung und frei und hast dein ganzes Leben noch vor dir. Du bist damit beschäftigt, dich zu verlieben, dich wegen irgendwelcher blöder Sachen mit deiner Familie zu streiten und dir den perfekten geistreichen Kommentar für Instagram auszudenken. Du riskierst etwas. Du fährst zu schnell und trinkst zu viel. Die Zeit dehnt sich vor dir aus wie ein üppiges, buntes Garnknäuel. Du glaubst, du hättest noch Jahre Zeit, alles auf die Reihe zu kriegen. Dann, wie aus dem Nichts, triffst du die falsche Person, und es ist aus.
Der Tod kam nicht als ein wunderschöner Lichterfunken zu mir, da sangen auch keine Engel oder so. Da war nichts als ein scharfer, stechender Schmerz, er starrte mir in die Augen, während er mich würgte, und es kam überraschend. Selbst als mein Kehlkopf brach und die Blutgefäße in meinen Augen platzten, dachte ich noch, dass bestimmt gleich jemand den Highway entlangfährt. Dass irgendjemand es sieht. Es würde Scheinwerfer und laute Schreie geben.
Nun, es wurde tatsächlich geschrien. Bis er, wie gesagt, den letzten Rest aus mir herausgepresst hatte.
Ich bin nicht die Einzige hier. Viele von uns warten immer noch, hängen in der Luft wie ein leises Wispern. Wir sprechen nicht über unsere Tode oder über unsere fatalen Fehler, aber ich denke, dass wir alle vom Cold Creek Highway wussten, lange bevor unsere Leichen in einen Graben geworfen oder im Wald unter einer Decke aus feuchtem Moos verscharrt wurden. Du kannst nicht im Norden aufwachsen, ohne dass deine Eltern dich warnen oder der Angestellte an der Tankstelle dir sagt, du sollst vorsichtig sein, oder ohne an Plakaten mit den Opfern und ihrem süßen, hoffnungsvollen Lächeln vorbeizulaufen. All diese körnigen, unscharfen Fotos reihten sich aneinander, als bildeten sie irgendein tragisches Jahrbuch. Abschluss im Nirgendwo.
Wie viele Opfer gibt es? Die Zeitungen werden dir verraten, dass zwanzig Fälle mit dem Highway in Verbindung gebracht werden, mehr als die Hälfte davon betreffen Angehörige der First Nations, allesamt junge Frauen. Die Wahrheit ist, dass niemand es mit Sicherheit weiß. Ihre Knochen sind verstreut, ihre Namen eine kurze Notiz auf der Liste der vermissten Personen.
Du fragst dich, wie jemand damit davonkommen kann, wie all diese Morde unbeachtet bleiben konnten? Das ist eine berechtigte Frage – wenn du niemals den fast fünfhundert Meilen langen Highway entlanggefahren bist, der wie ein wellenförmiges graues Band von Ost nach West durch die Berge zur Küste führt. Die Ortschaften und Gemeinden der First Nations sind klein und liegen weit verstreut, es gibt weder Busse noch andere öffentliche Verkehrsmittel.
Der Wald bildet eine Mauer aus dicken Bäumen und dichtem, undurchdringlichem Unterholz, das die Haut, die bereits von Mücken zerstochen ist, weiter aufkratzt. Die Berghänge sind steil, zerklüftete Felsen fassen die tiefen Schluchten ein. Loser Schotter kann einen Leichnam bis nach unten mitreißen und ihn nie wieder zurückbringen. Die Flüsse schwellen bei Regen an und verschlucken alles in ihrem Bett. Bären, Pumas und Wölfe tragen die Knochen fort. Sträucher und Farne wachsen über dem Rest. Das Land ist dafür geschaffen, etwas zu verbergen.
Es gibt nur wenige Polizeistationen, manche bloß mit einer Handvoll Officers besetzt. Früher war es nicht so wie heute, mit Computern und Datenbanken. Es gab keinen Austausch, kein eindeutiges Muster bei den Morden. Vielleicht war es auch offener Rassismus, der die Polizei das Problem nicht hat erkennen lassen. Was bedeutete ihnen schon eine weitere vermisste Frau der First Nations? Tausende wurden bereits im ganzen Land vermisst oder waren umgebracht worden. Weißen Opfern wurde mehr Aufmerksamkeit geschenkt, sie tauchten häufiger in der Presse auf.
Als die Royal Canadian Mounted Police begriff, dass jemand im Norden nicht nur auf Wild Jagd machte, und eine Task-Force bildete, lagen die ersten Fälle bereits Jahrzehnte zurück. Zeugen hatten entscheidende Details vergessen. Beweise waren verloren gegangen oder zerstört worden. DNA-Proben konnten noch verwendet werden, aber es gab unzählige Proben, die niemals irgendjemandem zugeordnet werden konnten. Anfangs hatte man einen Trucker oder Holzfäller im Verdacht, jemanden, der sich nur vorübergehend in der Gegend aufgehalten hatte. Man spekulierte, dass er gestorben war und ein anderer – oder mehrere – seinen Platz eingenommen hatte.
Die Stadt stellte eine Plakatwand auf, um Frauen davor zu warnen, per Anhalter zu fahren. Als könnte das ein Mädchen aufhalten, das fest vorhatte, wegzulaufen oder sich zu amüsieren. Die Polizei versprach, die Patrouillen zu verstärken, während bewaffnete Bürgerwehren nachts über den Highway fuhren und schworen, der Sache ein Ende zu bereiten. Doch es verschwanden weiterhin Frauen. Manchmal vom Highway, andere Male aus den Ortschaften in der Nähe der Straße. Sie wurden auf einer Party oder dem Heimweg gesehen und dann nie wieder.
Die Menschen im Norden sagten, in diesen Bergen würde etwas Böses hausen. Der Highway sei verflucht, genau wie die Stadt Cold Creek – der letzten Möglichkeit, zu tanken und die Vorräte aufzustocken, bevor du dein Glück auf der dunklen Straße vor dir versuchst. Es war auch der letzte Ort, an dem mehrere Frauen zuletzt gesehen worden waren.
Andere sagten, dass Gefahren in dieser rauen und abgeschiedenen Gegend einfach zum Leben dazugehörten. Der Tod war auf irgendeine Weise immer präsent. Gelangweilte Jugendliche brachten sich in Schwierigkeiten. Armut führte zu Gewalt.
Touristen sprachen über plötzlich auftauchende, blendende Scheinwerfer in ihren Rückspiegeln, die genauso rasch wieder verschwanden. Teenager erzählten sich am Lagerfeuer Geschichten und jagten einander auf dunklen Pfaden Angst ein, dann kicherten sie erleichtert, wenn ihre Freunde hervorsprangen. Der Highway war das Lieblingsthema bei Übernachtungspartys und am Ouija-Brett. Jedes Jahr verkleidete sich zu Halloween jemand als Killer-Trucker.
