Franz Keggenhoff
Erste Hilfe
Das offizielle Handbuch
Sofortmaßnahmen bei Babys, Kindern und Erwachsenen
ALLGEMEINE INFORMATIONEN ZUR ERSTE-HILFE-AUSBILDUNG UND ZU DIESEM BUCH
Grundsätzlich ist es die Pflicht jedes Menschen, die gängigen Erste-Hilfe-Maßnahmen zu kennen, um bei einem Unfall oder Notfall unmittelbar helfen zu können. Für sehr viele Personengruppen ist ein Erste-Hilfe-Kurs gesetzlich oder durch andere Vorschriften zwingend vorgeschrieben. Hierzu gehören z. B. Führerscheinbewerber, Feuerwehrleute, Ersthelfer in Betrieben, Betreuerinnen und Betreuer von Sport- und Freizeitgruppen (z. B. DSB, DFB, DLRG usw.) außerdem bestimmte Berufsgruppen, wie Erzieherinnen und Erzieher in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder. Für Berufsgruppen z. B. in medizinischen Bereichen ist eine Erste-Hilfe-Ausbildung im Rahmen der Ausbildung vorgeschrieben. Dies betrifft z. B. Sanitäter, Betriebssanitäter und Personal im Rettungsdienst sowie in Gesundheits- und Pflegeberufen.
Bedingt durch die vor einiger Zeit vorgenommene Verkürzung des Erste-Hilfe-Kurses auf einen Tag, können nicht mehr alle von Ersthelfern durchführbaren Erste-Hilfe-Maßnahmen in den Kursen selbst vermittelt werden. Die zertifizierten Hilfsorganisationen und die ebenfalls zertifizierten privaten Ausbildungsstellen vermitteln in ihren Kursen die grundsätzlich wichtigen Maßnahmen und Fertigkeiten. Das vorliegende Handbuch zur Ersten Hilfe beschreibt die allgemein gültigen – auch über die Inhalte eines Erste-Hilfe-Kurses hinausgehenden – Erste-Hilfe-Maßnahmen im deutschsprachigen Raum. Es ist daher für jeden, der umfassend über die Erste Hilfe informiert sein muss, das unverzichtbare Nachschlagewerk. Dies gilt im Besonderen für alle Ausbildungskräfte, die selbst Erste-Hilfe-Kurse durchführen.
Die Inhalte dieses Buches entsprechen den Vorgaben der „BAGEH“ (Bundesarbeitsgemeinschaft der Ausbildenden Organisationen). Die jeweils aktuellen Empfehlungen des European Resuscitation Council (ERC) und des German Resuscitation Council wurden berücksichtigt. Die Inhalte entsprechen außerdem den Vorgaben und Schriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) »Handbuch zur Ersten Hilfe« DGUV-Information 204-007 und der DGUV-Information 204-008 »Handbuch zur Ersten Hilfe in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder«.
Das Buch hilft Ihnen dabei, die notwendigen Erste-Hilfe-Kenntnisse zu erwerben und nach dem Besuch eines Erste-Hilfe-Kurses zu festigen und immer wieder aufzufrischen.
Dieses Buch wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder Urheber/Autor noch der Herausgeber/Verlag haften für Nachteile oder Schäden, die sich aus dem Inhalt des Buches ergeben könnten.
Das Erste-Hilfe-Handbuch gliedert sich in 12 Kapitel, in denen die häufigsten Notfälle zusammengefasst sind.
Erweiterte oder spezielle Maßnahmen bei Notfällen mit Kindern sind im Buch den einzelnen Kapiteln zugeordnet und besonders kenntlich gemacht!
Dieses Buch ersetzt nicht die Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Kurs bzw. an einer Erste-Hilfe-Fortbildung.
