Staffel I
In die Wildnis (Bd. 1)
Feuer und Eis (Bd. 2)
Geheimnis des Waldes (Bd. 3)
Vor dem Sturm (Bd. 4)
Gefährliche Spuren (Bd. 5)
Stunde der Finsternis (Bd. 6)
Staffel II – Die neue Prophezeiung
Mitternacht (Bd. 1)
Mondschein (Bd. 2)
Morgenröte (Bd. 3)
Sternenglanz (Bd. 4)
Dämmerung (Bd. 5)
Sonnenuntergang (Bd. 6)
Staffel III – Die Macht der drei
Der geheime Blick (Bd. 1)
Fluss der Finsternis (Bd. 2)
Verbannt (Bd. 3)
Zeit der Dunkelheit (Bd. 4)
Lange Schatten (Bd. 5)
Sonnenaufgang (Bd. 6)
Staffel IV – Zeichen der Sterne
Der vierte Schüler (Bd. 1)
Fernes Echo (Bd. 2)
Stimmen der Nacht (Bd. 3)
Spur des Mondes (Bd. 4)
Der verschollene Krieger (Bd. 5)
Die letzte Hoffnung (Bd. 6)
Staffel V – Der Ursprung der Clans
Der Sonnenpfad (Bd. 1)
Donnerschlag (Bd. 2)
Der erste Kampf (Bd. 3)
Der Leuchtende Stern (Bd. 4)
Der geteilte Wald (Bd. 5)
Der Sternenpfad (Bd. 6)
Staffel VI – Vision von Schatten
Die Mission des Schülers (Bd. 1)
Donner und Schatten (Bd. 2)
Zerrissene Wolken (Bd. 3)
Dunkelste Nacht (Bd. 4)
Fluss aus Feuer (Bd. 5)
Wütender Sturm (Bd. 6)
Staffel VII – Das gebrochene Gesetz
Verlorene Sterne (Bd. 1)
Eisiges Schweigen (Bd. 2)
Schleier aus Schatten (Bd. 3)
Finsternis im Inneren (Bd. 4)
Ort ohne Sterne (Bd. 5)
Special Adventure
Feuersterns Mission
Das Schicksal des WolkenClans
Blausterns Prophezeiung
Streifensterns Bestimmung
Gelbzahns Geheimnis
Riesensterns Rache
Brombeersterns Aufstieg
Mottenflugs Vision
Habichtschwinges Reise
Tigerherz’ Schatten
Krähenfeders Prüfung
Eichhornschweifs Hoffnung
Graustreifs Versprechen
Short Adventure
Wolkensterns Reise
Distelblatts Geschichte
Nebelsterns Omen
Taubenflugs Schicksal
Ahornschattens Vergeltung
Tigerkralles Zorn
Blattsees Wunsch
Die unerzählten Geschichten
Tüpfelblatts Herz
Rabenpfotes Abschied
Wege zum SchattenClan
Mystische Spuren
Die Welt der Clans
Das Gesetz der Krieger
Die letzten Geheimnisse
Von Helden und Verrätern
Legendäre Kämpfe
Deine Welt der Clans
Alle Abenteuer auch als E-Books bei Beltz & Gelberg
www.warriorcats.de
Erin Hunter ist ein Autorinnenteam und inspiriert von der Liebe zu Katzen und der Faszination von der Wildnis. Immer mit dem größten Respekt gegenüber der Natur in all ihren Formen, findet Erin Hunter mystische Erklärungen für das Verhalten der Tiere und erschafft magische Welten.
Das Team ist ebenfalls Autor_in von Bravelands und den Survivor Dogs.