Vielleicht fragt ihr euch, warum jemand so einen schrecklichen Ort besuchen oder gar dort leben sollte? Nun, der Norden nimmt, aber der Norden gibt auch. Das Tal zwischen den Bergen ist fruchtbar, und die Feldfrüchte gedeihen besser als anderswo. Man kann jagen und fischen, das Land ist billig, man bleibt unbehelligt von lästigen Nachbarn und städtischen Vorschriften. Die meisten Menschen im Ort leben dort in der dritten oder vierten Generation, doch andere kommen auf der Suche nach Arbeit als Holzfäller oder Minenarbeiter und bleiben.
Ich glaube, man konnte sich ganz leicht einreden, dass nur unvorsichtige Frauen dem Highway zum Opfer fallen. Sie waren zu vertrauensselig. Zu leichtsinnig. Jetzt waren die Menschen klüger.
Und sie hatten recht, zumindest für eine Weile.
Mehrere Jahre vergingen, ohne dass irgendeine Frau das Pech hatte, umgebracht zu werden. Die Stadt entspannte sich, und das war der erste Fehler. In jenem Sommer stieg die Temperatur, sämtliche Hitzerekorde wurden gebrochen, und die Teenager strömten an den Wochenenden hinaus zum See. Mädchen gingen allein zu den Waschräumen, badeten nackt im Mondschein und strahlten die Trucker an, bis eine weitere Leiche im hohen gelben Gras neben der Straße gefunden wurde. Ein unglücklicher Autofahrer hatte angehalten, um Wildblumen zu pflücken, und mehr gefunden, als er sich gewünscht hatte. Man verdächtigte die tote Frau, eine drogenabhängige Prostituierte zu sein.
Es gab eine öffentliche Mahnwache und ein Gemeindetreffen zum Thema Sicherheit, doch insgeheim dachten die meisten Leute, dass die Frau mit ihrem Lebensstil selbst für ihren Tod verantwortlich war. Wer weiß, ob es nicht ihr Zuhälter oder ihr Dealer gewesen war? Doch dann, keine zwei Jahre später, verschwand eine Schülerin der Highschool von einer Party auf einer Rinderweide, die an den Highway grenzte. Keine Beweise, keine Verhaftungen. Tage später zerrte der Hund des Farmers ihre halbverweste Leiche aus einem Entwässerungsgraben. Ihr Foto kam mit auf die Plakate.
Amateurdetektive entdeckten das Internet, gründeten Facebook-Gruppen und Reddit-Threads, spürten Autokennzeichen und alte Gefängnisakten auf. Journalistinnen schrieben Hintergrundartikel und handelten Buchverträge aus, in der Hoffnung, sie könnten dort Erfolg haben, wo die Polizei versagt hatte. Aber das hatten sie nicht. Niemand hatte Erfolg.
Unsere Familien und Freunde sorgen dafür, dass unsere Kreuze am Straßenrand immer gestrichen sind. Sie bringen frische Blumen, Teddybären und LED-Kerzen. Sie flackern wochenlang, bis ihre Batterien leer sind. Die Menschen sprechen stumme Gebete, wenn sie vorbeifahren. Wir hören sie, und dann sehen wir zu, wie ihr uns hinter euch zurücklasst.
Ihr wollt wissen, welche ich bin, wo in dieser langen Reihe zerstörter Leben ich mich einfüge? Spielt das eine Rolle? Unsere Geschichte ist immer die gleiche, auch wenn unsere Mörder verschieden sind, und wir wollen euch unsere Geheimnisse erzählen. Aber das ist so eine Sache mit dem Flüstern. Ihr müsst gut zuhören, um uns zu verstehen.
Hailey | Juni 2018
Knarrend öffnete sich die Tür hinter mir. Schritte schlurften über den Fußboden bis dahin, wo ich auf der Seite lag, Gesicht zur Wand, und durch die Fotos und Videos auf meinem Handy scrollte. Kurz vor dem Bett blieb er stehen. Er hielt sich für raffiniert, doch die Matratze sackte ein, als er sich vorbeugte, mir seinen Atem in den Nacken blies, so dass die Haare dort sich bewegten. Der Duft von Zahnpasta mit Kaugummigeschmack hing in der Luft.
»Hailey? Bist du wach?«
Ich drehte mich um und sah meinen kleinen Cousin an. Seine braunen Augen leuchteten begeistert, sein dunkles Haar war feucht und stand in alle Richtungen ab, als hätte er es mit einem Handtuch trocken gerubbelt. Er kletterte ins Bett, legte sich neben mich auf den Rücken, den Kopf auf meinem zweiten Kissen, und strampelte mit einem Bein in der Luft. Er trug Shorts, seine Knie waren zerkratzt. Er roch nach Sonnenmilch.
»Bist du immer noch traurig?«
Ich blinzelte heftig. »Ja.«
Er drehte sich auf die Seite, rutschte näher und ließ sein Spielzeugauto mit einem Brumm-brumm über meine Schulter bis zum Hals fahren. »Mommy sagt, dass ich dich nicht nerven soll.«
»Und warum bist du dann hier?« Ich kniff die Augen zusammen, doch er kicherte nur und legte seinen Kopf unter mein Kinn. Sein feines Haar kitzelte mich an der Nase.
»Darf ich mitkommen, wenn du zum Doktor gehst?«
»Was redest du da?«
»Vaughn sagt, wenn es dir nicht bald besser geht, bringen sie dich zum Doktor. Da gibt es Spielzeug im Wartezimmer.« Hoffnungsvoll sah er mich an.
»Ich bin nicht krank.«
Lanas Stimme rief aus der Küche. »Cash? Wo steckst du?«
Er riss die Augen auf. »Hier, du kannst Billy zum Schlafen haben. Das ist mein Lieblingsauto.« Er drückte mir einen roten Truck in die Hand und rannte aus dem Zimmer. Er schlitterte auf den Socken, als er um die Ecke bog.
Ich stellte den Truck auf meinen Nachttisch. Mein Wasserglas war leer, und ich musste ins Badezimmer. Ich setzte mich auf und ließ den Kopf hängen, während ich versuchte, mit den Händen durch das Haar zu kämmen, doch es war völlig verfilzt. Mein Telefon auf dem Bett summte. Ich wischte mit dem Daumen über das Display. Jonny.
Komm heute Abend zum See.
Ich schrieb zurück. Bin nicht in Stimmung, Loser.
Es könnte dir guttun, Lahmarsch.
Mit einem Finger schob ich den Truck vor und zurück. Die Räder quietschten auf der Holzoberfläche. Der See. Ich war seit Wochen nicht mehr dort gewesen. Das Wasser würde inzwischen wärmer sein. Ich lauschte auf den Lärm in der Küche. Lana knallte mit den Tellern, Cash bettelte um weitere Kekse. Sie rochen gut. Vielleicht könnte ich heute etwas essen. Ich holte bebend Luft und antwortete Jonny.
