Buch
In einer Sommernacht auf Sylt schworen sich Lucy, Mado, Sonja und Rieke als Jugendliche, sich stets bei der Erfüllung ihrer Träume zu helfen. Fünfundzwanzig Jahre später sind die vier Hamburgerinnen immer noch beste Freundinnen. Nur ihre Wünsche haben sich verändert. Lucy, die in der Alstermetropole ein kleines Blumencafé führt, träumt davon, ihren Freund Vince zu heiraten. Die geschiedene Anwältin Mado dagegen scheut eine feste Bindung und stellt sich eine heiße Liebesnacht mit einem gut aussehenden Fremden vor. Lehrerin Sonja, verheiratet und Mutter dreier Kinder, sehnt sich nach Zeit für sich und will kitesurfen lernen. Und Rieke, Fotografin und Weltenbummlerin, möchte endlich irgendwo ankommen. Also beschließen die vier, erneut nach Sylt zu fahren und dort ihren Träumen auf die Sprünge zu helfen. Doch der Sommer auf der Insel hält so manche Überraschung bereit und rückt alles in ein neues warmes Licht …
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Stephanie Jana und Ursula Kollritsch
sowie zu lieferbaren Titeln der Autorinnen
finden Sie am Ende des Buches.
Stephanie Jana & Ursula Kollritsch
Sommerträume
auf Sylt
Roman
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Originalausgabe März 2022
Copyright © 2022 by Stephanie Jana und Ursula Kollritsch
Copyright © dieser Ausgabe 2022 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München
Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München
Umschlagmotive: Strandmotiv: GettyImages/PPAMPicture; Dünengras, Picknickdecke: Stocksy/BONNINSTUDIO; Blumen im Korb: Stocksy/Screen moment
Redaktion: Hannah Brosch
KS · Herstellung: ik
Satz: KCFG – Medienagentur, Neuss
ISBN: 978-3-641-24735-5
V001
www.goldmann-verlag.de
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Für Coco und Sophie
und alle unsere Herzensmenschen
Die schönsten Wege führen ans Meer.
Trenne dich nie von deinen Träumen.
Mark Twain
Vor vielen Jahren …
Das Meer rauschte schwarz und schäumend heran. Es war so dunkel wie der Nachthimmel darüber. Nur die Sterne leuchteten hell. Und das Feuer. Die Betreuer des Feriencamps auf der Insel hatten es bei Einbruch der Dämmerung angezündet. Unten am Strand, hinter den hohen Dünen. Die Kinder waren den ganzen Nachmittag unterwegs gewesen, um dafür Äste und Strandgut zu sammeln. Es war das größte Feuer, das die vier Mädchen aus der Stadt je gesehen hatten. Einfach riesig. Außerdem war es für alle das erste Mal, dass sie ohne ihre Eltern zwei Wochen in den Sommerferien verreist waren.
Sie hatten sich erst vor ein paar Tagen kennengelernt und waren trotzdem schon so eng verbunden, als wären es Jahre. Vier Mädchen, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten: Lucy Baumeister, die eigentlich Luzia hieß nach der nordischen Lichtgöttin, war schmal und zart, mit langen blonden Haaren, und sah aus wie ein Engel. Auch weil sie am liebsten helle, weiße Kleider und Röcke trug. Mado Mancini war ein typisches Pferdemädchen, athletisch und diszipliniert, mit braunem Zopf, immer ihr Ziel vor Augen. Dann gehörte Sonja Peters zu dem neu entstandenen Glückskleeblatt, ein rotblond gelocktes Pummelchen mit lustigen Sommersprossen, das immer ein offenes Ohr für alle hatte und das ansteckendste Lachen der Welt. Schließlich schloss sich ihnen Rieke Müller an, mit elf zwei Jahre jünger als die anderen. Mit ihren kurzen, zerzausten Haaren und den schief abgeschnittenen Hosen konnte man sie auf den ersten Blick für einen Jungen halten.