Besonderen Dank an Cherith Baldry
Anführerin |
EICHHORNSCHWEIF – dunkelrote Kätzin mit grünen Augen |
|
|
Zweiter Anführer |
LÖWENGLUT – goldgelb getigerter Kater mit bernsteinfarbenen Augen |
|
|
Heiler |
HÄHERFEDER – grau getigerter, blinder Kater mit blauen Augen |
ERLENHERZ – dunkelroter Kater mit bernsteinfarbenen Augen |
|
|
|
Krieger |
Krieger (Kater und Kätzinnen ohne Junge) |
DORNENKRALLE – goldbraun getigerter Kater |
|
WEISSFLUG – weiße Kätzin mit grünen Augen |
|
BIRKENFALL – hellbraun gestreifter Kater |
|
MAUSBART – grau-weißer Kater, Mentor von LORBEERPFOTE |
|
MOHNFROST – schildpattfarbene Kätzin |
|
STACHELFROST – hellgraue Kätzin mit blauen Augen |
|
LILIENHERZ – schildpattfarbene Kätzin mit weißen Flecken, Mentorin von FLAMMENPFOTE |
|
HUMMELSTREIF – sehr hellgrauer Kater mit schwarzen Streifen |
|
KIRSCHFALL – rotbraune Kätzin |
|
MAULWURFBART – braun-sandfarbener Kater |
|
RUSSHERZ – grau getigerte Kätzin, Mentorin von FINKENPFOTE |
|
EFEUSEE – silberweiße Tigerkätzin mit dunkelblauen Augen |
|
NELKENOHR – dunkelgraue Kätzin |
|
STURMWOLKE – grau getigerter Kater |
|
DISTELSCHOPF – schwarze Kätzin |
|
SCHNIPSKRALLE – braun getigerter Kater |
|
FUNKENPELZ – hellrot getigerte Kätzin mit grünen Augen |
|
ZWEIGAST – graue Kätzin mit grünen Augen |
|
FLOSSENSPRUNG – brauner Kater |
|
PFLAUMENSTEIN – schwarz-rote Kätzin |
|
BLATTSCHATTEN – schildpattfarbene Kätzin |
|
RAUCHKLANG – heller, gelb getigerter Kater |
|
|
|
Königinnen |
(Kätzinnen, die Junge erwarten oder aufziehen) |
MINKA – Kätzin mit langem, cremefarbenem Fell vom Pferdeort |
|
PUNKTFELL – grau und weiß getupfte Kätzin mit Flecken |
|
|
|
Älteste |
(ehemalige Krieger und Königinnen, jetzt im Ruhestand) |
GRAUSTREIF – grauer Kater mit gelben Augen |
|
WOLKENSCHWEIF – weißer Kater mit blauen Augen |
|
LICHTHERZ – weiße Kätzin mit roten Flecken und einem vernarbten Gesicht |
Anführer |
TIGERSTERN – dunkelbraun getigerter Kater |
|
|
Zweite Anführerin |
KLEEFUSS – grau getigerte Kätzin |
|
|
Heiler |
PFÜTZENGLANZ – brauner Kater mit weißen Flecken |
SCHATTENHELLE – grau getigerter Kater |
|
MOTTENFLÜGEL – schöne, golden gestreifte Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen |
|
|
|
Krieger |
BERNSTEINPELZ – schildpattfarbene Kätzin mit grünen Augen |
TAUBENFLUG – hellgraue Kätzin mit grünen Augen |
|
HASENLICHT – weißer Kater |
|
EISFLÜGEL – weiße Kätzin mit blauen Augen |
|
SPRINGSCHRITT – grau getigerte Kätzin |
|
LICHTSPRUNG – braun getigerte Kätzin |
|
|
|
Älteste |
EICHENFELL – kleiner, brauner Kater |
Anführerin |
BLATTSTERN – braun und cremefarben getigerte Kätzin |
|
|
Zweiter Anführer |
HABICHTSCHWINGE – dunkelgrau getigerter Kater mit gelben Augen |
|
|
Heilerin |
TUPFENWUNSCH – hellbraun gefleckte Tigerkätzin mit gepunkteten Beinen |
ZAPPELFLOCKE – schwarz-weißer Kater |
|
|
|
Mediator |
BAUM – gelber, kräftiger Kater, ehemaliger Einzelläufer |
|
|
Krieger |
ELSTERPELZ – schwarz-weißer Kater |
TAUSPRUNG – stämmiger, grauer Kater |
|
WURZELQUELL – gelber Kater mit grünen Augen |
|
NADELKRALLE – schwarz-weiße Kätzin |