Ich überlege es mir. Melde mich später bei dir.
Die Wände im Flur hingen voll mit Fotos von Cash als Baby und als Kleinkind. Die letzten zeigten ihn mit seinem Baseballschläger über der Schulter. Fotos von Vaughn und Lana an ihrem Hochzeitstag. Cash stand zwischen ihnen, hielt ihre Hände und lächelte stolz in seinem Anzug. Eine Zeichnung von einem RCMP-Officer auf seinem Pferd, neben einer offiziellen Urkunde. Ich betrachtete sie genauer. Erik Vaughn. Ich hatte ganz vergessen, dass sein Vorname Erik lautete. Nicht einmal Lana nannte ihn so.
Ich ging in ihre hübsche Küche im Landhausstil mit dem sauber geschrubbten Tresen und der fröhlichen gelben Schale mit roten Äpfeln.
Meine Tante Lana stand an der Arbeitsfläche und mixte etwas zusammen. Das Eis machte laute knirschende Geräusche, als es zersplitterte. Sie entdeckte mich aus dem Augenwinkel und stellte die Maschine ab.
»Hailey!« Sie deutete auf die grüne Pampe. »Möchtest du etwas von dem Smoothie abhaben?«
»Ich könnte einen Kaffee vertragen.«
»Setz dich. Ich bringe dir eine Tasse.«
»Danke.« Sie stellte den Kaffee vor mich, dann flitzte sie durch die Küche, schnitt Obst und arrangierte die Stücke mit ein paar Keksen auf einem Teller. Sie trug den Teller zum Tisch und stellte ihn vor mich. Sie hatte den Apfel und die Orange geschält und sie in kleine Happen geschnitten, als wäre ich wie Cash sechs Jahre alt.
Sie setzte sich mir gegenüber an den Tisch. Ihr Haar war schwarz, wie es das meiner Mutter gewesen war, aber Lanas war zu einem glatten Bob geschnitten, der ihre gebräunten Schultern streifte. Sie machte Yoga und Pilates, stand früh auf und bereitete Vaughn sein Frühstück zu. Sie bügelte seine Uniformen und begrüßte ihn immer an der Tür. Ob es wohl hart war, die Frau eines Polizisten zu sein? Ob sie sich wohl Sorgen machte, dass er eines Abends nicht mehr nach Hause kommen könnte? Früher habe ich mir Sorgen um Dad gemacht, wenn er allein hoch in die Berge fuhr. Wie sich herausstellte, hatte ich mir zu Recht Sorgen gemacht.
Cash blickte von seinen Legosteinen auf, mit denen er vor dem Fernseher etwas baute. Ich streckte ihm die Zunge raus. Er grinste, wobei er seine breite Zahnlücke zeigte. Dann sah er meine Kekse und schaute stirnrunzelnd seine Mom an.
»Das ist ungerecht!«
»Wenn du dein Zimmer aufräumst, kannst du noch mehr bekommen.« Cash stöhnte, und Lana wandte sich wieder an mich. »Denk daran, dass du das Fenster weit öffnest, bevor du duschst. Wir haben den Ventilator noch nicht repariert. Wenn du Shampoo, Conditioner oder Seife brauchst, sag mir Bescheid.«
»Ich kann mir mein persönliches Zeug selbst kaufen. Ich hatte gehofft, einen Job im Diner zu bekommen.«
»Wie du meinst. Aber du wirst ein wenig Geld haben, sobald das Haus verkauft ist. Vaughn plant, etwas davon auf dein Collegekonto einzuzahlen. Und dir vielleicht ein Auto zu kaufen.«
»So viel ist es vielleicht gar nicht.«
Sie legte ihre Gabel ab. »Wir sollten allmählich die Habseligkeiten deines Dads durchsehen.«
»Kann das nicht warten?«
»Nun …« Sie fühlte sich sichtlich unbehaglich, und irgendwie wirkte alles dadurch nur noch schlimmer. Endgültiger, wenn das überhaupt möglich war. »Vaughn findet, wir sollten das Haus bald anbieten, damit es im Sommer zu einem guten Preis verkauft werden kann. Er kennt jemanden, der die Werkzeuge von deinem Dad kaufen will, und …«
»Nein.« Als ich ihren erstaunten Blick sah, fügte ich hinzu: »Sie gehören mir.«
»Wo willst du mit dem ganzen Werkzeug hin?«
»Es bei Jonny unterstellen.«
Bei meinem Tonfall runzelte Lana die Stirn. »Ich bin sicher, dass Vaughn nichts dagegen hätte, wenn du es in unserer Garage lagerst.«
»Ich weiß nicht …«, murmelte ich. »Er achtet so darauf, dass es da sauber ist.«
Sie sah mich prüfend an. »Er macht dich nervös.«
Er machte jeden nervös. Ich schüttelte den Kopf, aber ich konnte ihr nicht in die Augen sehen.
Sie seufzte. »Ich weiß, dass ihr Teenager ihn Iceman nennt, aber so ist er gar nicht. Du siehst doch, wie er mit Cash umgeht. Er ist nur so hart, weil er sich um diese Stadt sorgt.«
Ja, es stimmte – dafür, dass er nicht sein Vater war, schien Vaughn ganz okay mit Cash umzugehen. Er beschwerte sich auch nicht über das Spielzeug, das überall herumlag, oder dass er sich immer wieder dieselben Disneyfilme ansehen musste. Aber wenn Vaughn seine Uniform anhatte, verpasste er jedem einen Strafzettel, der auch nur einen Tick zu schnell fuhr, und dann würgte er einem noch eins rein, weil die Nummernschildbeleuchtung nicht funktionierte. Er hatte schon Leute über Nacht eingeknastet, weil sie ihm widersprochen hatten. Ich habe Lanas ersten Mann nie kennengelernt, irgendein Fotograf aus Seattle, der sie mit gebrochenem Herzen sitzengelassen hatte. Er besuchte Cash nie. Als sie vor zwei Jahren zurückgekommen war, hatte sie Vaughn auf einer Gedenkfeier für die Highway-Opfer kennengelernt. Jetzt brauchte sie nur noch halbtags im Blumengeschäft zu arbeiten, fuhr einen glänzenden Acura mit Ledersitzen und lebte in einem großen Haus. Es war, als gäbe es zwei Vaughns. Ich wollte mit keinem von beiden zu tun haben.