INHALT
RICHTIGES VERHALTEN BEI UNFÄLLEN UND NOTFÄLLEN
DIE VERPFLICHTUNG ZUM HELFEN
VERHALTEN BEI VERKEHRSUNFÄLLEN
ERSTMASSNAHMEN BEI ANSPRECHBAREN VERLETZTEN/KRANKEN
NOTRUF/ALARMIERUNG DES RETTUNGSDIENSTES
RICHTIGES VERHALTEN BEI UNFÄLLEN UND NOTFÄLLEN MIT KINDERN
KINDERUNFÄLLEN VORBEUGEN
LEBENSRETTENDE SOFORTMASSNAHMEN
STÖRUNGEN DES BEWUSSTSEINS
STÖRUNGEN VON ATMUNG UND KREISLAUF
LEBENSRETTENDE WIEDERBELEBUNGSMASSNAHMEN BEI KINDERN UND SÄUGLINGEN
GEFAHREN DURCH ERSTICKEN
BEDROHLICHE BLUTUNGEN UND AMPUTATIONSVERLETZUNGEN
BLUTUNGEN
AMPUTATIONSVERLETZUNGEN
KOPF-, BAUCH- UND BRUSTKORBVERLETZUNGEN
KOPFVERLETZUNGEN
BAUCHVERLETZUNGEN
BRUSTKORBVERLETZUNGEN
VERLETZUNGEN UND WUNDVERSORGUNG
GRUNDSÄTZE DER WUNDVERSORGUNG
VERBANDARTEN UND VERBANDTECHNIKEN
FREMDKÖRPER IN WUNDEN UND IN KÖRPERÖFFNUNGEN
BESONDERE VERLETZUNGEN UND BLUTUNGEN
WUNDINFEKTIONEN UND TIERBISSE
SPORTVERLETZUNGEN UND KNOCHENBRÜCHE
TYPISCHE SPORTVERLETZUNGEN
KNOCHENBRÜCHE
THERMISCHE SCHÄDIGUNGEN
SCHÄDIGUNGEN DURCH HITZE
SCHÄDIGUNGEN DURCH KÄLTE
VERBRENNUNGEN/VERBRÜHUNGEN
ELEKTROUNFÄLLE
GEFAHREN DURCH STROM
VERGIFTUNGEN UND VERÄTZUNGEN
VERGIFTUNGEN
VERGIFTUNGEN DURCH GASE
VERÄTZUNGEN
GEFAHREN DURCH HAUSHALTSCHEMIKALIEN UND ARZNEIMITTEL
FÜR KINDER GIFTIGE PFLANZEN
AKUTE ERKRANKUNGEN
HERZERKRANKUNGEN
SCHLAGANFALL
GEFÄSSVERSCHLÜSSE
ASTHMA BRONCHIALE
DIABETES MELLITUS
AKUTE ERKRANKUNGEN DER BAUCHORGANE
INFEKTIONEN UND KRANKHEITEN
ALLGEMEINES ZU INFEKTIONEN UND KINDERKRANKHEITEN
IMMUNISIERUNG
DER VERLAUF VON INFEKTIONEN
KLASSISCHE KINDERKRANKHEITEN
HINWEISE ZUR HYGIENE
BESONDERE INFEKTIONSKRANKHEITEN UND NOTFÄLLE
ALLGEMEINE INFOS ZU IMPFUNGEN
SCHUTZ AUF REISEN
NERVÖSE MAGEN-DARM-VERSTIMMUNG/REISEDIARRHÖ
TYPISCHE INFEKTIONSKRANKHEITEN UND HEPATITIS
ANHANG – INFOS ZUM SCHLUSS
NOTRUF BEI VERGIFTUNGEN
VERBANDKÄSTEN UND HAUSAPOTHEKE
BLUT- UND ORGANSPENDE
GLOSSAR MEDIZINISCHER BEGRIFFE
REGISTER
IMPRESSUM
Kapitel 1
RICHTIGES VERHALTEN BEI
UNFÄLLEN UND NOTFÄLLEN
KOMPETENT HILFE LEISTEN IM UNGLÜCKSFALL
Menschen in Not brauchen Hilfe. Dies ist nicht allein eine Frage der Moral, sondern auch gesetzlich festgelegt. Wir sind bei einem Unfall, einem Notfall, einem Unglück – im Rahmen unserer Möglichkeiten – verpflichtet zu helfen.
Das erste Kapitel erläutert die wichtigsten Rettungs- und Verhaltensmaßnahmen bei einem Unfall. Es führt Sie vor allem in die Erstmaßnahmen ein, die für alle möglichen Situationen (nicht allein für Verkehrsunfälle) gelten.
Wichtig ist dabei auch die schnelle und richtige Alarmierung des Rettungsdienstes, damit die Rettungskette, die es in Deutschland gibt, möglichst schnell greifen kann.
Bitte bedenken Sie: Als Ersthelfer können Sie Leben retten, wenn Sie umsichtig und richtig handeln.
Was fürchten wir Menschen mehr als Störungen unseres Wohlbefindens, Erkrankungen oder gar Unfälle mit ihren oft schlimmen Auswirkungen. Wie schnell wird der Gedanke daran, dass etwas passieren kann, verdrängt. Und doch gehören Unglücksfälle in allen unseren Lebensbereichen wie Haushalt, Beruf, Straßenverkehr, Freizeit, Sport usw. zu unserem Alltag.
Viele sind immer noch der Auffassung, für die Hilfe bei Unglücksfällen seien Rettungsdienst oder ärztliche Notdienste zuständig, und vergessen dabei, dass fast immer die richtige Hilfe in den ersten Minuten – bis zum Eintreffen des Notdienstes – für die Schwere der Unfallfolgen oder sogar für das Überleben entscheidend sein kann. Wer aber hat schon einen Erste-Hilfe-Kurs besucht und richtig helfen gelernt?
