Die Olchis im Land der Mammuts

Hier kommt Brausewein

Der große Erfinder Professor Bruno Brausewein saß fünfzig Meter hoch über dem Erdboden auf dem Sattel seines neuen Flugapparates.

Schwitzend trat er in die Pedale und brachte dadurch einen Propeller in Schwung, der sich oben an einer Stange drehte. Ein bisschen verkrampft hielt er sich am Lenker fest.

Einen großen Rucksack hatte der Professor auf dem Rücken und einen noch größeren Plan in seinem Kopf. Er war auf dem Weg von Gammelsberg hinüber nach Schmuddelfing. Sein Ziel war der Schmuddelfinger Müllberg, auf dem seine Freunde, die Olchis, wohnten. Er wollte ihnen eine neue Erfindung vorstellen. Aber vor allem wollte er ihnen von einer genialen Idee erzählen.

Alles, was Brausewein sich ausdachte, war genial. Schließlich war er ein Genie. Sogar auf seiner Visitenkarte stand in schönen Buchstaben: Professor Bruno Brausewein, Erfinder und Genie. Seine Werkstatt hatte er in Gammelsberg in einem umgebauten Eisenbahn-Waggon. Dort lebte er allein mit seinem selbst gebauten elektronischen Roboterhund und dachte sich die verrücktesten Dinge aus, die fast immer ziemlich gut funktionierten.

»Hoffentlich sind die Olchis zu Hause«, dachte er. »Dumm, dass sie kein Telefon haben. Vielleicht sollte ich ihnen irgendwann ein Handy schenken?«

Nein, das war bestimmt keine gute Idee. Die Olchis futterten so ein Handy garantiert bei der erstbesten Gelegenheit auf. Diesen hungrigen Grünlingen war so etwas durchaus zuzutrauen.

Brausewein lächelte versonnen vor sich hin. Dann aber sah er unter sich die ersten Berge der Schmuddelfinger Müllkippe auftauchen. Jetzt musste er sich auf die Landung konzentrieren.

Gemüffel in der Sommersonne

Still und friedlich lag der olchige Müllberg in der heißen Sommersonne. Die Olchis hätten zwar lieber Regen gehabt, aber auch für sie war heute ein recht schöner und krötiger Tag.

Zwei Katzen dösten hinter der Olchi-Höhle auf dem warmen Blechdach eines kaputten Autos. Die Vögel zwitscherten, die Frösche quakten, der Olchi-Drache Feuerstuhl schnarchte, die Fliegen summten, und die Hummeln brummten.

Das Olchi-Baby schlief auf einem Autoreifen im Schatten der Höhle. Lautlos kam ein gelber Schmetterling herangeflattert und landete auf seiner kleinen Knubbelnase. Das Olchi-Baby merkte nichts davon, so tief lag es im schönsten Schlummer.

Auch alle anderen Olchis waren heute sorglos und entspannt.

Olchi-Mama räkelte sich auf ihrer wanzigen Matratze, seufzte zufrieden und nahm einen Schluck kühle Stinkerbrühe aus einer Dose.

Neben ihr saß Olchi-Opa auf seinem alten Ofen. »Beim Hühnerfurz«, sagte er und gähnte. »Das Leben ist doch viel zu kurz! Ich bin jetzt 985 Jahre alt, und all die Jahre sind vergangen wie im Flug!«

»Das liegt daran, dass wir ein so schönes Leben haben«, meinte Olchi-Mama. »Ist woanders auch die Stimmung mies, wir leben hier im Paradies!«

»Das gefällt mir!«, sagte Olchi-Opa. »Wusste gar nicht, dass du so krötig dichten kannst!«

Olchi-Mama pustete lächelnd zwei freche Fliegen von ihrer Dose und nahm noch einen Schluck Brühe. Ein warmes, fein fauliges Lüftchen lag über dem Müllberg. Olchi-Mama bekam richtig Appetit davon und überlegte, was sie heute kochen könnte.