|
PFLAUMENWEIDE – dunkelgraue Kätzin |
|
HARRYBACH – grauer Kater |
|
SPRINGSCHWEIF – schildpattfarbene Kätzin |
|
HASENSPRUNG – brauner Kater, Mentor von Wachtelpfote (golden getigerte Kätzin) |
|
MINZFELL – grau getigerte Kätzin mit blauen Augen |
|
VEILCHENGLANZ – schwarz-weiße Kätzin mit gelben Augen |
|
GLOCKENBLATT – hellorangefarbene Kätzin mit grünen Augen |
|
|
|
Königin |
NEKTARLIED – braune Kätzin, Mutter von BIENENJUNGES und KÄFERJUNGES |
Anführer |
HASENSTERN – braun-weißer Kater |
|
|
Zweiter Anführer |
KRÄHENFEDER – rauchgrauer, fast schwarzer Kater mit blauen Augen |
|
|
Heiler |
FALKENFLUG – grau gescheckter Kater |
|
|
Krieger |
WINDPELZ – schwarzer Kater mit bernsteinfarbenen Augen |
KAUERFUSS – roter Kater, Mentor von LIEDPFOTE |
|
RUFBART – dunkelgrauer Kater, Mentor von PFEIFPFOTE |
Anführerin |
NEBELSTERN – graue Kätzin mit blauen Augen |
|
|
Heilerin |
MAULBEERGLANZ – grau getigerte Kätzin |
|
|
Krieger |
HÄHERKRALLE – grauer Kater |
Anführerin |
SCHNEE – große, weiße Kätzin mit blauen Augen |
|
|
Schwestern |
SONNENAUFGANG – große, hellgelbe Kätzin |
HAGEL – große, hellrot-weiße Kätzin |
Seher |
SAGER VON DEN SPITZEN STEINEN (oder: STEINSAGER) – dunkelbraun getigerter Kater |
|
|
Zukünftiger |
FEDER VON FLIEGENDEM HABICHT (oder: FEDER) – steingrauer Kater |
|
|
Beutejäger |
STURMPELZ – dunkelgrauer Kater mit bernsteinfarbenen Augen |
Das Wasser des Mondsees wogte wild um Eichhornschweif auf und sie strampelte panisch mit den Pfoten. Aschenpelz hielt sie am Genick fest und zerrte sie in die Tiefe, weg von der Wärme und dem Licht der Seeoberfläche. Eiskaltes Wasser drang in ihren Pelz, wegen des schweren, vollgesogenen Fells konnte sie sich nicht gegen ihn wehren. Ihre Brust schmerzte, ihre Lunge schrie nach Luft, aber sie wagte nicht, die Schnauze zu öffnen. Sie spürte, wie sie schwächer wurde, und schlug mit letzter Kraft nach dem Kater, aber ihre Krallen trafen nur wirbelndes Wasser.
Er ertränkt mich! Panik griff wie eine mächtige Pranke nach Eichhornschweif. Sie hatte gewusst, wie gefährlich Aschenpelz war, auch wenn er im Pelz ihres Gefährten Brombeerstern steckte. Aschenpelz war zu den Clans gekommen, um sie zu überlisten, und als Eichhornschweif ihm klargemacht hatte, dass sie sich nicht täuschen ließ, hatte er beschlossen, sie stattdessen leiden zu lassen. Aber würde er mich auch umbringen? Ihr Herz schmerzte bei dem Gedanken, sterben zu müssen, ohne den echten Brombeerstern noch einmal wiedergesehen zu haben.
Ihr Bewusstsein trudelte schon in die Dunkelheit hinab, als sie plötzlich unsanft auf einer harten Oberfläche aufschlug. Sie hörte etwas tropfen und stellte fest, dass Wasser aus ihrem Pelz sickerte und auf trockenen Boden fiel. Wieso ist es hier nicht nass? Wo …? Langsam wurde ihr Kopf wieder klar, aber Schultern, Kehle und Schnauze schmerzten immer noch von ihrem Kampf gegen Aschenpelz am Ufer des Mondsees. Erschöpft blieb sie dort liegen, wo sie gelandet war, und nahm ein paar tiefe Atemzüge. Die Luft brannte in ihrem Hals, als würden Dornen von innen an ihr reißen.