»Es ist einfach alles so anders.«
Lana ergriff meine Hand. »Ich weiß. Lass dir ruhig Zeit. Wir müssen das Haus nicht sofort ausräumen. Es ist so hübsch. Es wird sich schnell verkaufen lassen.«
Ich formte ein höfliches Lächeln mit den Lippen. »Danke.« Ich zog meine Hand langsam weg und hoffte, dass sie nicht merkte, dass etwas nicht stimmte. Sie warf mir trotzdem einen besorgten Blick zu.
»Vaughn hat heute Abend ein Treffen im Jagdclub. Was hältst du davon, wenn wir uns Popcorn machen und uns einen Film ansehen? Wir können auch einfach nur reden.«
»Ein paar Freunde von mir wollen sich den neuen Avengers im Kino ansehen, und ich wollte eigentlich mitgehen. Ich nehme das Rad, dann musst du mich nicht fahren.« Ich wollte nicht lügen, aber ich musste für ein paar Stunden hier raus. Jonny hatte recht. Ich brauchte den See. Den Wald.
»Okay. Aber bleib nicht zu lange weg.« Sie schien zu überlegen, um welche Uhrzeit eine Siebzehnjährige passenderweise zu Hause sein sollte. »Vielleicht elf Uhr?«
»Es ist ein langer Film, und danach gehen wir vielleicht noch etwas essen.«
Zögernd sah sie mich an, und ich begriff, dass sie nicht sicher war, ob sie vielleicht strenger sein sollte. Für sie war diese neue Beziehung genauso merkwürdig wie für mich.
»Ich schick dir eine Nachricht.«
»Das wäre super.« Ihre Gesichtszüge entspannten sich.
Ich stand auf und brachte mein Geschirr zur Spüle, räumte alles weg und schob mir ein paar Kekse in den Ärmel. »Ich dusche jetzt.« Bevor ich das Wohnzimmer verließ, ging ich neben Cash in die Hocke, ließ die Kekse in seine Hand fallen und flüsterte ihm ins Ohr: »Danke für den Truck.«
Vier Textnachrichten – eine, in der sie fragte, ob ich gut beim Kino angekommen sei, eine zweite, in der sie mich bat, ihr Bescheid zu geben, wenn der Film zu Ende war, zwei weitere, als sie glaubte, ich sei im Dairy Queen. Ich hoffe, ihr habt Spaß! Und kurz darauf: Sag mir Bescheid, wenn du dich auf den Nachhauseweg machst. Dabei war das Haus von Lana und Vaughn nicht mein Zuhause. Ich schrieb ihr, dass mein Akku fast leer war. Ich würde versuchen, um elf zurück zu sein.
Ich schob das Telefon in meine Tasche, schlang die Arme um meine Knie und presste mein Gesicht an meine kalte Haut. War es so, wenn man eine Mom hatte? Hätte meine Mom mir die ganze Zeit Textnachrichten geschickt? Ich erinnere mich nicht mehr besonders gut an sie. Nur an kleine Dinge, dass sie mir zum Beispiel mit witzigen Stimmen Geschichten vorgelesen hat, und an den Geruch ihrer Ölfarben. Dad hat gesagt, sie sei locker und witzig gewesen, aber sie starb, als ich fünf war. Vielleicht hätte sie sich geändert. Vielleicht hätten wir uns gestritten.
Dad würde sagen, ich sollte Lana eine Chance geben. Es war nicht ihr Fehler, dass sie den Großteil meines Lebens nicht hier gewesen war. Als Mom krank wurde, hatte Lana jeden Tag angerufen und Blumen geschickt, und als Mom im Sterben lag, hatte sie sie besucht. Sie war bis zur Beerdigung geblieben. Sie hatte versucht, den Kontakt zu halten, aber Dad und ich waren froh, wenn wir unser eigenes Ding machen konnten, und als sie schließlich zurückkam, waren wir Fremde füreinander.
Meine Gedanken wurden von einem Schrei unterbrochen, als eines der Mädchen vom Steg in den See sprang – um diese Zeit des Abends ein schwarzer Abgrund. Im Licht der Scheinwerfer und Laternen standen Leute herum. Mehr Gespritze, dann Gelächter. Musik pulsierte über das Wasser – Southern Rap mit heftigen Bässen. Ich kniff die Augen fest zusammen, konzentrierte mich auf die Hitze vom Lagerfeuer, auf das flackernde orange Licht. Mein Shirt war fast trocken, und das Band meines Bikinitops hatte sich in meinem Haar verheddert, doch die Unterhose in meinen Shorts war immer noch nass.
Jemand setzte sich neben mich und stieß mich an der Schulter an. Ich öffnete ein Auge – dann beide, als ich Jonny erkannte. Seine Brust war nackt, gebräunte Haut mit Gänsehaut, und von seinen weiten Shorts tropfte es in den Sand. Er starrte ins Feuer, seine Arme ruhten locker auf den gebeugten Knien. Ich zog meine Finger durch den feinen Kies und warf eine Handvoll auf die Fahrspur eines Dirt Bikes.
»In den Kurven musst du noch schneller werden.« Ich stieß einen Finger kräftig in den Sand. »Ich habe mir das Video von deinem letzten Rennen noch einmal angesehen. Du bleibst zu lange mit dem Fuß auf der Hinterbremse.«
Jonny schaute nach unten und grinste, dass seine weißen Zähne aufblitzten. »Danke, Coach.« Er trug seine Ray-Ban aus dem Ramschladen auf dem nassen Haar. Normalerweise war es hellbraun, doch jetzt war es dunkel wie Schokolade. Er ließ es in zerzausten Locken wachsen wie ein Surfer, seine Koteletten mündeten in einem Schatten am Kinn. Er fühlte sich größer an, so nah neben mir. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass er mehr Muskeln bekommen hatte, weil er mehr auf der Farm arbeitete, oder daran, dass ich mich in letzter Zeit so klein fühlte.
Er sah mir in die Augen. »Alles in Ordnung bei dir?«
»Yeah.«
Wir schauten eine Weile zum Steg. Er klopfte eine Zigarette aus der Packung und klemmte sie sich zwischen die Lippen, während er in seinen Taschen nach einem Feuerzeug suchte. Ich runzelte die Stirn.
Er zuckte die Achseln. »Meine letzte Packung.«
Ich starrte ihn von der Seite an, bis er seufzte und die Zigarette im Sand ausdrückte. Ich nahm ihm die Packung weg und goss den Rest von meinem Bier darüber.
»Scheiße, Hailey. Die habe ich gerade erst gekauft.«
»Blödmann.«
»Das ist mein zweiter Name.« Er öffnete die Arme weit, bis ich mich zu einem Lächeln zwang. Wenn ich nicht reagierte, würde er sich nur weiter selbst fertigmachen. Ich hasste das genauso, wie er es hasste, wenn ich traurig war.
