Für meinen Enkel
Callahan Thomas Fetrow
Vorwort
Einleitung
Vom Überleben zum Wohlbefinden
Ihr Weg durch dieses Buch
Kapitel 1
Positive Psychologie als Wissenschaft der Zuversicht
Der Richtungswechsel der Psychologie – weg von der Beschäftigung mit der Vergangenheit hin zur Gestaltung der Zukunft
Die Rolle der Hoffnung in unserem Leben
Zuversicht verleugnet nicht das Negative
Schon mit geringem Aufwand kann man Hoffnung wecken
Die Neigung, sich immer dem Negativen zuzuwenden
Die ausgleichende Kraft der Positivität
Evolutionäre Reaktionen durch Hoffnung ergänzen
Sieben Entscheidungen, die Hoffnung machen (oder einschränken)
Hoffnung bedeutet, die Zukunft zu bewerten und zu beeinflussen
Wie man Perspektivwechsel einsetzt, um Zukunftsträume zu ermöglichen
Positive Emotionen wahrnehmen und aktivieren
Die Aufmerksamkeit lenken, um das Selbstnarrativ zu verändern
Dankbarkeit verändert die Struktur des Gehirns
Kapitel 2
Möglichkeiten sehen
Der Unterschied zwischen einem fixierten und einem wachstumsfähigen Mindset
Wenn man sich nicht für Veränderung entscheidet, beschließt man, die Dinge so zu lassen, wie sie sind
Die Fantasie kann uns Möglichkeiten eröffnen
Die Pflege der Hoffnung setzt eine absichtsvolle Bemühung voraus
Zuversicht wächst durch Ungewissheit
Hoffen kann man trainieren
Wenn man sich darauf konzentriert, was man nicht hat, kann man nicht sehen, was man hat
Die Biochemie unserer Aufmerksamkeit
Ein Leben voller Möglichkeiten hängt nur von Ihnen ab
Kapitel 3
Schönes, Hilfreiches und Gutes wahrnehmen
Unser innerer Zustand bestimmt unsere Erfahrungen
Was erwarten Sie zu sehen?
Um sich zu befreien, muss man zuerst erkennen, dass man feststeckt
Ertappen Sie Ihre Gedanken, um den Raum für Wahlmöglichkeiten zu öffnen
Subtile Bewusstheit als Basis für die Verschiebung des Blickwinkels
Herausforderungen als Möglichkeiten sehen
Kapitel 4
Positive Gefühle pflegen
Die Biochemie negativen und positiven Denkens
Mit positiven Emotionen eine Aufwärtsspirale auslösen
Die weitreichenden Wirkungen des Optimismus
Was wollen Sie im Leben erreichen?
Die Verkörperung eines wohlwollenden Selbst
Kapitel 5
Den Fokus auf die eigenen Stärken legen
Schöpfen Sie Ihr angeborenes Potenzial aus
Charakterstärken, die verborgenen Superkräfte
Ein Handbuch zur Feststellung unserer Qualitäten
Kann man Charakterstärken zu wenig oder im Übermaß einsetzen?
Die Gabe, seine Stärken anzuwenden
Kapitel 6
Herausfordernde Ziele setzen
Ihre Ziele müssen von anderen unterstützt werden
Seien Sie SMART bei der Setzung einfacher Ziele
Denkfallen, die uns von unseren Zielen fernhalten
Gedankenfallen demontieren, um neue Zukunftsaussichten zu gewinnen
Durch Nacht zum Licht – durch angepasste Ziele und Mikroziele
Den Stress von Anstrengungen neu bewerten
Lernen bringt Aufwärtsschwung
Kapitel 7
Einen Lebenssinn finden
Die Gefühle von Anziehung und Abstoßung maximal nutzen
Die Anziehung eines echten Ziels spüren
Kleine Erfolge bauen Zuversicht auf
Mit kleinen Schritten große Möglichkeiten schaffen
Mit Taten Gefühle beeinflussen
Spielen Sie sich aus der Depressionsfalle heraus
Kapitel 8
Beziehungen wertschätzen
Die Verbindung von Beziehungsqualität mit Gesundheit und Wohlbefinden
Dankbarkeit für Beziehungen
Kleine Schritte zum Aufbau von Beziehungen
Eine umfassendere Definition von Liebe
Lebensgewohnheiten ändern
Kintsugi: Die Kunst der kostbaren Narben
Positivität äußern, um Beziehungen zu erhalten
Kapitel 9
Leben, wie man es sich erträumt hat
Die Macht der Überzeugungsmodifikation
Keinen Tag auslassen
Danksagung
Anmerkungen
»Hoffnung heißt jenes gefiederte Ding, das in der Seele nistet,
das Lied ohne Worte singt und niemals damit aufhört.«Emily Dickinson
»Ein Neugeborenes ist wie der Anfang aller Dinge –
Staunen, Hoffnung, ein Traum aus Möglichkeiten.«Eda LeShan
Ende der 1950er-Jahre führte der Psychologe Ellis Paul Torrance ein Experiment an zwei Grundschulen in Minneapolis durch, um das Geheimnis der kreativen Erfüllung zu finden. Neben zahlreichen Tests stellte er den Kindern eine scheinbar harmlose Frage: »Was begeistert dich?« Dann begleitete er die Entwicklung der Kinder über zwanzig Jahre, um herauszufinden, welche seiner Tests geeignet waren, eine plausible Voraussage über ihre Kreativität als Erwachsene zu treffen.