Zum Helfen sind wir nach § 323c StGB auch gesetzlich verpflichtet (siehe unten stehenden Kasten). Für die meisten von uns ist es selbstverständlich, Menschen in Not im Rahmen unserer Möglichkeiten zu helfen, auch ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein.
Allzu häufig verbinden wir den Begriff »Erste Hilfe« mit Unfällen im Straßenverkehr und denken daran, irgendwelchen fremden Menschen helfen zu müssen; dabei ist dies eher selten notwendig.
Von den ca. acht Millionen Unfällen im Jahr in Deutschland (jeder Zehnte ist somit statistisch betroffen) passieren weniger als zehn Prozent im Straßenverkehr. Viel häufiger wird Erste Hilfe in unserem unmittelbaren Lebensumfeld erforderlich. In der Familie, am Arbeitsplatz oder in der Freizeit und beim Sport, wo man mit Freunden und Bekannten zusammen ist; aber auch bei Notfällen und Unfällen mit Kindern müssen Sie Erste Hilfe leisten können.
Eine Frau sollte ihrem Ehemann helfen können, den plötzlich ein Herzinfarkt ereilt. Eine Mutter muss ihrem Kind Erste Hilfe leisten, das sich beim Spielen verletzt hat. Und auch Ihr Nachbar sollte Ihnen zu Hilfe eilen, wenn Sie sich selbst – z. B. bei der Gartenarbeit – verletzt haben.
§ 323c StGB »Unterlassene Hilfeleistung«
Nach § 323c des Strafgesetzbuches (StGB) wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist.
Von den ca. acht Millionen Unfällen, die sich jedes Jahr in Deutschland ereignen, geschehen
ca. 2.8 Mio. im Haushalt.
ca. 2.0 Mio. bei der Arbeit und in der Schule.
ca. 2.5 Mio. in der Freizeit und beim Sport.
ca. 0,75 Mio. im Straßenverkehr.
Jährlich sterben über 50 000 Menschen an plötzlichem Herzversagen, ca. 2 700 im Straßenverkehr und ca. 8 000 bei Haushaltsunfällen, in der Freizeit und beim Sport. In solchen Situationen richtig zu helfen, ist gar nicht schwer – jeder kann dies in einem Erste-Hilfe-Kurs erlernen. Auch das vorliegende Buch kann dazu beitragen, die notwendigen Erste-Hilfe-Kenntnisse zu erwerben. Denken Sie einmal darüber nach, wie es wäre, wenn Sie einem nahestehenden Menschen, der sich in Not befindet, hilflos gegenüberstünden? Dabei hätten Sie nur ein paar Stunden Freizeit investieren müssen, um Erste-Hilfe-Maßnahmen richtig zu erlernen.
Nicht jeder Notfall oder Unfall ist so spektakulär, wie man es womöglich aus Filmen oder einschlägigen Fernsehsendungen kennt. Die allermeisten Unglücksfälle verlaufen glimpflich, und es ist nicht schwer, die richtige Erste Hilfe zu leisten.
Bleiben Sie ruhig. Verschaffen Sie sich zunächst eine Übersicht über die vorgefundene Situation.
Handeln Sie nicht »kopflos«, sondern besonnen. Meist sind Sie an einer Unglücksstelle nicht allein, Umstehende sind bestimmt bereit mitzuhelfen. Sprechen Sie diese direkt an und bitten Sie um Mithilfe.
Beruhigen Sie die Betroffenen und gegebenenfalls auch die Umstehenden.
Verhindern Sie unbedingt falsches Eingreifen und unüberlegtes, »kopfloses« Handeln anderer Helfer.
Unter dem Begriff »Erste Hilfe« versteht man alle Maßnahmen, die bei Unfällen, akuten Erkrankungen und Vergiftungen bis zum Eintreffen eines Arztes oder des Rettungsdienstes erforderlich sind, damit sich der Gesundheitszustand des Betroffenen nicht weiter verschlechtert. Zu diesen Maßnahmen gehören:
Unfallstellen sichern und Verunglückte aus akuter Gefahr in Sicherheit bringen.
Lebensrettende Sofortmaßnahmen durchführen (z. B. Blutstillung, Beatmung, stabile Seitenlage usw.).
Notruf veranlassen, Rettungsdienst/Arzt alarmieren.
Schmerzen durch sachgerechte Lagerung oder andere Hilfeleistungen lindern.
Verletzte betreuen und trösten.
Bei manchen Unfallsituationen ist es notwendig, die Verunglückten aus einer akuten Gefahrensituation zu retten, z. B. bei:
Bränden
Verkehrsunfällen
Stürzen in Gewässer
Einbrechen in Eis
Verschüttungen
Chemieunfällen
Stromunfällen (auch im Haushalt)
Immer wieder geraten Menschen, die bei einem (Verkehrs-)Unglück helfen wollen, selbst in Lebensgefahr – z. B. wenn eine Unfallstelle auf der Autobahn gar nicht oder nur unzureichend abgesichert ist.