»Ich muss zurück, bevor Vaughn nach Hause kommt.«
»Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du bei Iceman lebst.«
»Wem sagst du das.« Meine Knie zitterten leicht, als ich aufstand und meine Tasche über die Schulter schwang. Zwei Bier. Genug, damit mir schwindelig war, aber nicht so viel, dass es Lana auf jeden Fall bemerken würde.
»Nimmst du den Forstweg? Heute Abend scheint kein Mond.«
»Mein Fahrrad hat gute Scheinwerfer.«
Jonny sah mich prüfend an. »Vielleicht solltest du bei jemandem mitfahren.« Ich sah mich um, überall wurden Zelte aufgebaut und Schlafsäcke ausgerollt. Die meisten Leute wollten hier übernachten, und es gab niemanden, mit dem ich den ganzen Weg zurück in die Stadt zusammenhocken wollte.
»Mir passiert schon nichts.«
»Okay. Schreib mir.« Er stieß mir leicht gegen die Wade.
Die Reifen meines Mountainbikes rollten leise über den Kiesweg, als ich an einer Gruppe Camper vorbeikam, die vor ihren Feuern und Gaslampen saßen und an einem Picknicktisch Karten spielten. Niemand beachtete mich. Die Straße, die vom Zeltplatz wegführte, war rabenschwarz, und die Musik wurde leiser. Ich beugte mich vor und stellte die Fahrradlampe an, die am Lenker befestigt war. Als ich den Highway erreichte, hielt ich an und schaute nach links und rechts. Keine Autoscheinwerfer. Ich schob meinen Rucksack ein Stückchen höher. Ich musste ein paar Meilen bis zum alten Forstweg auf der anderen Seite fahren – eine Abkürzung zurück in die Stadt. Trotzdem würde es noch gut dreißig Minuten dauern.
Während der ersten Meile konnte ich mein Tempo gut halten, doch als ich die gelbe Plakatwand erreichte, stand ich auf und strampelte kräftiger. Mein Atem ging keuchend. Ich fuhr schon tagsüber nicht gerne an dem Schild vorbei, und mitten in der Nacht war es noch unheimlicher. Die Gesichter und Namen der Frauen schienen zu leuchten, und die Worte schimmerten weiß. Frauen – fahrt nicht per Anhalter. Gefährlicher Highway! Vermisstenanzeigen für einige der Frauen klebten noch an den Pfählen rund um die Tafel. Sie sahen aus wie Grabsteine. Selbst die Luft wirkte hier draußen kühler und kroch mir unter meinem Hoodie bis auf die Knochen.
Als ich die Plakatwand hinter mir hatte, trat ich langsamer in die Pedale und ließ mich ein Stückchen rollen. Mit einer Hand zog ich mein Telefon aus der Vordertasche und schaute auf den Ladebalken des Akkus. Fünf Prozent. Ich stellte das Telefon ab, um Strom zu sparen. Ein Auto kam über die Hügelkuppe, doch ich sah es rechtzeitig, denn die Scheinwerfer schnitten sich in den Nachthimmel. Ich warf das Fahrrad in den Graben und versteckte mich hinter einem Busch, noch während die Räder sich drehten.
Der Wagen fuhr vorbei. Ich stieg wieder aufs Rad. Der Highway führte in einer sanften Steigung auf eine Anhöhe und oben auf der Kuppe über eine lange Brücke. Betonpoller am rechten Brückenrand sollten verhindern, dass Fahrzeuge in die Schlucht und den Fluss tief unten stürzten. Ich fuhr wieder schneller, die Reifen summten, der Rucksack zog wippend an meinen Schultern. Es fühlte sich besser an, in meinem Körper zu sein anstatt in meinem Kopf, und die Anstrengung war mir vertraut – tief zu atmen, meine Beinmuskeln zu beugen, gegen den Schmerz anzuarbeiten. Dann, auf halber Strecke den Hügel hinauf, ein neues Geräusch. Das Dröhnen eines großen Fahrzeugs, das rasch näher kam. Scheinwerfer tauchten die Straße vor mir in helles Licht. Verdammt – ich hatte keine Möglichkeit, mich unsichtbar zu machen.
Die Tonlage des Motors veränderte sich. Das Fahrzeug wurde langsamer.
War es jemand, der mich kannte? Einer der Typen vom Zeltplatz? Wahrscheinlich sollte er Bier holen. Ich schaute über die Schulter. Die Scheinwerfer waren hoch und blendeten mich. Es war eindeutig ein Pick-up-Truck, aber ich konnte den Kühlergrill nicht erkennen und auch den Fahrer nicht sehen.
Ich drehte mich wieder um und strampelte weiter. Der Truck kroch jetzt fast. Wenn es einer der Typen vom See war, würde er den Kopf aus dem Fenster stecken und etwas sagen. Es sei denn, er versuchte mir Angst einzujagen – in diesem Fall würde ich ihm in den Arsch treten.
Ich trat mit aller Kraft in die Pedale und hielt meinen Blick starr auf die Stelle ein paar Meter vor mir gerichtet, wo die Betonpoller aufhörten.
Reifen ganz dicht neben mir. Ich spürte das heiße Gummi. Das Surren eines Fensters, das heruntergelassen wurde.
Ich wagte einen Blick und verlor fast das Gleichgewicht, als ich mit dem Vorderreifen in ein Schlagloch geriet. Ein weißer Chevy Tahoe Truck. Blaue und gelbe Streifen und darunter noch ein roter. Ein Lichtbalken am Dach. Kein widerlicher Fiesling. Nur ein Cop auf Patrouille auf dem Highway. Doch mit meiner Erleichterung war es vorbei, sobald ich die Stimme hörte.
»Hailey? Was zum Teufel machst du hier?«
Ich ließ das Rad langsam ausrollen und schaute durch das offene Fenster. Vaughns Gesicht wurde vom Armaturenbrett kaum erhellt, doch ich erkannte das blonde Haar, das so kurz geschnitten war, dass man seine Schädelform sehen konnte, die blassblauen Augen und das Stirnrunzeln, bei dem sich mir der Magen zusammenzog.
»Warst du am See?«
Was für einen Zweck hatte es, zu antworten? Er wusste bereits Bescheid. Es gab keinen anderen Grund, warum ich hier draußen sein sollte, und meine Haare waren immer noch feucht. Wir sahen uns an. Vaughns Stirnrunzeln wurde tiefer.
»Wirf dein Fahrrad hinten rauf.«
Ich öffnete die Heckklappe und hob mein Rad auf die Ladefläche. Vaughn hatte den Warnblinker eingeschaltet; das regelmäßige rote Blinken beleuchtete die Straße und spiegelte sich in meinem Gesicht. Er stieg nicht aus, um mir zu helfen, was ganz gut war. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken, wie ich die Sache erklären sollte. Ich öffnete die Tür und stieg ein. Er sah zu, als ich mich anschnallte, dann stellte er die Heizung an und beugte sich vor, um den warmen Luftstrom auf mich zu richten. Er legte den Gang ein und fuhr wieder auf den Highway.
