Cover

Zum Buch:

Geht es dir manchmal nicht gut, aber du weißt nicht, wer dir helfen könnte? Kämpfst du mit Gefühlen wie Unsicherheit, Stress, Angst und Einsamkeit? Fragst du dich, warum du in deinen Beziehungen immer die gleichen Fehler machst? Dann ist dieses Buch genau das Richtige für dich. Dr. Sophie Mort, Psychotherapeutin mit langjähriger Berufserfahrung, hilft dir, dich selbst besser kennenzulernen, deine Probleme zu benennen, Verhaltensmuster zu durchbrechen und dich so zu akzeptieren, wie du bist. Darüber hinaus gibt sie dir jede Menge Methoden und Tipps an die Hand, die du in Krisensituationen leicht anwenden kannst. »Anleitung für dein Leben« ist das Buch, von dem wir alle uns wünschen, wir hätten es schon viel früher gelesen: weil es uns hilft, echte Veränderungen anzustoßen und ein glückliches Leben zu führen.

Zur Autorin:

Dr. Sophie Mort hat einen Bachelor in Psychologie, einen Master in Neurowissenschaften und hat in Klinischer Psychologie promoviert. Sie ist eine der wenigen Psycholog*innen weltweit, die die Psychologie aus dem Therapieraum herausholen: Seit 2018 teilt sie ihr Wissen in ihrem Blog, auf Instagram und per Online-Beratung und hat so bereits Tausenden vor allem junger Menschen geholfen, ihr emotionales Wohlbefinden zu verbessern. Sophie Mort gehört zu den Initiator*innen der Achtsamkeits-App Happy Not Perfect und ist eine in der Presse international gefragte Expertin. »Anleitung für dein Leben« ist ihr erstes Buch und wurde bei Erscheinen in Großbritannien direkt zu einem Bestseller.

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DRSOPHIE MORT

Anleitung für
dein Leben

Alles, was du wissen musst,
um dich selbst besser zu verstehen
und glücklich zu werden

Aus dem Englischen von
Franka Reinhart und Karin Schuler

Die Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel A Manual for Being Human. What makes us who we are, why it matters and practical advice for a happier life bei Gallery UK, einem Imprint von Simon & Schuster UK Ltd, London.

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Copyright © der Originalausgabe 2021 by Sophie Mort

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2022

Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: Büro Jorge Schmidt, München,

nach einem Entwurf von Matthew Johnson/S&S Art Department

Umschlagillustration: © Matthew Johnson/S&S Art Department

Satz: Vornehm Mediengestaltung GmbH, München

ISBN 978-3-641-29177-8
V001

www.penguin-verlag.de

What caused people distress was not so much their own mistakes, inadequacies and illnesses as the powers and influences that bore down upon them from the world beyond their skin.

David Smail

Dieses Buch richtet sich an alle, die neugierig auf ihre Mitmenschen, auf Psychologie und auf Psychotherapie sind – an Leute, die keinen Zugang zu therapeutischer Behandlung haben, genauso wie an jene, die sich schon länger in Therapie befinden.

Ich habe es für all diejenigen geschrieben, die nach Erklärungen für ihre Emotionen suchen. Sowohl für Menschen, die sich selbst gern besser verstehen wollen, als auch für solche, die unter seelischem Schmerz leiden und die niemanden haben, der ihnen helfen könnte, ihr Erleben zu deuten. Ich möchte mit meinem Buch all meine Abonnent*innen ansprechen, mit denen ich täglich auf Instagram tausendfach in Kontakt stehe und die den Mut haben, über elektronische Schranken hinweg von ihren Nöten zu berichten. Oftmals fehlt ihnen ansonsten jegliche Begleitung, um ihre Erfahrungen zu verstehen und einzuordnen.

Inhalt

Einführung: Wie entstehen psychische Probleme?

TEIL EINS

Wie konnte es so weit kommen?

1. Bezugspersonen, Geschwister und unser familiäres Umfeld

2. Die Schulzeit

3. Werbung, Medien, soziale Netzwerke

4. Stolz und Vorurteil

5. Lebensereignisse

TEIL ZWEI

Was hält euch gefangen?