Die vier Freundinnen saßen im Sand und blickten gebannt auf das prasselnde Feuer. Sie waren die Letzten am Strand. Die restlichen Kinder waren schon in die Jugendherberge zurückgekehrt. Steen, ihr Betreuer, saß etwas abseits am Meer und spielte auf seiner Gitarre einen Song nach dem anderen: »Country Roads«, »If I Had a Hammer«, »Penny Lane«, »Hey Jude«, »Über den Wolken«. Dazu sang er leise, während im Hintergrund das Meer rauschte.
Die Geisterstunde hatte fast begonnen, es war Mittsommer, der 24. Juni. Steen war Schwede, kam aus Vimmerby, dem Geburtsort von Astrid Lindgren. Er hatte den Mädchen vorhin erzählt, dass in seiner Heimat am Mittsommerabend die Elfen tanzten und sich hinter jedem Baum ein Troll versteckte. Die Luft wäre dann voller Magie, und Wunder könnten geschehen. Davon sei jeder in seinem Land überzeugt. Das gefiel ihnen, und sie hofften sehr, etwas von dem Zauber dieses außergewöhnlichen Tages abzubekommen.
Heute war Lucys dreizehnter Geburtstag. Daher strahlte sie sowieso schon seit dem frühen Morgen. Mit dem Sonnenaufgang waren die Mädchen aus ihren Etagenbetten gehüpft, hatten ihr mit lautem Geschrei gratuliert und viele Küsse auf die Wange gedrückt. Nun hockte sie mit ihren neuen Freundinnen ganz nah an den Flammen. Es war aufregend, ihre Kraft und Hitze unmittelbar zu spüren. Das Knistern des Feuers und das Rauschen der Wellen vermischten sich mit der Musik zu einer ganz eigenen Melodie. Glitzernde Funken stoben in die Dunkelheit. Wie Wunderkerzen sah das aus, fand Lucy, oder Sternschnuppen, aber solche, die von unten nach oben fliegen.
»Schaut mal«, rief Rieke und deutete darauf. »Das sind bestimmt lauter kleine Wünsche. Die schickt jemand hoch ins Universum, und dann werden die geheimsten Träume wahr!«
Die anderen lachten. Typisch Rieke. Ihre Mutter besaß ein »Studio«, in dem sie Leute beriet und mit ihnen sang und tanzte. Mit ihrem bunten, langen Kleid und einem Tuch auf dem Kopf war sie den Mädchen sofort aufgefallen, als sie und ihre Familien am Hamburger Hauptbahnhof auf den Zug nach Sylt gewartet hatten. Wie ihre Mutter sagte Rieke oft solche Sätze wie den mit den Wünschen. Ganz selbstverständlich, so als wüsste das jeder mit dem Feuer, den Funken und dem Universum.
Lucy, die neben Rieke auf einem Baumstumpf saß, dachte nach. Heute war eine ganz besondere Nacht, das war klar. Vielleicht eine, an die sie sich ewig erinnern würden. Aufgeregt zog sie ihr Micky-Maus-Longshirt über die Knie und sagte: »Das ist eine super Idee! Los, wir wünschen uns was. Sternschnuppen sieht man erst im August, das dauert mir viel zu lang, schließlich habe ich heute Geburtstag!« Sie blickte strahlend in die Runde. Sonjas Augen weiteten sich begeistert, Mado zwirbelte an ihrem Pferdeschwanz und kaute auf der Unterlippe.
Auf einmal lag so ein Knistern in der Luft, was nicht nur am Feuer lag, alle vier spürten das und wechselten einen prüfenden Blick.
»Au ja!«, riefen sie dann gleichzeitig, sprangen auf, nahmen sich an den Händen und hüpften aufgeregt herum.
Schließlich zog Rieke ein zerknittertes Blöckchen aus der hinteren Tasche ihrer Jeans. Sie löste den Minikugelschreiber an der Seite von seinem Gummiband und sagte feierlich: »Lasst uns unsere Wünsche aufschreiben und ins Feuer werfen. Dann schicken wir sie wie Sternschnuppen zurück in den Himmel. Einverstanden?«
»Genial«, fand Sonja.