Zu seinem Erstaunen stellte Torrance fest, dass die Begeisterung, mit der die Kinder das Bild beschrieben, das sie von ihrer Zukunft hatten, in höherem Maße die kreative Erfülltheit im Erwachsenenalter voraussagte als all seine anderen Tests zu intellektuellem Potenzial und schulischen Erfolgen. Er schrieb:
»Die an- und aufregendsten Momente des Lebens finden in den Sekundenbruchteilen statt, in denen sich unsere Mühen und unser Suchen plötzlich zu etwas strahlend Neuem kristallisieren, zu einem Bild der Zukunft … Eine der stärksten Quellen für kreative Energie, Leistungsfähigkeit und Selbstverwirklichung scheint die Begeisterung zu sein – für einen Gegenstand, für den eigenen Traum, für ein Bild von der Zukunft.«1
Positive Bilder der Zukunft tragen uns unserer Bestimmung entgegen, trotz aller unvermeidlichen Verwicklungen und Wendungen des Lebens. Jede und jeder von uns hat eine Bestimmung, eine bestmögliche Zukunft. Doch wir stehen uns ständig selbst im Weg und verlieren diese Zukunft aus den Augen. Dabei verlieren wir auch die Hoffnung.
Der humanistische Psychologe Abraham Maslow stellte die Behauptung auf, dass es zwei grundverschiedene Reiche der menschlichen Existenz gebe. Im Reich des Mangels werden wir von den Dingen motiviert, die uns fehlen. Wir trachten danach, uns die Welt gefügig zu machen, so als riefen wir immerzu: »Liebe mich!«, »Akzeptiere mich!«, »Achte mich!«. Tritt man jedoch in das Reich des Seins ein, so hat man das Gefühl, eine beschlagene durch eine klare Linse zu ersetzen. Plötzlich sieht man die Welt und die Menschen so, wie sie wirklich sind: nicht als Mittel zum Zweck, sondern als Zweck an und für sich. Wir würdigen die Einzigartigkeit aller Menschen und erkennen, dass sie sich, wie wir, auf ihrem eigenen Weg der Selbstverwirklichung befinden. Außerdem öffnen wir uns jeder Gelegenheit zu wachsen. Wenn wir nicht mehr hauptsächlich durch Mängel motiviert werden, können wir den ganzen Reichtum des Lebens – das Beglückende ebenso wie das Traurige – mit Neugier bejahen und erforschen. Mit hochgeklapptem Visier sehen wir endlich die Schönheit der Welt und gleichzeitig die wunderbaren Möglichkeiten unseres eigenen Lebens.2
Seit einiger Zeit erforschen Psychologen die seelischen Grundlagen von Fantasie, Zuversicht und Offenheit. Dabei schält sich allmählich heraus, dass wir keine Sklaven unserer Vergangenheit sein müssen; wir können die Zukunft steuern. Es gibt einen Werkzeugkasten für Zuversicht – Fähigkeiten, die man sich angewöhnen kann, um den Kompass auf die eigene positive Bestimmung zu richten. Zwar ist viel über die Werkzeuge der Positiven Psychologie geschrieben worden, doch eine verbindende Theorie der Hoffnung und Zuversicht gab es bislang nicht. Das ändert sich jetzt.
Dan Tomasulo hat einen Schatz an Hilfsmitteln zusammengestellt, ein Leseerlebnis, wie man es nur selten im Leben findet. Sie werden lernen, Ihren Blickwinkel von Grund auf zu verändern und sich der Fesseln Ihres Bewusstseins zu entledigen. Ich kann mir keinen besseren Cicerone vorstellen; Tomasulo ist einer der nachdenklichsten, mitfühlendsten Menschen, die ich kenne – abgesehen davon, dass er ein außerordentlich sensibler, verständnisvoller Kliniker der Positiven Psychologie ist.
Dieses Buch ist nicht naiv optimistisch, sondern weise. Tomasulo verlangt nicht, dass Sie die Realität Ihres Leids ausblenden; er vermittelt Ihnen, wie Sie Ihr inneres Gleichgewicht wiederherstellen können, indem Sie Ihre Achtsamkeit steigern und sich von neuem bewusst machen, wie Ihre Zukunft aussehen könnte. Dieses Buch wird Ihnen helfen, die Gabe der Fantasie dafür zu nutzen, sich – vermutlich enger als je zuvor – mit Ihren größten Stärken und Lebensmöglichkeiten zu verbinden.
Um in Maslows Begriffswelt zu bleiben: Dieses Buch wird Ihnen helfen, das Reich des Mangels zu transzendieren und – in Tomasulos Worten – das »Hoffnungsprogramm« einzuschalten. Vielleicht haben Sie Ihr ganzes Leben lang, bis jetzt, nur ein sehr verschwommenes Bild von Ihrer Zukunft gehabt. Ein deutlicheres Bild wird zwar nicht wie mit Zauberhand alle negativen Möglichkeiten aus Ihrem Leben entfernen, aber Sie werden lernen, sie in die richtige Perspektive zu rücken. Indem Sie Ihren Blick schärfen für das positive Potenzial, das bereits in Ihnen schlummert, werden Sie mehr Zuversicht und Hoffnung in sich aufbauen, als Sie es je für möglich gehalten haben.