6. Emotionen, Gedanken und Vorannahmen

7. Die 4F-Reaktionen: Fight-Flight-Freeze-Fawn

8. Bewältigungsstrategien, die alles nur noch schlimmer machen

9. Der innere Kritiker und negative Selbstdialoge

10. Moderne Liebe

TEIL DREI

Wie kann es weitergehen?

11. Übungen zur Erdung

12. Atemübungen und Entspannungsmethoden

13. Achtsamkeit

14. Journaling

15. Selbstmitgefühl

16. Lebe nach deinen Werten

17. Finde deine Gemeinschaft und werde ein Teil von ihr

18. Therapeutische Begleitung

Anhang

Vermeidung Schritt für Schritt überwinden

Danksagung

Anmerkungen

Einführung: Wie entstehen psychische Probleme?

Hallo, mein Name ist Dr. Soph,

ihr könnt mich Soph oder Sophie nennen.

Ich bin klinische Psychologin.

Bis vor ein paar Jahren habe ich in einem Londoner Krankenhaus gearbeitet, in einem Team zur mobilen Betreuung von erwachsenen Patienten mit Hirnverletzungen. Eines Tages fuhr ich gerade von einem Termin bei einer neuen Patientin wieder los, als mir etwas klar wurde. Ich erkannte, dass ich seit acht Jahren in den verschiedensten Bereichen meiner Tätigkeit bei neuen Patient*innen immer wieder das Gleiche erlebte: Menschen in großer seelischer Not stehen unfassbar lange auf einer Warteliste (manchmal über ein Jahr), ohne dass sie je über die elementarsten Grundlagen der Psychologie aufgeklärt wurden, wie sie für Psycholog*innen ganz selbstverständlich sind.

Mir wurde bewusst, dass ich die ersten Sitzungen mit neuen Klienten ausnahmslos damit zubrachte, ihre Erfahrungen von Stigmen zu befreien und ihnen zunächst psychologisches Basiswissen zu vermitteln.

Solche Informationen hätten ihre Ängste und ihren Schmerz zum Teil bereits erheblich lindern können, während sie auf einen Therapieplatz warteten.

An jenem Morgen hörte ich in den Nachrichten, dass die Zahl der Menschen, die psychologische Hilfe benötigen, immer mehr steigt und das Gesundheitswesen große Mühe hat, diesen Ansturm zu bewältigen. Außerdem wurde berichtet, dass sich die psychische Gesundheit zunehmend verschlechtert – nicht nur in Großbritannien, sondern weltweit.

Dabei musste ich an die vielen Fragen denken, die ich in meinem Freundeskreis, meiner Familie und meiner Instagram-Community immer wieder zu hören bekam: Warum geht es mir so schlecht? Wie konnte es nur so weit kommen? Was soll ich jetzt machen? An wen kann ich mich wenden? Diese Fragen habe ich früher ebenfalls gestellt. Und genau sie waren auch der Grund, warum ich Psychologie studiert habe.

Und plötzlich ging mir ein Licht auf.

Es gibt einen simplen Grund, warum viele Menschen so mit sich selbst kämpfen und ringen: Wir haben es schlichtweg nicht gelernt, uns selbst zu verstehen.

Uns wird nicht beigebracht, unsere Gefühle zu deuten oder schon als Kinder oder Jugendliche zu erkennen, wer wir eigentlich sind. Stattdessen fürchten wir uns davor und empfinden mentale Probleme jeglicher Art als beschämend. Statt einfache und wirkungsvolle Strategien zur Bewältigung zu erlernen, erwartet man in der Regel von uns, dass wir uns nichts anmerken lassen, »artig sind«, uns »zusammenreißen«, oder suggeriert uns, dass alles doch »nicht weiter schlimm« sei.

Statt uns zu ermutigen, uns so anzunehmen, wie wir nun einmal sind, mit allen Makeln und Schwächen, verlangt man von uns, eine bestimmte Rolle zu spielen, die wir nach außen hin jederzeit zu präsentieren haben. Dadurch verbergen wir unser wahres Empfinden – sogar vor uns selbst.