»Wartet, das geht noch besser.« Lucys Augen leuchteten. »Jede von uns schreibt ihren geheimsten Traum auf. Den allergeheimsten, den wir bisher nie jemandem verraten haben. Keiner außer uns darf davon wissen! Und dann verbrennen wir die Zettel, wie Rieke gesagt hat.«
Die anderen stimmten jubelnd zu. So laut, dass Steen kurz den Blick von seiner Gitarre löste und zu ihnen herübersah.
Mado ergänzte verschwörerisch: »Wenn die Träume wirklich wahr werden sollen, müssen wir einen Pakt schließen.«
»Was für einen Pakt?«, fragte Sonja.
»Na, den ultimativen Mittsommernachtsfreundinnenträumepakt, so was wie Blutsbrüderschaft bei den Jungs. Versteht ihr?«, antwortete Mado, die Arme wie so oft in die Seiten gestemmt.
»Nee!«, kam es im Chor zurück.
»Mensch Mädels, ihr steht auf dem Schlauch«, stöhnte Mado. »Ein Pakt, das ist so eine Art Schwur, ein Versprechen. Daran müssen sich alle halten. Okay?« Sie schaute feierlich in die Runde.
»Ja! Und wir versprechen alle ganz fest, jeder Freundin dabei zu helfen. Mit vereinten Kräften.« Sonja war ganz entflammt für die Idee und strahlte aufgeregt.
»Genau!« Mado klatschte in die Hände.
»Super! Versprochen – hoch und heilig«, rief Rieke.
Lucy lachte und schaute ins Feuer. »Und heiß und innig«, schloss sie mit ihrem neuen Lieblingsausdruck, den sie auf einer Zeitschrift ihrer Mutter gelesen hatte. »Ich fange an, okay?« Ohne eine Antwort abzuwarten, riss sie Rieke den ersten Zettel aus der Hand. Schließlich war sie das Geburtstagskind, und ihren Traum kannte sie in und auswendig: Einmal eine wunderschöne Braut sein. Nachdem sie das schnell aufs Papier gekritzelt hatte, reichte sie den Block Mado. Die lächelte unsicher und notierte schließlich: Lenny küssen, den tollsten Jungen der Schule.
Nun war Sonja an der Reihe. Entschlossen nahm sie Block und Stift. Sie wusste sofort, was sie schreiben wollte: Vom Fünfmeterturm springen!
Als Letzte kam Rieke dran. Nervös biss sie auf dem Stift herum, während sie angestrengt nachdachte. Ihren größten Traum herauszufinden war gar nicht so leicht. Schließlich erhellte sich ihr Gesicht, und sie schrieb schwungvoll auf das kleine Blatt: Einen Hühnergott finden. Sie fügte hinzu: So einen Stein mit einem Loch in der Mitte. Den gibt es nur am Meer, und der soll Glück bringen, sagt Steen.
Die vier Mädchen stellten sich mit ernsten Mienen nebeneinander. Während sie vorlasen, sagte keine etwas dazu, niemand lachte oder stellte Fragen. Schließlich waren sie selbst so aufgeregt, und die Magie dieser Nacht tat das ihre.
Steen schaute schmunzelnd zu den Freundinnen herüber, die ihre Zettel zusammenknüllten und sie nacheinander in die lodernden Flammen warfen. Dann setzte er zum nächsten Song an, der passte perfekt: »Let It Be« von den Beatles.
Mado legte eine Hand aufs Herz und hob die linke, wie sie es aus amerikanischen Gerichtsfilmen kannte. Nur ihr wippender Pferdeschwanz verriet, wie aufgeregt sie war, als sie schwor: »Die Syltschwestern schließen hiermit den ›Pakt der geheimen Träume‹. Mögen unsere Träume in Erfüllung gehen! Und wir versprechen uns absolute Unterstützung und Geheimhaltung. Großes Ehrenwort! Ich schwöre!«
Die anderen drei taten es ihr nach, und jede rief mit fester Stimme: »Ich schwöre!« Danach fassten sie sich schweigend an den Händen und schauten mit glänzenden Augen zu, wie ihre Zettel in sich zusammensanken und leuchtende Funken in den schwarzen Himmel stiegen.
MITTSOMMERPAKT 2.0