Scott Berry Kaufman
»Hoffnung ist nicht so etwas
wie ein Garantieschein, sondern Ausdruck von Energie, und häufig ist diese Energie besonders stark unter den finstersten Umständen.«John Berger
Als meine Ehe nach dreißig gemeinsamen Lebensjahren scheiterte, musste ich lernen, zuversichtlich zu sein. Da Sie dieses Buch in die Hand genommen haben, ist vielleicht auch in Ihrem Leben etwas ohne Vorwarnung eingetreten. Wie ein Schiff, das mit einem ungesehenen Eisberg kollidiert, ist Ihr Boot gesunken, und Sie kämpfen um Ihr Leben. Wenn so etwas geschieht, fühlen wir uns verunsichert und wissen nicht mehr, wie wir unser Leben fortsetzen sollen. Ich neige normalerweise nicht zu Depressionen. Ich bin gewöhnlich gut gelaunt, energiegeladen und lasse mich durch Rückschläge nicht entmutigen. Daher wurde ich, als meine Frau und ich uns trennten und dann scheiden ließen, von meiner trüben Stimmung, geringen Energie und dem Verlust jeglicher Begeisterung völlig aus der Bahn geworfen. Am schwierigsten war die Arbeit. Es gibt nichts Schlimmeres als einen depressiven Psychologen. Ich arbeitete weiter in der Klinik, aber es fiel mir schwer, Leuten zuzuhören, die über ihre Depressionen sprachen, während ich meine eigene kaum verkraften konnte. Sie glauben, das ist schlimm? Dann lassen Sie sich erzählen, wie es mir ergangen ist …
Ich kam in Kontakt mit der Positiven Psychologie. Mein bester Freund machte eine Fortbildung zum positiven Psychologen, und er riet mir, deren Techniken auszuprobieren – zum Beispiel jeden Morgen den vorigen Tag durch die Linse der Dankbarkeit zu betrachten – oder jemand anderem etwas Gutes zu tun. Zunächst schien es, als würde ich mit Erbsen auf einen Panzerkreuzer schießen. Wie sollten diese kleinen Änderungen etwas gegen den riesigen Schmerz in meinem Innern ausrichten? Aber nichts anderes half. Ich brauchte Hilfe, um mein Leben und meine Zukunft wieder wertzuschätzen. Das war früher nie ein Problem gewesen, aber nun kam es mir unmöglich vor.
Alles, wofür ich gearbeitet, worauf ich gehofft und woran ich geglaubt hatte, lag scheinbar in Trümmern. Meine Vision für die Zukunft beschränkte sich aufs bloße Überleben. Dankbar zu sein und anderen Gutes zu tun, entsprach nicht meinen Vorstellungen von Genesung. Es kam mir zu schlicht, zu einfach, zu uneffektiv vor, um mir aus meiner Niedergeschlagenheit zu helfen. Ich musste mich mit äußerst schmerzhaften finanziellen, sozialen und emotionalen Problemen herumschlagen. Wie sollte sich das verändern, wenn ich meinen elenden Tag durch die Linse der Dankbarkeit betrachtete?
Mein Freund blieb dennoch beharrlich und schleifte mich mit auf den ersten Kongress der International Positive Psychology Association, wo ich zum ersten Mal von der tiefgreifenden Forschung erfuhr, die auf diesem Gebiet stattfindet. Wenn das, was hier vorgestellt wurde, auch nur ansatzweise stimmte, dann stand die Psychologie vor einer neuen Morgenröte. Ich erfuhr, dass die Positive Psychologie sich mit den Stärken befasst, die Menschen und Gemeinschaften befähigen, aufzublühen und zu gedeihen, denn sie basiert auf der Überzeugung, dass alle Menschen nach einem erfüllten, bedeutungsvollen Leben streben, und sie richtet ihr Augenmerk darauf, wie man die inneren Stärken am besten fördern kann. Die Forschung hat das Ziel, dass man sich öfter glücklicher fühlt, indem man Liebe, Arbeit und Spiel intensiver erlebt. Diese Herangehensweise bot mir einen Vorgeschmack auf echte Zuversicht.
Auf einfachste Weise vermittelte mir diese Forschung, dass es möglich war, etwas an meinen Gefühlen zu ändern, dass ich meine Gefühle aktiv verwandeln konnte. Nach meiner ganzen Ausbildung, meiner Berufserfahrung und bei aller Supervision kam ich hier zum ersten Mal zu der Überzeugung, dass düstere Gefühle tatsächlich verändert und nicht nur ertragen werden können. Dieser Gedanke führte dazu, dass ich mir die Erkenntnisse und die Praktiken der Positiven Psychologie zu eigen machte, die mich lehrten, wieder Hoffnung zu schöpfen.