Irgendwo über ihr miaute eine bekannte Stimme: »Willkommen in meinem Territorium, Eichhornschweif.«
Schwankend stemmte sich Eichhornschweif auf die Pfoten, schüttelte das restliche Wasser aus ihrem Pelz und sah sich um. Neben ihr stand ein kräftiger Kater mit dem dunkel getigerten Fell ihres Gefährten Brombeerstern, dem Anführer des DonnerClans. Seine bernsteinfarbenen Augen leuchteten triumphierend.
Aber Eichhornschweif wusste genau, dass die Katze vor ihr in Wirklichkeit immer noch Aschenpelz war, ein ehemaliger DonnerClan-Krieger. Obwohl er schon seit vielen Monden beim SternenClan jagte, hatte er es irgendwie geschafft, in die Welt der Lebenden zurückzukehren, indem er Brombeersterns Körper gestohlen hatte. Seine Zeit als Anführer des DonnerClans hatte in Blutvergießen und Chaos geendet. Bei dem Gedanken, dass er das alles nur »für sie« getan hatte, stiegen erneut Schuldgefühle und Wut in Eichhornschweif auf.
Er war schon immer besessen von mir. Auch, als er noch am Leben war. Das alles – dass er sich Brombeersterns Körper bemächtigte und sich damit zum Anführer des DonnerClans machte – hat er nur getan, damit er mich für sich allein haben kann. Ich hätte es wissen müssen … ach, ich hätte von Anfang an spüren müssen, dass er nicht mein Gefährte ist. Als sie jetzt die begehrlichen Blicke des Katers sah, verwandelten sich ihre Schuldgefühle in Abscheu und Wut. Aschenpelz hat mich ausgetrickst, und daran ist keine andere Katze schuld, nur er allein. Schon als wir Clan-Gefährten waren, wollte er meine adoptierten Jungen umbringen. Und obwohl er seitdem viele Monde beim SternenClan verbrachte, hat er sich nicht geändert. Er ist eine durch und durch böse Katze!
Der falsche Brombeerstern kam einen Schritt auf sie zu. Eichhornschweif wich zurück und bleckte mit einem drohenden Fauchen die Zähne. »Bleib mir bloß vom Pelz«, warnte sie ihn. »Wo sind wir hier? Was ist das für ein Ort?«
»Errätst du das nicht?«, fragte der Betrüger.
Nachdem er die Worte ausgesprochen hatte, sackte Brombeersterns Körper wie eine leere Hülle schlaff zu Boden. Entsetzt beobachtete Eichhornschweif, wie feiner Nebel von ihm aufstieg und sich allmählich zu der Gestalt einer anderen Katze verdichtete: zu einem Kater mit hellgrauem Fell wurde, das mit dunklen Flecken gesprenkelt war, und dunkelblauen, niederträchtigen Augen. Das eisige Licht des SternenClans schimmerte um seine Pfoten und Ohren.
Ihr war klar gewesen, dass der Betrüger Aschenpelz war. Doch ihn nun vor sich zu sehen, so lebendig wie damals, jagte ihr eiskalte Angstkrallen durchs Fell.
»Wie schön, dass ich mich endlich in meiner echten Gestalt vor dir zeigen kann«, schnurrte er.
Eichhornschweif wollte am liebsten fliehen. Doch wie sollte sie das anstellen? Sie fuhr herum, die Muskeln gestrafft und zur Flucht bereit, da nahm sie ihre Umgebung zum ersten Mal richtig wahr. Ihr Körper erstarrte beim Anblick der Bäume, die sich in alle Richtungen ausbreiteten. Sie wirkten krank mit ihren schlaff herabhängenden Blättern, und anstelle von üppig grünem Unterholz prangte zwischen ihnen nur kahle Erde, von ein paar wenigen struppigen, braunen Farnbüscheln abgesehen. Sie konnte nicht erkennen, woher das fahle Licht kam. Der Himmel über ihr war dunkel, weit und breit war kein einziger Stern zu sehen. Da endlich begriff sie, wohin Aschenpelz sie gebracht hatte, und ihr gefror das Blut in den Adern.
»Das ist der Wald der Finsternis!«, ächzte sie.