Er schaute zu mir herüber. »Lana sagte, du wolltest dir einen Film anschauen.«
»Wir sind danach noch zum See gefahren.«
»Hast du ihr das erzählt?«
»Mein Telefon hat den Geist aufgegeben.« Ich rieb mir meine kalten Beine und nestelte an meiner Halskette herum, geschnitzte Elchknochen an einem Lederriemen. Dad hatte sie mir geschenkt. Als ich das letzte Mal in Vaughns Truck gefahren war, war er zum Haus gekommen, um mir von dem Unfall zu erzählen. Er war so leise gefahren, dass ich den Motor nicht gehört hatte, sondern nur das Klopfen an der Tür. Dann seine Worte. Wie ein Rauschen im Radio.
Über die Leitplanke geflogen. Zu schnell gefahren. Sofort tot.
Ich holte ein paarmal tief Luft, blinzelte die verschwommenen Punkte fort und scharrte mit den Füßen. Sie stießen gegen etwas. Im Fußraum lag eine schwarze Tasche, und ich schob sie beiseite.
»Vorsicht. Darin ist die Kameraausrüstung.« Er sah mich erneut an. Ich wünschte, er würde auf die Straße achten. Jedes Mal, wenn unsere Blicke sich trafen, fühlte ich mich unbehaglich. »Warum bist du allein?«
»Alle anderen bleiben heute Nacht auf dem Zeltplatz.« Ich hielt den Blick starr auf die weiße Linie gerichtet. »Ich dachte, du hättest ein Treffen der Jagd-Lodge.«
»Ich bin früher gegangen. Ich wurde zu einem Fall von häuslicher Gewalt gerufen.«
»Oh.« Ich biss mir auf die Lippe und überlegte, ob ich die Leute kannte, um die es gegangen war. Hinter dem See gab es nur noch die Sommerhütten und ein paar Farmen. Es war merkwürdig, dass Vaughn keinen anderen Officer losgeschickt hatte, immerhin trug er noch nicht einmal seine Uniform. Ich war überrascht, dass er nicht beim Zeltplatz angehalten hatte. Iceman liebte es, Jugendliche wegen allem Möglichen hochgehen zu lassen – er brauchte keine Ausrede, um uns zu schikanieren.
Er sah mich streng an. »Hast du getrunken?«
»Ich bin noch minderjährig.« Ich lehnte den Kopf gegen den Sitz und schloss die Augen bis auf einen schmalen Schlitz. Der Sitzbezug roch nach Orangen, aber mit einer erdigen, bitteren Note. Parfüm? Es roch nicht nach Lana. Vielleicht hatte er das Auto vor kurzem sauber gemacht. Das Armaturenbrett und die Tür glänzten. Ich musterte ihn von der Seite. Sein eckiges Kinn ragte ein wenig vor, sein Blick war starr, seine riesigen Hände umklammerten das Lenkrad. Jonny sagte, Vaughn würde den Leuten gerne zeigen, wie machtlos sie waren, und es funktionierte. Seit ich in sein Haus gezogen war, hatte ich das Gefühl, mir alles von ihm erlauben lassen zu müssen.
»Versuch nicht, mich zu verarschen. Ich kann das Bier riechen.«
»Dad wäre es egal.«
»Um Himmels willen, Hailey. Weißt du, wie viele Mädchen in deinem Alter sich ihr Leben ruinieren? Sie hängen mit den falschen Kerlen ab, trinken und nehmen Drogen.«
»Ich nicht.«
»Klar doch.« Er lachte. »Und Jonny Miller ist ein Heiliger. Ich wette mit dir, dass wir alle möglichen Teile von gestohlenen Dirt Bikes finden würden, wenn wir jetzt die Farm seines Dads durchsuchen würden. In letzter Zeit hat es ein paar Diebstähle gegeben.«
Mir drehte sich der Magen um. Im Truck war es heiß. Vaughns Rasierwasser vermischte sich so mit diesem fruchtigen Parfümgeruch, dass mir schlecht wurde.
Er schwieg, dann seufzte er frustriert. »Hör zu, ihr glaubt, ihr wärt schon erwachsen, aber Cold Creek ist ein raues Pflaster. Ich habe einen Haufen übler Dinge gesehen, okay? Hier in der Gegend kann man sich ganz leicht Ärger einhandeln. Jemand wie du, ein hübsches Mädchen ohne Dad, muss besonders vorsichtig sein.«
Ich starrte aus dem Fenster. Dad hatte mich früher auch hübsch genannt, aber bei ihm hatte es sich nicht so angehört, als sei es etwas Schlechtes.
»Wie du aussiehst, was du trägst, erregt Aufmerksamkeit.« Vaughn rutschte auf seinem Sitz herum. Ich schaute zu ihm. Er sah auf meine Shorts. »Das bringt die Leute auf falsche Gedanken.«
Hitze kroch in meiner Kehle hoch, in meinem Gesicht. Warum sagte er solche Sachen? Meine Shorts waren weder zu eng noch zu kurz. Die Hälfte der Mädchen in der Stadt trug sie deutlich kürzer.
»Ich war nur für ein paar Minuten auf dem Highway. Ich wollte den Forstweg nehmen.«
»Meinst du, jemand könnte dich nicht in ein paar Minuten töten?«
»Niemand wird mich töten.« Ich versuchte, nicht die Augen zu verdrehen, aber er musste den Spott in meiner Stimme gehört haben, denn sein Kopf wirbelte herum.
»Findest du das witzig? Lanas Freundin wurde auf diesem Highway umgebracht, schon vergessen? Sie wollte auch nur ein bisschen zum See, und sieh dir an, was mit ihr passiert ist.«
»Sie ist getrampt«, murmelte ich. »Es ist schon lange her.«
»Ja, aber seitdem wurden noch andere Mädchen umgebracht. Solange du bei uns lebst, wird es keine Partys und keinen See mehr geben.«
»Keine Party? Kein See?«
»Nicht ohne mich oder Lana.«
»Das ist doch verrückt. Warum kann ich …«
»Das ist die Regel. Wenn du sie brichst, werde ich dein Fahrrad wegsperren, ist das klar?«
Ich biss die Zähne so fest zusammen, dass ich das Knirschen hörte. Er hatte gewollt, dass ich mal aus meinem Zimmer herauskam, also war ich endlich ein paar Stunden unterwegs gewesen – und das ist das Ergebnis? Geschah mir ganz recht. Wieso hatte ich auch gedacht, irgendetwas könnte so werden wie früher? Ich hätte im Bett bleiben sollen.
Schweigend fuhren wir weiter, bis wir den Highway verließen und durch die ruhige Wohngegend fuhren, in der sie lebten. Am Ende der Straße vor den Briefkästen hielt er an. In der Ferne konnte ich die weiße Fassade ihres Hauses erkennen. Verwirrt sah ich zu Vaughn.