Das Feld der klinischen Psychologie konzentriert sich herkömmlicherweise darauf, die Probleme, die emotionalen Schmerz und Geisteskrankheiten verursachen, zu identifizieren und dann daran zu arbeiten, die Symptome zu mildern. Funktionieren unsere Methoden – verschiedene Arten der Gesprächstherapie, manchmal Medikation? Ja. Funktionieren sie gut und nachhaltig? In allzu vielen Fällen muss man das leider verneinen.1 Es lässt sich nicht verhehlen, dass 80 Prozent derer, die von einer Depression geheilt werden, einen Rückfall erleiden.2 Wenn Sie dieses Buch lesen, gehören Sie vielleicht zu diesen 80 Prozent.
Vielleicht haben Sie etwas gefunden, das Ihnen geholfen hat – Therapie, Medikamente, Ernährungsumstellung, Sport, besserer Schlaf, mehr Sonnenlicht –, aber vielleicht hat es nur ein bisschen geholfen oder nur für eine begrenzte Zeit. Die Bemühungen hatten Erfolg, waren aber nicht nachhaltig. Warum? Weil die traditionelle Psychologie und die Medikamente eo ipso nur die halbe Arbeit leisten: Sie holen uns aus dem Loch, aber sie halten uns nicht wirklich davon fern. Der Teufelskreis geht weiter.
Was aber ist mit den 20 Prozent, die gesund werden und keinen Rückfall erleiden? In einer Reihe von Studien, die darauf abzielten, Depressionssymptome zu vermindern, fanden die Forscher heraus, dass die Teilnehmenden durch ganz einfache Methoden, mit denen sie ihre inneren Stärken zu fördern lernten, nicht nur keinen Rückfall erlitten, sondern auch über ein Jahr lang imstande waren, ihr Wohlbefinden aufrechtzuerhalten.3 Sie lernten nicht nur, der Depression auszuweichen, sie lernten ebenso oft, daran zu wachsen.4 Sie lernten Zuversicht.
Wie wir auf diesen Seiten sehen werden, ist Zuversicht – oder Hoffnung, wie ich sie auch nenne – nicht so sehr ein Gemütszustand als vielmehr eine angewöhnte Haltung des Bewusstseins und des Herzens. Und Gewohnheiten kann man ändern.
Hoffnungsfähigkeiten können keine der Behandlungen ersetzen, um eine Depression in den Griff zu bekommen. Wenn Sie eine Depression haben und Medikamente nehmen müssen, dann fahren Sie unbedingt damit fort. Wenn Sie eine körperliche Routine haben, die Ihnen hilft, machen Sie damit weiter. Wenn Sie gesunde Gewohnheiten entwickelt haben wie Sport, guten Schlaf, gesunde Ernährung – dann bleiben Sie dabei! Sie fördern Ihre seelische genauso wie Ihre körperliche Gesundheit. Wenn es auf diesen Gebieten noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt, dann wird Ihnen das, was Sie in diesem Buch lesen, helfen, diese Verbesserungen anzugehen.
Gewohnheiten des Herzens, des Bewusstseins und Körpers wirken sich positiv oder negativ auf unsere Stimmung aus, je nachdem. In diesem Buch will ich eine Reihe von Gewohnheiten von Herz und Bewusstsein vorstellen, die dazu dienen, unser Wohlbefinden zu fördern. Wenn wir der Wissenschaft der Positiven Psychologie folgen, die sich mit dem emotionalen Wohlbefinden beschäftigt, können wir den Einfluss, den gesunde Strategien auf unser Leben haben, maximieren. Und Sie werden zusätzliche Werkzeuge kennenlernen, mit denen Sie Ihre bisherigen Lebensroutinen erweitern können.
Die Praktiken der Positiven Psychologie werden Ihren Werkzeugkasten bereichern, mit dem Sie nicht nur Niedergeschlagenheit, negative Gedanken und Trauer bekämpfen, sondern auch Ihre positiven Eigenschaften formen und fördern. Genuss, Achtsamkeit, Vertrauen, Hoffnung, Wohlbefinden und Optimismus sind nur einige der seelischen Bereiche, die Sie für sich stärken werden. Wenn Sie Instrumente an die Hand bekommen, die sowohl Ihr Leid lindern als auch Ihr Wohlfühlen steigern, dann lernen Sie, sich aus einem negativen Bereich herauszuarbeiten, auch draußen zu bleiben und ein glücklicheres Leben zu führen.
Es ist nämlich einfach so: Nicht deprimiert zu sein ist nicht dasselbe, wie glücklich zu sein. Ob Sie nun mit einer milderen oder einer schlimmeren Form der Depression kämpfen, Sie werden lernen, die Hoffnung zu stärken und glücklicher zu sein. Die Werkzeuge der herkömmlichen Psychologie dienen dazu, Leid zu lindern. Die Werkzeuge der Positiven Psychologie fördern das Wohlbefinden. Die Verbindung aus beidem führt zu einer echten und nachhaltigen Veränderung. Diese Fähigkeiten haben die Kraft, Ihr Welterleben zu verändern.