Eichhornschweif hatte den sternenlosen Ort in ihren Träumen nie aufgesucht, aber sie hatte von Efeusee und anderen Katzen, die vor dem Großen Kampf dort trainiert hatten, davon gehört. Nervös sah sie sich um, halb in der Erwartung, jeden Moment einer Schar bösartiger Katzen gegenüberzustehen, die nur darauf warteten, sie anzugreifen. Aber der Wald lag ganz still da und wirkte noch trostloser, als sie ihn sich vorgestellt hatte: eine karge Einöde. Waren Aschenpelz und sie wirklich die einzigen Katzen hier?
Die Stille war fast unheimlicher als eine Horde grausamer, angriffslustiger Gegner. Ihr fiel ein, was die Katzen aus dem SternenClan erzählt hatten, als sie und Blattsee nach ihren schweren Verletzungen unter ihnen gewandelt waren: dass der Wald der Finsternis fast leer sei. Aber den Ort nun mit eigenen Augen zu sehen, war doch gruseliger, als sie erwartet hätte.
»Ich weiß, dass der SternenClan dich aufgenommen hat«, sagte sie zu Aschenpelz. »Ich bin dir dort begegnet. Was machst du dann hier? Und wo sind alle anderen Katzen?«
»Das Leben nach dem Tod lässt sich eben nicht so einfach erklären«, erwiderte Aschenpelz, eine Antwort, nach der sie nicht wirklich klüger war.
Neues Entsetzen durchfuhr sie und jedes Haar in ihrem Fell stellte sich auf. »Bin ich tot?«, stieß sie hervor und fragte sich, ob sie am Ende doch im Mondsee ertrunken war.
Aschenpelz schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe dich hierhergebracht, damit wir zusammen sein können.«
Voller Verehrung sah der graue Kater sie an. Eichhornschweif fand das noch viel beängstigender als eine offene Drohung. Langsam wich sie zurück, den Blick unverwandt auf ihn gerichtet.
Doch schon nach ein paar Pfotenschritten stolperte sie über etwas Weiches, Felliges und stürzte. Einen kurzen Moment lang verschwamm alles vor ihren Augen, doch als sie wieder richtig sehen konnte, lag neben ihr eine schmerzhaft vertraute Gestalt.
»Brombeerstern!«, hauchte sie. Obwohl sie wusste, dass es vergeblich war, streckte sie die Pfote aus und rüttelte ihren Gefährten an der Schulter. »Wach auf … bitte, wach doch auf!« Doch auf ihren bekümmerten Ruf kam keine Reaktion. Eichhornschweif zog die Pfote zurück. »Er ist tot«, flüsterte sie.
Sie vermutete, dass Aschenpelz eines von Brombeersterns neun Leben gestohlen hatte, um im Moment des Todes von seinem Körper Besitz zu ergreifen. Brombeersterns Geist war unter den lebenden Clan-Katzen gesehen worden, und später hatte Schattenhelle, der junge SchattenClan-Heiler, behauptet, er hätte Brombeersterns Geist befreit, der von Aschenpelz im Wald der Finsternis gefangen gehalten worden sei. Doch seitdem hatte keine Katze Brombeerstern mehr gesehen. Beim Anblick der leblosen Gestalt vor ihr schmerzte Eichhornschweifs ganzer Körper aus Angst, ihr Gefährte könnte für immer verschwunden sein.
»Ein Körper ohne Geist überlebt nicht lange«, erklärte Aschenpelz mit unbewegter Stimme. »Brombeerstern hat seinen Zweck erfüllt.«
Am liebsten hätte sich Eichhornschweif mit ausgefahrenen Krallen und gebleckten Zähnen auf diesen grausamen, arroganten Kater gestürzt und ihm die Kehle zerfetzt. Wie gern hätte sie ihren Abscheu in einem hasserfüllten Kreischen laut herausgeheult. Stattdessen zwang sie sich, ruhig zu bleiben und nachzudenken.