Das hat zur Folge, dass wir ausgesprochen schlecht darauf vorbereitet sind, die Belastungen des Lebens zu bewältigen und uns mit unserem emotionsgeladenen Ich zu arrangieren.

Wenn wir aber nicht darauf vorbereitet sind, uns selbst zu verstehen, sieht es schlecht für uns aus: Wir sind unausweichlich mit psychischen Belastungen konfrontiert, aber wir verfügen nicht über die geeigneten Mittel, um darauf zu reagieren. Stattdessen tun wir so, als wäre alles in bester Ordnung. Wir beschäftigen uns anderweitig und vergraben uns in Arbeit. Wir greifen auf Sex, Alkohol, Drogen oder Netflix zurück, was uns aufmuntert, allerdings nur kurzfristig. Diese Formen der Ablenkung lösen jedoch weder unsere Probleme, noch bringen sie uns voran. Stattdessen tragen sie nur dazu bei, das Unvermeidliche eine Zeitlang aufzuschieben, bis uns die nächste Welle von seelischem Stress überrollt.

Dann machen wir uns Vorwürfe, weil wir so empfinden, fühlen uns dadurch noch schlechter und geraten so in einen Teufelskreis.

Somit sind psychische Störungen nahezu vorprogrammiert.

Doch damit soll Schluss sein! An dem Tag, als ich das erkannte, griff ich sofort zum Stift und listete die ganzen Themen auf, die ich in den ersten Sitzungen mit meinen Patienten üblicherweise abarbeite. Aus diesen Notizen ist das vorliegende Buch entstanden. Es enthält Antworten auf all die Fragen, die mir immer wieder aufs Neue gestellt werden.

Diese Informationen, die sonst meist hinter verschlossenen Praxistüren, im akademischen Elfenbeinturm und in alten, verstaubten Lehrbüchern verhandelt werden, möchte ich euch hiermit zugänglich machen.

Sollten euch diese Fragen meiner Patienten, Freundinnen, Angehörigen genauso beschäftigen wie mich, wird dieses Buch euch dabei helfen, Antworten zu finden. Es enthält all das, was ihr braucht, um wirklich zu verstehen, wer ihr seid und was euch wirklich ausmacht.

Worum geht es in diesem Buch?

Es handelt sich hier keineswegs um ein trockenes und langweiliges Psychologie-Kompendium (keine Sorge, die lese ich für euch), sondern um einen Leitfaden für das menschliche Erleben. Dieses Buch enthält eine Fülle von psychologischen Konzepten aus den verschiedensten Traditionen, darunter auch meine eigenen Ansätze und Tipps, die ihr direkt anwenden könnt. Wir beginnen bei unseren frühesten Erfahrungen und bewegen uns dann weiter bis ins Erwachsenenleben.

Wollt ihr zum Beispiel wissen, welchen Einfluss eure Kindheit darauf hatte, wer ihr heute seid? Und auf die Beziehung zu euch selbst und anderen Menschen? Fragt ihr euch, warum es Erlebnisse aus dieser Zeit gibt, die doch eigentlich längst abgeschlossen sein sollten, euch aber irgendwie nicht so recht loslassen? Dann findet ihr hier die Erklärung dafür. Überlegt ihr manchmal, welche Auswirkungen die sozialen Medien oder manche Werbebotschaften, mit denen ihr tagtäglich konfrontiert seid, auf euer seelisches Wohlbefinden haben? Wollt ihr wissen, was eure Gefühle überhaupt sind, wo sie herkommen und wie man sie in den Griff bekommt, wenn sie zu heftig werden? Ich gebe euch nützliche Hinweise, wie ihr zu einem gesünderen Umgang mit all diesen Facetten des Lebens finden könnt. Möchtet ihr gern an euch selbst glauben und euch so annehmen können, wie ihr seid? Wenn ihr all das mit Ja beantwortet, dann seid ihr hier genau richtig.

Dieses Buch erklärt euch, wie ihr durch eure Umwelt geformt wurdet. Und dass sich gelegentlich eher die Gesellschaft ändern müsste als ihr. Es vermittelt euch wichtige Grundlagen, um eure Lebenserfahrungen und Emotionen zu verstehen und darüber hinaus hilfreiche Methoden für einen Weg der Heilung – was auch immer dieses Wort für euch bedeutet.