Im Truck war es dunkel, die Beleuchtung des Armaturenbretts war ausgeschaltet. Sein Körper war ganz nah. Er war groß, die Schultern waren kompakt. Das Radio hatte er ausgemacht. Ich hatte es gar nicht mitbekommen.
»Ich fahre noch aufs Revier, um einen Bericht zu schreiben.« Er legte den Arm über die Rückenlehne und drehte sich zu mir um. »Ich werde unser nächtliches Abenteuer für mich behalten.«
»Du wirst Lana nichts erzählen?« Was ging hier vor? Er hatte gerade erst seine blöde Regel verkündet, und jetzt ließ er mich ungeschoren davonkommen?
»Deine Tante braucht nicht noch mehr Probleme. Sie hat schon genug, mit dem sie fertig werden muss, meinst du nicht?«
Richtig. Noch ein hungriges Maul zu füttern. Eine Sorge mehr. Ein Kind, das keiner von beiden wollte.
Ich nickte.
»Braves Mädchen.« Er tätschelte mein Bein, dann beugte er sich über mich. Ich zuckte zusammen und drückte mich in den Sitz. Die Tür schwang auf. »Geh schon. Ich warte, bis du im Haus bist.«
Ich stieg aus dem Truck, schloss leise die Tür, um Lana nicht zu wecken, falls sie schon schlief, und hob mein Fahrrad von der Ladefläche. Erst als ich die Vordertreppe erreichte, hörte ich den Truck davonfahren. Ich blickte über die Schulter zurück und sah die roten Rücklichter zwischen den Bäumen aufblitzen.
Lana saß zusammengerollt in einem Sessel im Wohnzimmer, ein Buch in der Hand, das Gesicht vom weichen Licht der Lampe beleuchtet. »Hi, Süße.« Sie schenkte mir ein warmes Lächeln. »Hattest du eine schöne Zeit?«
Ich blieb in der Tür stehen. Ich wollte ins Bett und diesen ganzen Abend hinter mir lassen. »Ja. Sorry, dass ich so spät komme. Der Akku war alle.«
»Du musst gedacht haben, ich bin völlig durchgedreht mit all meinen Nachrichten.« Sie lachte. »Ich muss mich wohl noch daran gewöhnen. Ich dachte, ich hätte noch ein paar Jahre Zeit, bis ich einen Teenager im Haus habe.« Sie schaute auf Uhr und gähnte. »Ich sollte auch ins Bett. Vaughns Treffen dauert ziemlich lange.«
Ich zwang mich, sie anzulächeln und ihr eine gute Nacht zu wünschen. Beim Zähneputzen dachte ich über das nach, was sie gesagt hatte. Vaughn musste ihr gesagt haben, dass es später werden würde, bevor er mich aufgelesen hatte, denn er hatte nicht telefoniert, solange ich mit ihm zusammen gewesen war. Warum wollte er nicht, dass Lana wusste, dass er heute Abend zu einem Einsatz gerufen worden war? Ging es da um eine große Sache? Er wurde ständig irgendwohin gerufen. Es sei denn, das war eine Lüge, und er war in Wirklichkeit ganz woanders gewesen. Ich dachte an den leichten Parfümhauch an seinem Sitz. Ich hielt mit dem Zähneputzen inne und starrte mich mit großen Augen im Spiegel an, als es mir dämmerte.
Er deckte nicht mich. Ich deckte ihn.
Der Kunststoffsattel meines Fahrrads war glühend heiß, als ich ein Bein darüber schwang. Ich blinzelte in die helle Sonne und rollte um das Gebäude, wobei ich meinen Schoko-Banane-Milchshake auf dem Lenker balancierte. Der Parkplatz grenzte an einen kleinen Bereich mit Picknicktischen und Totempfählen. Den höchsten zierte oben ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen, die Schnitzereien waren rot, schwarz und weiß angemalt.
Mason’s Diner und Dairy Queen waren die Orte, an denen die meisten von uns abhingen, weil wir uns nur dort das Essen leisten konnten. Jonny saß auf der offenen Heckklappe seines Trucks, Andy und ein paar der anderen Jungs standen um ihn herum. Ich war einmal mit Andy im Kino gewesen, vor allem, weil er immer wieder gefragt hatte. Ein misslungenes Experiment.
Zwei Mädchen liefen vorbei. Sie starrten in ihre Smartphones, die Daumen zuckten hin und her. Motocross-Groupies. Sie redeten nur dann mit mir, wenn sie glaubten, ich könnte sie mit Jonny verkuppeln. Alles, was mit Schule zu tun hatte, war für mich Zeitverschwendung, und ohne Jonny würde es im nächsten Jahr noch schlimmer werden. Wenigstens ging er nicht fort auf irgendein College.
Im Schatten hinter dem Gebäude blieb ich stehen, zog mein Handy aus der Tasche und suchte meinen letzten Chat mit Jonny heraus. Wir hatten uns geschrieben, nachdem er vom See wieder zu Hause war, aber ich wartete noch damit, ihm von meiner Fahrt mit Vaughn zu erzählen. Am Morgen konnte ich Lana kaum in die Augen schauen. Ich war stundenlang in meinem Zimmer geblieben, dann hatte ich ihr erzählt, dass ich ein paar Bewerbungen in der Stadt verteilen wollte.
Meine Finger huschten über die Tastatur und führten unseren langen Chat fort. Hi, Loser. Ich komme nicht durch deinen Fanclub durch. Wir sehen uns in Dads Werkstatt.
Jonny schaute auf sein Smartphone, lachte und blickte sich auf dem Parkplatz um, bis er mich entdeckte. Er hob einen Daumen. Hinter seiner Schulter sah ich etwas Weißes aufblitzen, das die Straße entlangkam. Vaughns Truck? Ich wollte es nicht herausfinden. Ich drehte mich so schnell um, dass ich ein Mädchen mit dem Vorderrad am Bein erwischte. Sie verlor am Rand des Gehwegs ihr Gleichgewicht und hätte beinahe ihren Burger fallen lassen. Ich erkannte Simone, als ich ihr pechschwarzes Haar und die hippe Brille sah. Andys Schwester.
»Hey! Pass doch auf!«
»Sorry.« Ich radelte davon, flitzte zwischen den Gebäuden hindurch, bis ich draußen vor den Picknicktischen war. Ein paar Teenager lachten und schubsten sich herum, während sie auf ihr Essen warteten. Ich versteckte mich hinter ihnen, schaute über die Schulter, um sicherzugehen, dass die Luft rein war, dann schoss ich über das Baseballfeld und verschwand im Wald. Ich nahm den Forstweg und hielt mich dann an die Seitenstraßen. Jonny und ich hatten ein paar geheime Routen. Bevor er seinen Truck hatte, sind wir immer mit unseren Fahrrädern um die Wette nach Hause gefahren.