Alles, was sie getan hatte, jeder Plan, den sie geschmiedet hatte, seit sie wusste, dass ein Betrüger Brombeersterns Körper gestohlen hatte, war in der Absicht geschehen, ihren Gefährten und den Clan zu retten. Nun stand sie ihrem gefährlichsten Gegner gegenüber. Aschenpelz würde alles tun, um sie in diesem Wald festzuhalten. Oder um sie leiden zu lassen, wenn sie ihn abwies. Und wir sind hier am sternenlosen Ort. Ein Schaudern durchfuhr sie – es war ein Ort des Schreckens und der Verzweiflung, wo Aschenpelz die Regeln kannte und sie nicht. Wie hätten selbst die Monde als Zweite Anführerin des DonnerClans sie auf das hier vorbereiten können?
Aber ich werde herausfinden, was ich tun muss. Sie blinzelte entschlossen. Ich werde entkommen und zu meinem Clan zurückkehren – und ich werde den echten Brombeerstern mit mir zurückbringen. Sie fuhr die Krallen aus, sammelte jeden Fetzen Mut, den sie in sich fand, und wappnete sich für das, was auf sie zukam. Koste es, was es wolle.
Der Mond war hinter den Bäumen oberhalb des DonnerClan-Lagers verschwunden. Stachelfrost vermutete, dass bald der Morgen anbrechen würde. Ruhelos lief sie am Rand des Felsenkessels auf und ab; sie war so müde, dass jeder Pfotenschritt eine große Anstrengung bedeutete, und doch war da etwas in ihr, dass sie nicht still stehen ließ. Und damit war sie nicht allein. Keine Katze schlief: Alle ihre Clan-Gefährten tappten ebenfalls hin und her und schauten sich mit zuckenden Schwänzen und Schnurrhaaren nervös an. Ihre Anspannung war so deutlich zu spüren wie Spinnweben, die an ihren Pelzen klebten und sich von einer Katze zur nächsten zogen, bis sie den gesamten Clan umfingen.
Löwenglut und ein paar andere Krieger waren verschwunden und keine der zurückgebliebenen Katzen schien zu wissen, was nun zu tun war. Vermutlich, weil sie in diesem Moment Aschenpelz töten, der in Brombeersterns Körper steckt. Stachelfrost erschauderte. Kein Wunder, dass alle Katzen Ameisen im Pelz haben.
Ihr Herz zog sich zusammen, es wurde fast erdrückt von Trauer und Angst. Sie konnte sich den DonnerClan ohne seinen klugen, mutigen Anführer einfach nicht vorstellen. Eichhornschweif wäre eine mehr als würdige Nachfolgerin für ihn, aber wie sollte sie den Clan ohne die Hilfe ihrer Geistervorfahren richtig führen? Ein paar von Stachelfrosts Gefährten hatten den Clan bereits verlassen. Waren die übrigen dazu verdammt, sich zu zerstreuen und ein armseliges Leben als Streuner zu führen, ohne das Gesetz der Krieger, das sie leitete?
Wie soll sich der DonnerClan davon nur wieder erholen?
Endlich bemerkte sie, wie der Himmel sich aufhellte und die Umrisse der Bäume über ihr allmählich sichtbar wurden. Der Morgen brach an. Die lange, quälende Nacht war endlich zu Ende.
Im gleichen Moment erhaschte sie eine Bewegung an der Mündung des Dornentunnels. Zweigast, die dort Wache hielt, sprang auf, und Stachelfrost rannte durch das Lager zu ihr, dankbar dafür, dass es endlich etwas zu tun gab. Sie machte sich auf einen Angriff gefasst oder auf die Rückkehr von Löwenglut und seiner Patrouille, stattdessen trat eine einzelne Katze auf die Lichtung.
»Schnipskralle!« Stachelfrosts freudiger Ruf hallte durch das Lager.
Ihr Bruder hatte zu den Katzen gehört, die den Clan für eine »Wanderschaft« verlassen hatten. Er und einige andere Katzen hatten erklärt, so eine »Wanderschaft« sei eine gute Möglichkeit, um in Ruhe über alles nachzudenken. Keine Katze war sich sicher gewesen, ob sie zu einem Clan zurückkehren würden, der so anders geworden war, deshalb hatte Stachelfrost sich eigentlich schon damit abgefunden, ihren Wurfgefährten nie mehr zu sehen. Doch nun stand er gesund und kräftig vor ihr und schaute sich im Lager um, sichtlich überrascht darüber, sämtliche Katzen außerhalb der Baue zu sehen. Stachelfrost liebkoste seine Schulter und sog seinen vertrauten Geruch in sich ein. Plötzlich regte sich neue Hoffnung in ihr, dass das Leben nicht für immer so dunkel und leidvoll blieb und dass irgendwann eine Zeit kam, in welcher der DonnerClan wiederauflebte und gedieh.