Wenn Patienten eine Therapie beginnen, stellen sie mir – in unterschiedlichen Varianten – immer wieder die gleichen drei Fragen: Wie konnte es nur so weit kommen? Was hält mich gefangen? Und wie kann es weitergehen? Deshalb orientiert sich der Aufbau des Buches daran, diese Fragen in exakt der erwähnten Reihenfolge zu beantworten.

Teil Eins: Wie konnte es so weit kommen?

Der erste Teil des Buches soll euch dabei helfen zu verstehen, wie ihr euch zu dem Menschen entwickelt habt, der ihr seid. Außerdem geht es darum, Probleme zu erkennen, die mit eurer Vergangenheit sowie gegenwärtigen Lebensereignissen zusammenhängen und häufig zu psychischen Belastungen führen. Dieser Teil beginnt mit dem Moment, als ihr auf die Welt gekommen seid.

Teil Zwei: Was hält euch gefangen?

Im nächsten Abschnitt geht es darum zu betrachten, wie ihr aktuell agiert: die ganz normalen Verhaltensmuster, schlechten Angewohnheiten und ungünstigen Kreisläufe, in denen ihr vielleicht gefangen seid und die möglicherweise hinderlich für euch sind.

Teil Drei: Wie kann es weitergehen?
Dein neuer Werkzeugkasten mit hilfreichen Methoden und Techniken

Der letzte Teil des Buches enthält wissenschaftlich bestätigte Methoden, die ihr sofort anwenden könnt. Eine Reihe von schnellen Tipps findet ihr im ganzen Buch, die meisten jedoch in Teil Drei.

Dieses Buch liefert keine schnellen Lösungen

Es ist nicht für akute Krisen gedacht und soll auch keinesfalls ein Ersatz für eine professionelle psychologische Beratung sein. Es eignet sich auch nicht als Diagnoseinstrument und enthält keine konkreten Diagnosen. Dieses Buch ist vielmehr dazu gedacht, die Grundlagen menschlichen Erlebens zu vermitteln und zu erläutern. Es bietet Einblick ins eigene Ich aus der Perspektive einer Therapeutin und stattet euch mit Werkzeug aus, das euch dabei helfen soll, euch selbst besser zu verstehen und das zu überwinden, was euch zu schaffen macht und gefangen hält.

In diesem Buch geht es nicht nur um Heilung, sondern auch darum, euch selbst wirklich kennenzulernen, damit ihr euer Leben möglichst unbeschwert genießen könnt. Wichtig ist dabei auch die Stärkung von Gemeinschaft, um miteinander Kräfte zu bündeln und zusammen die Stimme gegen Strukturen und Lebensereignisse zu erheben, die uns daran hindern, wahrhaft Mensch zu sein.

Wie man dieses Buch benutzt

Auf den nachfolgenden Seiten findet ihr Theorien, in denen ihr euch eventuell auf Anhieb wiederfindet, und andere, bei denen dies wohl nicht der Fall sein wird.

Um euch den persönlichen Zugang zu erleichtern, habe ich jedes Kapitel mit Fragen versehen, die ihr jeweils beim Lesen beantworten könnt. Solche Fragen würde ich euch in Therapiesitzungen stellen, wenn ihr meine Klienten wärt. Und diese Fragen stelle ich mir auch selbst, um zu verstehen, warum ich etwas gerade so empfinde oder mich auf eine bestimmte Weise verhalten habe. Sie geben euch die Möglichkeit, euch mit euren Erfahrungen bewusst auseinanderzusetzen.

Nehmt euch also einen Stift, Textmarker oder Ähnliches, womit ihr die Passagen im Buch hervorheben könnt, die euch besonders wichtig sind. Wenn ihr das Buch mit euren individuellen Anmerkungen verseht, könnt ihr jederzeit wieder auf die Stellen zurückgreifen, die für euch relevant sind. Je länger ihr bei einem Thema bleibt, desto wahrscheinlicher ist es, dass ihr es wirklich verinnerlicht. Ihr könnt also ruhig alles vollkritzeln. Legt euch am besten auch ein Notizbuch daneben. Die im Buch gestellten Fragen lassen sich oftmals nicht auf Anhieb beantworten. Manches wird erst nach und nach klar, sodass es empfehlenswert ist, die eigenen Gedanken kontinuierlich festzuhalten.