Wenn wir keine Fortschritte machen, so liegt das daran, dass wir die Hindernisse nicht sehen, die wir uns selbst in den Weg legen, einschließlich unserer eigenen Entscheidungen und Gedankenschleifen. Immerfort kreisende Gedanken rauben uns Energie und blockieren unsere Positivität. Die Abwärtsspirale negativer Gedanken ist wie ein Zug ohne Bremse – sie führt dazu, dass wir unsere Situation als fest und unveränderbar wahrnehmen. Wenn Sie jemals zu erschöpft waren, um auch nur zu versuchen, aus Ihrer Niedergeschlagenheit herauszufinden – so sind Sie nicht allein.
Was uns vertraut ist, zieht uns an, und wenn das Vertraute eben aus negativem Denken besteht, dann wird es uns schwerfallen, Positives überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Das ist ein circulus vitiosus, und dieses Buch wird Sie lehren, diesen Teufelskreis zu unterbrechen und seine Richtung umzukehren – von heute an. Einige Werkzeuge, die Sie in diesem Buch erlernen werden, helfen Ihnen, sich aus der Vergangenheit zu befreien, andere werden Ihnen helfen, die Gegenwart wirklich zu erleben und Ihre Zukunft neu zu gestalten. Die besten Praktiken können all dies gleichzeitig erreichen.
Das Buch ist so strukturiert, wie ich auch meinen Klientinnen und Klienten diese Prinzipien nahebringe. Das erste Kapitel gibt Ihnen Grundkenntnisse über die Prinzipien der Positiven Psychologie und der Forschung, die sich mit der effektiven Unterbrechung depressiver Abwärtsspiralen beschäftigt. Es wird Sie auch mit einigen Übungen vertraut machen, die Ihnen einen Eindruck vermitteln, wie wirkungsvoll diese Instrumente sein können. Jedes der dann folgenden sieben Kapitel handelt von einer Entscheidung, die Sie treffen können, um Zuversicht zu erlernen, sowie von den Werkzeugen, die dabei helfen, diese neuen Gewohnheiten zu entwickeln. Wenn sie zur Gewohnheit werden, wird es zunehmend leichter, diese Werkzeuge anzuwenden.
Entscheidung |
Werkzeuge, um: |
Möglichkeiten sehen |
die eigenen Überzeugungen über unsere Einschränkungen anzufechten |
Die Wahrnehmung verändern |
negative Überzeugungen in zuversichtliche zu verwandeln |
Gefühle formen |
positive Emotionen zu üben |
Eigene Stärken erforschen |
die besten Charaktereigenschaften herauszufinden, um das Leben zu verbessern |
Mikroziele setzen |
Ziele zu setzen, die so angepasst sind, dass sie motivierend wirken |
Einen Lebenssinn finden |
Lebensprioritäten zu entwickeln und herauszufinden, was einem wichtig ist |
Beziehungen wertschätzen |
Zu anderen eine Verbindung aufzubauen und zu lernen, wie man gibt und empfängt |
Jedes der folgenden Kapitel wird die Grundideen vorstellen, die wir durcharbeiten wollen, in die Forschung einführen und Ihnen durch Explorationsübungen zu neuen Fähigkeiten und praxisbezogenen Werkzeugen verhelfen. All dies wird Ihre Zuversicht, Resilienz und Ihr Wohlbefinden stärken. Außerdem werde ich von beispielhaften Fallstudien berichten. Alle Namen und Details sind gemäß den Richtlinien der American Psychological Association zur Verwendung von Fallstudien durch Fremdnamen etc. ersetzt worden.
Damit Sie Ihre Fortschritte verfolgen können, schlage ich vor, dass Sie ein Tagebuch führen, in handschriftlicher oder digitaler Form. Es ist mir wichtig, dass Sie spüren, was geschieht, wenn wir diese Explorationen unternehmen, damit Sie ihre Wirkung abschätzen können. Am effektivsten ist es, wenn Sie die Übungen immer gleich durchführen. Ich weiß, dass die Versuchung groß ist, weiterzulesen und die Aufgaben auf später zu verschieben, aber wenn Sie sie machen, sobald sie im Buch auftauchen, nehmen Sie deutlicher wahr, wie es sich anfühlt, wenn wir unseren Blickwinkel und die Art, wie unser Gehirn Informationen verarbeitet, verändern. Das wird Ihnen immer wieder vor Augen führen, was wie funktioniert hat.
Fangen wir an – die Hoffnung steht vor der Tür.
Kapitel 1
»Im Leben geht es nicht darum, sich selbst zu finden.
Es geht darum, sich selbst
zu erschaffen.«George Bernard Shaw
In New York steige ich oft an der Penn Station um, und im Lauf der Jahre habe ich dort viele bettelnde Obdachlose erlebt sowie talentierte Instrumentalisten, die für das Kleingeld der Pendler musizieren. Eines Nachmittags spielte ein hervorragender Geiger ein unbekanntes Violinkonzert, das ein beträchtliches Publikum anzog. Da witterte ein Obdachloser seine Chance und begann, die Zuhörer um Geld anzubetteln. Er hielt jedem seinen Kaffeebecher mit Kleingeld hin, schüttelte ihn und erklärte dazu, er brauche »nur einen Vierteldollar«. Den meisten ging sein störendes Verhalten auf die Nerven, mich eingeschlossen.