Hinter Stachelfrost ertönten noch mehr Willkommensrufe. Auch der restliche Clan eilte herbei, um Schnipskralle zu begrüßen. Ihre Schwester Nelkenohr drängte sich zusammen mit ihren Eltern Efeusee und Rauchklang durch die Menge. Sie warfen den jungen Kater fast um, als sie freudig um ihn strichen, ihre Schwänze um seinen schlangen und ihm die Ohren leckten.
»He, ihr erstickt mich ja fast!«, beschwerte er sich fröhlich.
»Ich bin so froh, dass du zurückgekehrt bist!«, schnurrte Efeusee freudig. Sie schmiegte sich an ihr Junges, das sie für immer verloren geglaubt hatte. »Du warst fast einen ganzen Mond lang weg, deswegen fürchtete ich schon, du würdest nie mehr zurückkommen.«
Auch Stachelfrost sah ihren Wurfgefährten liebevoll an, in der Hoffnung, dass er merkte, wie glücklich sie war. Eichhornschweif hatte den Katzen, die zu dieser »Wanderschaft« aufgebrochen waren, gedroht, wenn sie nicht innerhalb eines Monds zum DonnerClan zurückkehrten, wären sie im Clan nicht länger willkommen. Doch außer Dornenkralle, einem älteren Kater, der nach einem Viertelmond schon wieder ins Lager zurückgetappt kam, weil er fand, er sei zu alt, um anderswo ein neues Leben anzufangen, war keine der anderen bislang wiederaufgetaucht.
»Ich bin froh, wieder hier zu sein«, entgegnete Schnipskralle. »Ich bin unterwegs auf viele Gefahren gestoßen, und dabei ist mir klar geworden, dass ich lieber meinen Clan an meiner Seite haben möchte, wenn ich mich solchen Gefahren stellen muss. Ich weiß jetzt, dass der DonnerClan der richtige Platz für mich ist. Aber … was geht hier eigentlich vor?« Fragend musterte er die Katzen, die sich um ihn drängten. »Warum seid ihr alle so früh wach?«
Ein lauter Chor von Stimmen ertönte, um auf diese Frage zu antworten, doch Schnipskralle wandte sich an Stachelfrost. »Sag du es mir«, bat er.
»Schlimme Dinge sind passiert, Schnipskralle«, antwortete sie. »Die Anführer haben gemeinsam beschlossen, Aschenpelz zu töten. Und vielleicht tun sie das in diesem Moment – oder sie haben es schon getan.«
Schnipskralles fröhlicher Blick verdüsterte sich, er starrte sie entsetzt und betroffen an. »Aber das heißt ja …« Seine Stimme erstarb, als könnte er es nicht ertragen, die Worte auszusprechen.
»Ja, Brombeersterns Körper wird sterben«, beendete Stachelfrost den Satz für ihn mit ruhiger Stimme, obwohl ihr Herz vor Kummer und Angst laut heulte.