In den einzelnen Kapiteln verweise ich immer wieder auf andere Bücher, die mir am Herzen liegen – falls ihr von bestimmten Themen gar nicht genug bekommen könnt.

Wichtig ist es, dass ihr beim Lesen auf euch selbst achtet. Nehmt euch Zeit. Es kann sein, dass ganz unerwartete Gefühle hochkommen, denn wir tauchen tief ein in eure Vergangenheit und Gegenwart. Sollten bestimmte Aspekte oder Fragen bei euch bedrückende Gedanken oder Gefühle auslösen, rate ich euch, das Buch für einen Moment oder auch länger beiseitezulegen und eine Atemübung (siehe Kapitel 12) oder eine andere Methode zur Selbstberuhigung aus Teil Drei auszuprobieren. Lest erst weiter, wenn ihr so weit seid – das Buch wartet geduldig auf euch.

Hier kommt eine Triggerwarnung

In diesem Buch kommen schwerwiegende Themen zur Sprache, wie etwa Mobbing, Diskriminierung oder Tod. Jedem Kapitel stelle ich einen Hinweis voran, welche sensiblen Themen darin gegebenenfalls vorkommen, damit ihr selbst entscheiden könnt, ob ihr weiterlesen möchtet.

Und falls ihr gerade mit Belastungen zu kämpfen habt, bitte denkt immer daran: Falls sie euch zu sehr quälen, sprecht mit jemandem darüber. Sucht euren Hausarzt oder eine psychiatrische Ambulanz auf. Für Notfälle steht rund um die Uhr ein Krisentelefon zur Verfügung – ihr seid nicht allein.

Das war die Triggerwarnung, seid ihr bereit?

Los geht’s.

Dr. Soph xx

TEIL EINS

Wie konnte es so weit kommen?

Emotionen, Beziehungen und ein negatives Selbstbild – die drei wichtigsten Themen, die Menschen in eine Therapie führen. Ich sollte dieses Buch deshalb vielleicht damit beginnen, euch zu erklären, was Emotionen sind, wie man Beziehungen am besten angeht und wie man positiv über sich selbst denkt.

Wir alle haben jeweils zutiefst persönlich auf diesen Gebieten zu kämpfen. So ist zum Beispiel die Weise, in der wir unsere Emotionen wahrnehmen, fest in unseren genetischen Voraussetzungen verankert, sie hängt davon ab, wie stabil unsere frühen Erfahrungen im Leben waren, was man uns in Bezug auf Emotionen beigebracht hat, wie wir als kleine Kinder getröstet wurden und mit welchen Belastungen wir fertigwerden müssen.

Wenn ihr wirklich verstehen wollt, wer ihr seid und warum ihr womöglich Probleme habt, müssen wir ganz am Anfang ansetzen.

Bevor wir lernen, wie man mit diesen zutiefst menschlichen Erfahrungen umgeht, begeben wir uns auf eine Reise durch das Leben. Wir setzen uns mit den beiden größten Einflüssen auseinander, die uns und unsere jeweiligen Schwierigkeiten prägen: mit der Umwelt, in der wir aufwuchsen, und mit den Lebensereignissen, mit denen wir konfrontiert waren.

Im ersten Teil dieses Buches möchte ich mit euch diese beiden Einflüsse näher erkunden. Die ersten vier Kapitel behandeln die Aspekte unseres Umfelds, die erwiesenermaßen unsere Biologie, unsere Gehirnentwicklung, unsere Emotionen, Glaubensüberzeugungen und Verhaltensweisen prägen: die frühe häusliche Umgebung, die Schulzeit, die Medien und die allseits präsente Werbung sowie die strukturelle Ungleichheit. Das fünfte Kapitel konzentriert sich auf Lebensereignisse, die uns zusetzen und uns aus der Spur bringen.