Schließlich landete er bei jemandem, der einfach nur den Kopf schüttelte und auf den Geiger deutete. Als erwachte er jetzt erst aus einer Trance, begann der Obdachlose, leise schwankend zuzuhören. Er schien magisch angezogen zu werden von der Musik, und seine zögernden Schritte trugen ihn allmählich direkt vor den Musiker. Er bückte sich und leerte seinen mit Kleingeld gefüllten Kaffeebecher komplett in den offenen Geigenkasten. Dann zeigte er dem Geiger, der dankbar den Kopf neigte, den erhobenen Daumen. Fast jede Person, die Zeuge dieses Augenblicks wurde – auch ich –, zückte das Portemonnaie, um beiden Männern Geld zu geben.
Mir erschien diese Szene in der Penn Station wie eine Allegorie. Man könnte den Obdachlosen als Verkörperung unserer negativen und ärgerlichen Gedanken sehen, die uns hindern, etwas Gutes zu bemerken und zu würdigen. Doch als man ihn darauf aufmerksam machte, wie schön, erhebend und wohltuend die Musik war, und er dem Musiker sein ganzes Vermögen schenkte, bekam der Obdachlose weit mehr zurück. Seine Bedürfnisse wurden unverhofft mit Überfluss gestillt.
Genau dieser Ablauf findet auch in unserer eigenen Wahrnehmung statt. Wenn wir uns von störenden negativen Gedanken ab- und etwas Positivem zuwenden, bekommen wir alles, was wir brauchen – und noch einiges dazu. Als ich während meiner eigenen Depression anfing, Werkzeuge der Positiven Psychologie anzuwenden, ließ zum ersten Mal die Traurigkeit nach, und ich empfand Hoffnung. Ich spürte mehr Energie und Positivität, was mich wiederum dazu motivierte, eine Veränderung in Angriff zu nehmen. Seit ich mich in die Frage vertieft habe, wie Hoffnung funktioniert, blüht mein Leben in einer Weise auf, die ich mir niemals hätte träumen lassen. Und wenn Sie diese Prinzipien anwenden, wird es Ihnen genauso gehen. Sie sollen nicht bloß überleben – es soll Ihnen gut gehen.
Mein Hauptziel ist, Ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, die Sie benutzen können, wenn Sie schwere Zeiten durchmachen, Werkzeuge, die das Leben wieder anfachen und Ihnen eine aktive Rolle darin geben. Es ist enorm wertvoll zu lernen, wie man mit den eher bitteren und schwierigen Aspekten des Lebens umgehen kann, denn daran wachsen wir. Damit wir uns besser fühlen und besser funktionieren, müssen wir unsere Kämpfe und Schwierigkeiten anders wahrnehmen und erleben – nämlich durch die Linse der Hoffnung. Dass wir dies lernen können, ist das große Versprechen der Positiven Psychologie. Hoffnung entsteht, wenn man überzeugt ist, dass eine Veränderung möglich ist, und wenn man das Werkzeug besitzt, sie in die Tat umzusetzen.
Wenn man ein Holzhaus baut, benötigt man zunächst Spaten, um den Boden für das Fundament vorzubereiten, und danach Hammer und Nägel, um die Wände zu errichten. Genauso braucht man verschiedene Werkzeuge, wenn man sich daranmacht, Zuversicht aufzubauen. Hausbauer wie Hoffnungsbauer brauchen einen Plan, einen Grundriss, der sie anleitet. Der Grundriss für die Hoffnung basiert auf der simplen Tatsache, dass wir unsere Zukunft beeinflussen können.
In den 1960er-Jahren stellte Martin Seligman1 folgende Theorie auf: Wenn man sich einmal in seinem Leben hilflos gefühlt und sein Ziel aufgegeben hat, wird in der Folge in vergleichbaren Situationen wieder Hilflosigkeit ausgelöst, was Depressionssymptome verursacht. Ursprünglich erforschten er und Steve Maier, warum Tiere nach einem Schock, der von unkontrollierbaren aversiven Ereignissen ausgelöst wird, nicht die Flucht ergreifen. Aus diesen Studien erwuchs der Begriff »erlernte Hilflosigkeit«, der schließlich auch auf die Passivität angewandt wurde, die daraus resultiert, dass jemand aufgrund einer vergangenen Lernerfahrung unfähig ist oder sich für unfähig hält, das Ergebnis einer bestimmten Situation zu kontrollieren. In den 1960er-Jahren existierten weder das Wissen noch die Technologie, um die Funktionsweise des Gehirns im Einzelnen zu untersuchen. Daher ging man davon aus, dass Depressionen die Folge erlernter Hilflosigkeit seien. Seligmans Forschung und seine Theorie dominierten die Ansichten über Depressionen in der Psychologie – bis vor kurzem.
In ihrer fünfzig Jahre später unternommenen Folgestudie widerlegten die Forscher jedoch ihre ursprüngliche Theorie. Nachdem sie in der Lage waren, alle Neuentwicklungen der Hirnforschung und Biochemie einzubeziehen, kamen sie zu dem Ergebnis: »Passivität als Reaktion auf ein Schockerlebnis ist nicht erlernt. Sie ist die voreingestellte, ungelernte Reaktion auf lang andauernde aversive Ereignisse … die ihrerseits die Fluchtreaktion hemmt.«2 Diese fundiertere Einsicht verlangt, dass wir nach vorne schauen, um Kontrolle zu gewinnen – anstatt rückwärts, um etwas Geschehenes zu verlernen.