Vielleicht war scharfer Bröselstampf mit eingelegten Socken eine gute Idee. Damit Olchi-Papa nicht wieder meckerte, musste sie noch ein paar feine Fischgräten dazugeben. Gräten waren Olchi-Papa immer sehr wichtig.

»Ich kenne noch einen Reim!«, rief sie so laut, dass alle es hören konnten. »Grätenwurm und Läuseknochen, wer von euch hilft mir beim Kochen?!«

Natürlich meldete sich keiner. Alle taten sehr beschäftigt.

Olchi-Opa wollte ein Schläfchen machen, und auch die beiden Olchi-Kinder hatten keine Zeit.

Letzte Nacht hatte es gewittert, und zum ersten Mal seit langer Zeit gab es wieder krötige Pfützen auf dem Müllberg. Jetzt spielten sie in einer von ihnen mit den Ratten Schiffe versenken.

Olchi-Oma war drüben an der Garage zugange. Sie rieb den Drachen Feuerstuhl mit Schlamm ein. Er war in den Gewitterregen gekommen, jetzt war er viel zu sauber und sollte endlich wieder schön olchig aussehen.

Schließlich kam Olchi-Papa herangestapft.

»Wenn du willst, helfe ich dir«, sagte er zu Olchi-Mama. »Damit du nicht wieder die Gräten vergisst.«

Olchi-Papa hatte gerade mal wieder einen neuen Schlammwerfer gebastelt. Er war sehr geschickt im Basteln, aber Schlammwerfer waren seine Spezialität.

Plötzlich hörte man ein leises Surren in der Luft.

»Seht mal, wer da angesegelt kommt!«, rief Olchi-Papa.

Alle Olchis reckten ihre Knubbelnasen.

»Hallo Olchis!«, rief Professor Brausewein und landete direkt neben der Olchi-Höhle. »Puh! Ist das heiß heute!«

Der Propeller wurde langsamer und Brausewein sprang ab.

»Mein neues Flugoped!«, sagte er stolz. »Macht locker zwanzig Stundenkilometer. Ohne Gegenwind natürlich.«

»Muffige Sumpfratte!«, staunte Olchi-Papa. »Sieht kompliziert aus.«

»Ach was«, sagte Brausewein. »War ganz einfach zu bauen. Man muss nur wissen, wie’s geht.«

»So was musst du uns auch mal basteln!«, riefen die Olchi-Kinder.

»Das mache ich gern, wenn ich mal Zeit habe«, sagte der Professor. »Heute wollte ich euch eigentlich etwas anderes zeigen.«

 

 

Spitze Helme aus Edelmetall

Brausewein ließ seinen Rucksack auf den Boden plumpsen und zog ein paar eigenartige Kopfbedeckungen heraus. Silbrig schimmernde Helme, die nach oben hin spitz zuliefen. Sie waren aus feinen Metallfäden gewebt und bildeten ein dichtes Drahtgeflecht, das sehr fest, aber doch biegsam und elastisch war.

»Fäden aus Edelmetall«, erklärte Brausewein. »Ein elektronisches Leitgeflecht!«

Er zog noch ein kleines rotes Kästchen aus dem Rucksack.

»Und das ist mein neuer Beamer!«, sagte er stolz. »Ein multidimensionaler Transporter durch Raum und Zeit. Extreme Subbquanten und Quantsubben ermöglichen punktgenaue Landungen in Vergangenheit und Zukunft. Viel besser als meine erste Zeitmaschine.«

»Krötig!«, sagten die Olchi-Kinder beeindruckt.

»Ja, nicht wahr?« Brausewein lächelte. »Hat ein Weilchen gedauert, bis ich den Dreh raushatte. Meine vollelektronische Ratte, mit der ich geübt habe, ist leider im alten Rom geblieben. Aber jetzt funktioniert die Sache einwandfrei.«

»Filziger Käsefuß!«, sagte Olchi-Papa. »Ich baue lieber Schlammwerfer. So Zeitreisezeug war mir schon immer zu kompliziert!«