Cold Creek war klein, und noch kleiner, wenn man die Fahrradstrecken kannte. Das Zentrum bestand nur aus ein paar Straßen, mit einem Truckstop, dem Diner und einem Motel. Der Rest des Ortes war sehr ländlich, mit großen Farmen und Menschen, die andere Menschen nicht besonders mochten. Vor diesen Häusern standen normalerweise immer ein paar Pick-ups, auf den Höfen lagen zusammengefallene Zäune und alte Dachpappe. Hühner liefen frei herum, dazu gab es einen oder zwei Hunde. Ich fuhr nicht über diese Grundstücke, sonst würde ich mit ein paar Schrotkugeln im Rücken enden.
Zehn Minuten später raste ich um die Hausecke meiner Nachbarn und bremste so hart, dass die Reifen quietschten. Ich rollte über ihre Auffahrt, beruhigte ihren Hund, als er bellte, und fuhr zwischen den Bäumen hindurch zu meinem Haus. Am Rand unseres Grundstücks hielt ich an, um mich umzusehen. Kein weißer Truck. Mein Herzschlag verlangsamte sich, meine Haut wurde kühler, und ich atmete wieder normal. Wie dumm von mir. Natürlich verfolgte Vaughn mich nicht. Ich lehnte mein Fahrrad gegen das Geländer und stieg die Stufen hoch.
Lana hatte recht – mein Haus war schön. Dad hatte einen alten Obstschuppen umgebaut, eigenhändig einen Kamin aus Felssteinen geformt und die Holzfußböden aufgearbeitet. Sie rochen immer noch leicht nach Apfel. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass jemand anders hier wohnen sollte. Was würden sie verändern? Würden sie die Wände anstreichen? Die himmelblauen Schränke und den Esstisch rauswerfen, die Dad aus den alten Schuppentüren gebaut hatte?
Seit der Beerdigung war ich ein paarmal hier gewesen, einmal mit Lana, um mehr Kleidung zu holen, und einige Male mit Jonny. Wir hatten schweigend zusammengesessen, hatten Videospiele gespielt, Fortnite, Call of Duty. Wenn ich den Bildschirm nicht mehr erkennen konnte, weil ich so heftig weinen musste, hat er meinen Kopf an seine Schulter gezogen.
Dads rot karierte Jacke hing am Haken neben der Tür. Diese Jacke hatte er getragen, wenn er Buschwerk verbrannt oder Holz gehackt hat. Ich schob meinen Arm in die Ärmel und sog den Rauchgeruch und sein Old-Spice-Rasierwasser ein. Sein Kaffeebecher stand in der Spüle. Ich schloss meine Hände um den Becher, legte die Finger genau an die Stellen, an denen seine gelegen hätten, und trug ihn mit mir herum, während ich durchs Haus lief.
Mein Lieblingsfoto von Dad und mir befand sich auf seiner Kommode. Wir standen an einem Ufer aus Kieselsteinen, unser Kanu hinter uns. Es leuchtete hellrot vor dem blaugrünen See im Norden. Unser alter Jagdhund, Boomer, hatte die meiste Zeit geschlafen, während wir die Fische einholten. An jenem Tag waren wir nicht zu bremsen gewesen. Dad sagte, es sei fast ungerecht den anderen gegenüber, wir waren so ein gutes Team. Er ließ mich unseren größten Fang halten, eine Regenbogenforelle, und beugte sich vor, den Arm um meine Schulter geschlungen, den Kopf an meinen gelegt. Das gleiche kupferrote Haar, die gleichen blauen Augen, die gleichen Sommersprossen. Er hat immer gesagt, wir hätten auch das gleiche Herz, aber seines hatte aufgehört zu schlagen, und jetzt tat meines die ganze Zeit weh.
Neben dem Bild von Dad und mir stand eines von meinen Eltern an ihrem Hochzeitstag. In den Silberrahmen waren ihre Namen und das Datum eingraviert. Finn & Rachel McBride. Aus zwei werden eins. Dad sah jung aus in seinem Anzug, erst dreiundzwanzig. Sein normalerweise wildes Haar war ordentlich geschnitten und zurückgekämmt. Meine Mutter lächelte zu ihm hoch, schwarze Locken und weiße Haut, ein Kleid mit Glockenärmeln. Ein ätherisches, feenartiges Geschöpf, das sich irgendwie in einen schwerfälligen Holzfäller verliebt hatte.
Ich sah mir die Bilder an, die meine Mutter gemalt hatte und die überall im Raum hingen. Hübsche Landschaften, die alle Szenen hier aus der Gegend zeigten. Wenn ich so weit wäre, würde ich Lana bitten, die Arbeiten meiner Mutter und ein wenig Haushaltskram einzulagern. Ich konnte mir nur schwer vorstellen, dass ich eines Tages ein eigenes Haus haben würde. Wie würde es wohl sein, so ohne Eltern? Meine Zukunft war eine lange Brücke über ein dunkles Loch.
Ich setzte mich im Schneidersitz vor den Kamin, wo ich früher mit meinem iPad oder fernsehschauend gewartet hatte, bis Dad nach Hause gekommen war. Wo ich auf das Knirschen seiner Reifen auf dem Kies und das Schlagen der Trucktür gelauscht hatte. Ich schloss die Augen und stellte mir vor, er würde hereinkommen und mir aufgeregt erzählen, was er im Wald entdeckt hatte – einen Schwarzbären, einen neuen Pfad, eine gute Stelle zum Angeln.
Warum bist du so schnell gefahren, Dad? Du wusstest doch, dass es gefährlich war. Wir hatten Pläne. Du und ich gegen die Welt. Das hast du gesagt. Mom an den Krebs zu verlieren sollte das Schlimmste sein, was ich je durchmachen musste, aber jetzt bist du auch tot, und ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll. Warum hast du das Testament nicht geändert? Wie konntest du mich bei ihm lassen?
Ich wartete. Vielleicht würde irgendwo ein Klopfen ertönen, mich ein geheimnisvoller kalter Luftzug streifen. Die Leute erzählten sich so etwas. Dass sie Botschaften von ihrer Familie oder von Freunden bekamen, nachdem diese gestorben waren. Doch das Haus blieb stumm.
Die Werkstatt lag hinterm Haus in einem ehemaligen Lagerschuppen der Obstplantage. Dad hatte Fenster eingebaut, das Gebäude gedämmt und eine Werkbank hineingestellt. Er hatte gesagt, dass jeder Mann eine Wolfshöhle brauchte. Seine Wurfmesser, vier Stück, steckten immer noch in der Zielscheibe. Ich zog sie heraus und stellte mich in Position. Ich trug ein