Diese neuen Entdeckungen erklären, warum schlimme Erlebnisse bewirken, dass wir Angst haben und passiv werden: durch Voreinstellung. Wir sind von der Evolution so programmiert, dass wir uns totstellen, wenn uns etwas dramatisch Negatives von einiger Dauer zustößt. Wir werden passiv, weil die Evolution uns mit einem Schalter versehen hat, um Energie zu sparen, wenn unsere Lage fast aussichtslos erscheint.
Das bedeutet für die Hoffnung, dass gerade unsere Fähigkeit, zukünftige Kontrollmöglichkeiten zu entdecken und zu erwarten, uns aus den Niederungen heraushilft. Wenn man sich darauf konzentriert, was man in der Zukunft tun kann, statt darauf, was in der Vergangenheit vorgefallen ist, gewinnt man Zuversicht. In den Worten der beiden Forscher: »Wir vermuten, dass die Erwartung auf eine bessere Zukunft die Hauptrolle bei jeder Therapie spielt.«3
Das hat direkte Implikationen für die Entwicklung von Zuversicht. Unsere Motivation hängt davon ab, wie gut wir uns vorstellen können, was noch vor uns liegt. Wenn wir unser Augenmerk nur auf die Dinge richten, die in der Vergangenheit geschehen sind, bleiben wir immer im Dunkeln sitzen. Wenn wir uns auf die Möglichkeiten der Zukunft konzentrieren, können wir im Licht stehen. Die von Maier und Seligman entdeckte Vernetzung im Gehirn, die diese Vorausschau in die Zukunft reguliert, hat passenderweise den Namen hope circuit (Hoffnungsschaltkreis) erhalten.
Nach Martin Seligman, dem »Vater der Positiven Psychologie«, bedeutet Hoffnung die Erwartung, dass zukünftige Unglücksfälle zeitlich begrenzt, spezifisch und beherrschbar sein werden. Für andere Forscher*innen, wie zum Beispiel Charles (Rick) Snyder und Jennifer Cheavens4, hängt Hoffnung damit zusammen, dass man den Weg zu einem Ziel vor sich sieht und die Fähigkeit oder Motivation besitzt, dieses Ziel zu erreichen. Wieder andere Forschende, wie Barbara Fredrickson, verstehen unter Hoffnung eine Ausnahme, weil sie, anders als andere positive Emotionen, nur auf den Plan tritt, wenn unsere Lage problematisch oder zumindest unsicher ist.5 Und Mediziner*innen wie Kaye Herth6 haben herausgefunden, dass Hoffnung sich einstellt, wenn genug Unterstützung vorhanden ist.
Bislang hat sich noch keine umfassende Hoffnungstheorie herausgeschält. Die Forschungsergebnisse gleichen der Parabel von den drei Blinden, die jeweils einen Teil eines Elefanten abtasten und daraufhin beschreiben, wie er aussieht: Jede Beschreibung trifft zu, ist aber nicht vollständig. Darum habe ich mir vorgenommen, die Puzzleteile aus verschiedenen Theorien und Erkenntnissen zusammenzusetzen. Das Ergebnis ist ein Werkzeugkasten, mit dessen Hilfe sich Hoffnung herstellen lässt.
Sehr zuversichtliche Menschen verfügen über große Tatkraft, Energie und Motivation, etwas zu verändern. Sie haben auch einen Plan, einen Weg, um ihr Ziel zu erreichen, und sie verfügen über eine besonders ausgeprägte Fähigkeit, sich neue Wege zu überlegen, wenn sie auf Hindernisse stoßen. Sie sind nicht nur resilient, sondern auch erfinderisch. Darauf wollen wir in diesem Buch hinarbeiten.
Über die Hoffnung zirkulieren verbreitete Missverständnisse, die ich in diesem Kapitel behandeln möchte. Hier ist das erste:
Mythos #1: Hoffnung ist rein positiv.
Tatsache ist: Die Hoffnung ist die einzige positive Emotion, für die Negativität oder Ungewissheit eine Grundbedingung ist.
Die Hoffnung braucht Negativität oder Ungewissheit, um Blüten zu treiben. Gerade Hindernisse, Rückschläge und Enttäuschungen enthalten den emotionalen Dünger für inneres Wachstum.7 Die Geschichte der Psychologie lehrt uns eine Menge über entmutigende Emotionen. Dass die Positive Psychologie das am schnellsten wachsende Spezialgebiet auf diesem Feld ist, liegt an der Wirkung, die positive Emotionen auf negative ausüben können. Durch die Anwendung bestimmter Werkzeuge, die unsere positiven Emotionen aktivieren und verstärken, gelingt es, die negativen Emotionen, die unser Leben manchmal fest im Griff haben, abzuschütteln.