Wenn ihr genau verstehen wollt, wie ihr zu der Person geworden seid, die ihr heute seid, und welche Momente in eurem Leben in euch das Gefühl geweckt haben, traurig, ängstlich oder nicht gut genug zu sein, empfehle ich euch, die Kapitel nacheinander durchzuarbeiten.

Wichtig ist allerdings, dass ihr wisst …

Wir kommen nicht als unbeschriebenes Blatt auf die Welt.

Geschwister sind nicht gleich, selbst wenn sie am selben Ort aufwachsen. Der Kognitionspsychologe Steven Pinker erklärt das etwas sarkastisch so, dass ja auch euer Haustier und euer Kind nicht beide sprechen lernen, egal, wie viel Zeit ihr aufwendet, um es ihnen beizubringen und sie in derselben Umgebung aufzuziehen.

Der Prozess, der bestimmt, wer wir sind, kommt in Gang, bevor wir geboren werden. Unsere DNA ist mutmaßlich für 20 bis 60 Prozent unseres Temperaments verantwortlich – dafür, wie kontaktfreudig, emotional, tatkräftig, ablenkbar und beharrlich wir sind. Allerdings hat das Gehirn eines reifgeborenen Babys, wenn es zur Welt kommt, erst ein Drittel seiner späteren Größe, und die Entwicklung ist erst mit Mitte zwanzig abgeschlossen. Ähnlich wie Architekten Entwürfe dem Terrain anpassen, das sie bebauen wollen, habt ihr und euer Gehirn euch entwickelt und sich eurer speziellen Umgebung angepasst.

Nicht nur eure Familie hat euch geprägt, sondern die Summe aller eurer frühen Erlebnisse und Erfahrungen. Schule, Freundschaften, die Medien, die ihr konsumiert habt, die Gesellschaft und die Kultur, in der ihr aufgewachsen seid, und die Lebensereignisse, denen ihr ausgesetzt wart – all das hat eine Rolle gespielt.

Vielleicht habt ihr euch zu einem schüchternen, kontaktarmen Menschen entwickelt. Dafür kann es eine Million Gründe geben. Vielleicht war es schon genetisch festgelegt. Vielleicht habt ihr aber auch gelernt, dass Schüchternheit »angemessen« ist (das richtige Verhalten für jemanden wie euch). Oder niemand hat euch beigebracht, wie man sich in Gesellschaft verhält, sodass ihr euch dabei unwohl fühlt. Entsprechend seid ihr vielleicht nur in bestimmten Situationen schüchtern, etwa, wenn euer Herz schneller schlägt und ihr keinen klaren Gedanken fassen könnt, sobald ihr jemanden kennenlernt, in den oder die ihr euch verlieben könntet.

Es gibt auch viele Gründe, weshalb ihr vielleicht schnell in die Luft geht. Es könnte in eurer DNA verankert sein. Oder ihr seid in einem stressbelasteten Umfeld aufgewachsen und habt gelernt, immer in höchster Alarmbereitschaft zu sein (um auf eine wütende Bezugsperson oder eine plötzliche Veränderung zu Hause zu reagieren). Oder man hat euch nicht beigebracht, mit euren Emotionen umzugehen, sodass sie hin und wieder überkochen.

Es kann aber auch gar nichts mit eurer Vergangenheit zu tun haben. Vielleicht habt ihr eine Menge auf dem Schirm und stoßt an die Grenzen eurer Belastbarkeit. Plötzlich reicht eine Kleinigkeit, und ihr rastet aus.

Ich kann euch nicht sagen, welche Anteile eures Verhaltens genetisch festgelegt sind. Aber ich kann die wichtigsten Faktoren darstellen, die die Menschen vom ersten Atemzug an formen.

Mit diesen Informationen im Hinterkopf lade ich euch ein, dieses Buch zu lesen und mit dem Gelesenen kritisch umzugehen. Glaubt bitte nicht, dass es alles erklärt oder dass alles, was ihr tut, eine tiefe psychologische Bedeutung hat.

Bestimmt ist manches, das ihr tut, mit eurer Erziehung verbunden, aber es gibt sicher auch Dinge, die euch einfach Spaß machen oder die ihr aus einer Augenblickslaune heraus tut.