Einen Moment lang schwiegen sämtliche Katzen auf der Lichtung, bis schließlich Zweigast das Wort ergriff, offenkundig in der Absicht, die Anspannung zu lösen und das Thema zu wechseln. »Schnipskralle, wo sind die anderen Katzen, die mit dir zusammen das Lager verlassen haben? Dornenkralle ist ja schon zurückgekehrt, aber was ist mit dem Rest?«
Schnipskralle schüttelte traurig den Kopf. »Ein paar Tage, nachdem wir das Lager verlassen hatten, haben wir uns getrennt. Graustreif und ich sind zu den Bergen aufgebrochen, um den Stamm des eilenden Wassers zu besuchen, wo sein Sohn Sturmpelz lebt.« Mit deutlich munterer Stimme fuhr er fort. »Es war richtig toll dort! Ich habe mich mit Sturmpelz’ Sohn angefreundet, Feder von fliegendem Habicht, und er hat mir beigebracht, wie die Stammeskatzen in den Bergen jagen, und dann ist ein Haufen Steine auf mich gefallen und mein Bein war verletzt, aber –«
»Was?«, unterbrach ihn seine Mutter Efeusee. »Steine sind auf dich gefallen?«
»Ja, aber das war nicht so schlimm.« Schnipskralle schnippte gleichmütig mit dem Schwanz. »Und dann –«
»Du hast dich am Bein verletzt?« Nun war es Häherfeder, der den Bericht unterbrach und sich zu Schnipskralle durchdrängte. »Welches Bein war es?«
»Das hier.« Schnipskralle hob ein Hinterbein an, dann fiel ihm ein, dass Häherfeder ja nicht sehen konnte, was er da machte, also stupste er ihn damit an. »Steinsager hat die Verletzung geheilt. Ich musste mein Bein ein paar Sonnenaufgänge lang schonen, aber jetzt ist alles wieder gut.«
»Es ist erst dann gut, wenn ich es sage«, knurrte Häherfeder. »Du kommst nachher in meinen Bau, dann schaue ich mir das Bein an.«
»Einverstanden«, maunzte Schnipskralle fröhlich. Stachelfrost dachte bei sich, dass mit seinem Bein wirklich alles in Ordnung sein musste, wenn es ihn den ganzen Weg von den Bergen zurück zum Lager getragen hatte. »Jedenfalls«, fuhr der junge Kater fort, »hat mir die Zeit bei den Stammeskatzen gezeigt, dass ich nach Hause kommen und mithelfen möchte, dass der DonnerClan wieder so stark wird, wie er früher mal war. Aber Graustreif –«
»Ja, genau, wo ist Graustreif eigentlich?«, fragte eine Katze weiter hinten in der Menge.
»Ich kann euch nicht sagen, wo er jetzt steckt«, erwiderte Schnipskralle, als auch die anderen Katzen die Frage wiederholten. »Nachdem wir den Stamm verlassen hatten, hat er nur gesagt, er würde zurück zu unserem alten Territorium gehen.«
»Was?«, rief Wolkenschweif mit weit aufgerissenen Augen und steil aufgestelltem Schwanz. »Aber das … das ist vollkommen mäusehirnig! Wir haben den alten Wald doch verlassen, weil die Zweibeiner ihn zerstört haben. Davon wird nichts mehr übrig sein!«
»Vielleicht ein paar Bäume«, murmelte seine Gefährtin Lichtherz und schmiegte ihre Schnauze an sein Ohr. »Ich würde zu gerne noch mal dorthin zurück und mir anschauen, wie es jetzt aussieht.«
»Ich auch«, stimmte Birkenfall zu. »Ich war noch ein Junges, als wir weggegangen sind, aber ich kann mich noch genau an das alte Lager erinnern.«
Wolkenschweif schnaubte nur. »Selbst wenn es das Lager noch geben sollte« miaute er, »verstehe ich trotzdem nicht, welchen Nutzen Graustreif darin sieht, den weiten Weg auf sich zu nehmen.«
»Er wollte herausfinden, ob er über den Mondstein vielleicht wieder Kontakt zum SternenClan aufnehmen kann«, erklärte Schnipskralle.
Erstaunte Rufe ertönten unter den versammelten Katzen.
»Oh, wenn ihm das nur gelingen würde!«, miaute Erlenherz aufgeregt.
»Das wäre durchaus möglich«, entgegnete Schnipskralle mit hoffnungsvoll leuchtenden Augen. »Graustreif ist eine kluge Katze, und wenn er denkt, es könnte sich lohnen, diesen langen Weg auf sich zu nehmen, dann stehen die Chancen gut, dass es klappt.«
Stachelfrosts gesamter Pelz kribbelte vor neu erwachter Hoffnung. Wenn Graustreif eine Verbindung zum SternenClan herstellen kann, kann er ihn vielleicht auch zu uns zurückbringen. Vielleicht wird dann endlich alles wieder normal! Vielleicht bekommen wir dann unseren alten Anführer wieder zurück.