Zuversicht ist deswegen einzigartig, weil sie im Gleichgewicht zwischen Positivem und Negativem lebt. Wie wir sehen werden, erwächst sie aus einer Reihe von Entscheidungen darüber, wie wir Rückschläge interpretieren und uns in der Welt verhalten. Die Hoffnung ist ein Samenkorn, das, einmal im Humus unseres Lebens eingepflanzt, alles tun wird, um ans Licht zu kommen.
Selbstexploration Die Gedanken, die uns hemmen
Eine Haupteigenschaft depressiven Denkens ist das Grübeln. Diese vertrauten, sich wiederholenden Gedanken ziehen uns in eine Abwärtsspirale und rauben uns jegliche Energie für Veränderung. Da wir uns einem Perspektivwechsel nähern, der Hoffnung ermöglichen soll, möchte ich Sie einladen, die wiederkehrenden Gedanken, die Sie hemmen, niederzuschreiben. Dies ist der erste Schritt, sie zu identifizieren. Sie werden sich mit diesen Gedanken jetzt noch nicht auseinandersetzen, aber Sie sollten doch ein Gespür dafür bekommen, womit Sie es zu tun haben.
Überlegen Sie sich, was Sie sich wünschen oder früher gewünscht haben und was Sie daran hindert, diese Ziele zu erreichen. Wo stecken Sie fest? Bitte nehmen Sie sich Zeit, dies jetzt in Ihr Tagebuch zu schreiben. Ob Sie es glauben oder nicht, schon das bloße Schreiben über die Dinge, die Sie quälen, hat nachgewiesenermaßen einen therapeutischen Effekt. Wenn Sie dann die Werkzeuge dafür entwickeln, diese Gedanken umzukehren, werden wir in Kapitel 6 darauf zurückkommen.
Hoffnung ist nicht die Sehnsucht nach etwas, das man nicht erreichen kann. Zu ihr gehört vielmehr die effektive Fähigkeit, Dinge zu verändern.
Mythos #2: Hoffnung hat man, oder man hat sie nicht.
Tatsache ist: Hoffnung kann aktiviert und ausgebaut werden.
Es ist nachgewiesen, dass bereits geringe Verbesserungen zuversichtliche Gefühle aktivieren – woraus folgt, dass die Hoffnung gesteuert, gestärkt und weiterentwickelt werden kann.8 So wie es aussieht, zieht die Verminderung negativer Gefühle auch ein höheres Maß an Zuversicht nach sich.9
Das dreht das Spiel komplett um – es ändert radikal unser Verständnis dafür, wie wir Zuversicht in unser Leben holen. Anstatt darauf zu warten, dass sich Hoffnung einstellt und uns motiviert, können wir sofort etwas tun, um sie zu aktivieren und unserer Aufmerksamkeit näher zu bringen. Wir haben die Macht, Hoffnung zu aktivieren, indem wir bessere Entscheidungen treffen.
Niedergeschlagenheit kommt nicht von ungefähr. Es gibt bestimmte Gründe dafür, warum sie existiert. Depressionen entstehen typischerweise aus Sorgen, und wir Menschen wurden geboren, um uns Sorgen zu machen. Aber worüber, wie oft und wann wir uns Sorgen machen, ist bei jedem verschieden, und wenn Sie lernen, diese Muster zu verändern, wird Ihnen das helfen, der Negativität zu entkommen und Ihre Stimmung zu verbessern. Zuallererst müssen wir uns klarmachen, dass wir dazu neigen, dem Negativen mehr Aufmerksamkeit zu schenken als dem Positiven.
Unser bloßes Menschsein prädestiniert uns gewissermaßen zu negativen Gedanken. Ein simples Beispiel ist ein Fremdkörper zwischen den Zähnen, etwa eine Pflanzenfaser oder dergleichen. Womit beschäftigt sich die Zunge? Sie geht direkt an die Problemstelle und arbeitet daran, das Problem zu beheben. Wenn Sie sich auf die Lippe gebissen haben, tut die Zunge dasselbe – sie macht sich sofort auf, den Schmerz zu lindern. Die Zunge beschäftigt sich aber nie mit den Backenzähnen, nur um zu spüren, wie gut sie sich anfühlen. Der vorgegebene Mechanismus der Zunge dient dem Sauberhalten des Mundes, und so ist sie ständig auf der Suche nach Problemen. Wenn etwas schlecht schmeckt, sich ungut anfühlt oder verletzt ist – wird die Zunge in Alarmbereitschaft versetzt und arbeitet an einer Lösung. Aber wenn Ihre Zunge merkt, dass alles in Ordnung ist, dann tut sie überhaupt nichts.
Genauso funktioniert unser Gehirn. Ein Gehirn ist zuallererst einmal ein Werkzeug zum Überleben. Seine Hauptaufgabe ist es – wie bei der Zunge –, uns vor allem zu beschützen, was falsch, schlecht oder gefährlich ist. Das Gehirn hat im Lauf seiner Evolution eine »Negativitätsverzerrung« entwickelt, wie die Evolutionswissenschaft es nennt: Unser Gehirn ist so verdrahtet, so dass wir uns von Dingen, die uns schaden könnten, fernhalten.10
Soll ich fliehen? Soll ich hingehen? Stehenbleiben?