Sorgen Sie dafür, dass an der Unfallstelle wegen eventuell auslaufenden Benzins nicht geraucht und die Zündung beim verunglückten Fahrzeug abgestellt wird (den Zündschlüssel aber stecken lassen!). Aber nicht nur bei Verkehrsunfällen ist das Absichern wichtig; auch andere Unfallstellen, z. B. in Betrieben oder auf der Skipiste, müssen abgesichert werden. Was Sie dabei im Einzelnen beachten sollten, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.
An die eigene Sicherheit denken
Auf den Autobahnen kommen inzwischen mehr Menschen durch unachtsames Verhalten bei Pannen und Unfällen bzw. beim Helfen ums Leben als durch die Unfälle selbst. Denken Sie daher immer zunächst an Ihre eigene Sicherheit. Nur wenn Sie als Helfer selbst keinen Schaden erleiden, können Sie den Verunglückten helfen.
Gerade bei Verkehrsunfällen müssen Sie als Helfer auf Ihre eigene Sicherheit achten – vom ersten Moment an.
Wenn Sie sich einer Unfallstelle nähern, warnen Sie die nachfolgenden Verkehrsteilnehmer, indem Sie rechtzeitig Ihre Warnblinkanlage einschalten. Bilden Sie unbedingt eine Gasse für Rettungskräfte.
Fahren Sie nicht zu dicht an die Unfallstelle heran. Mindestens 10 bis 20 Meter Sicherheitsabstand zur Unfallstelle einhalten.
Stellen Sie Ihr Fahrzeug am Fahrbahnrand so ab, dass z. B. bei Dunkelheit die Unfallstelle durch das Fahrlicht Ihres Fahrzeugs beleuchtet ist.
Das Warndreieck muss 100 bis 200 Meter vor der Unfallstelle aufgestellt werden. Halten Sie es vor Ihren Körper, wenn Sie die Straße entlanggehen. Außerdem: Eine Warnweste ist Pflicht.
Im Interesse der Sicherheit müssen Sie die Unfallstelle sichern.
Tragen Sie an Unfallstellen zu Ihrer eigenen Sicherheit stets eine Warnweste.
Nehmen Sie Ihr Warndreieck, klappen Sie es auf, halten Sie es vor den Körper und gehen Sie damit dem Verkehr entgegen.
Stellen Sie das Warndreieck in ausreichender Entfernung – d. h. bei Schnellstraßen und Autobahnen mindestens 100 bis 200 Meter vor der Unfallstelle – gut sichtbar am rechten Fahrbahnrand auf. Wenn Sie eine Warnblinkleuchte haben, stellen Sie diese in jedem Fall zusätzlich auf.
Bei Kurven und Bergkuppen müssen Sie besonders gewissenhaft absichern. Es geht um Ihr Leben! Deshalb müssen Sie das Warndreieck jeweils vor der Kurve oder Bergkuppe aufstellen.
Nachfolgende Fahrzeuge können Sie auch zusätzlich durch eine Auf-und-abwärts-Bewegung des Arms warnen.
Fordern Sie weitere Verkehrsteilnehmer zur Mithilfe auf, und auch der Gegenverkehr muss gewarnt werden.
Wenn sich mehrere Helfer an der Unfallstelle befinden, sorgen Sie für eine Aufgabenteilung.
Brennende Personen können Sie im Notfall mit einem Pulverlöscher löschen. Dabei müssen Sie darauf achten, dass Sie diesen in keinem Fall auf das Gesicht des Betroffenen richten.
Achtung
Warnblinkleuchten und Warnwesten gehören noch nicht in allen Ländern zur Pflichtausstattung privater Kraftfahrzeuge, sie können jedoch an Unfallstellen sehr nützlich sein. Auch die Ausstattung des Fahrzeugs mit einem Feuerlöscher ist sinnvoll. Da sich Brände meist relativ langsam entwickeln, kann der frühzeitige und gezielte Einsatz eines Kfz-Feuerlöschers manchen Brand schnell löschen und manchmal sogar Fahrzeuginsassen retten.
Nach der Sicherung der Unfallstelle leisten Sie den Betroffenen Erste Hilfe. Manchmal müssen Sie dazu den Verletzten aus akuter Gefahr retten. Dies ist mithilfe des Rettungsgriffs rasch möglich.
Sprechen Sie den Verletzten an. Wenn er bei Bewusstsein ist, informieren Sie ihn über die beabsichtigte Maßnahme.
Fassen Sie den am Boden Liegenden von hinten kommend unter Nacken und Schultern und bringen Sie ihn mit angemessenem Schwung zum Sitzen. Achten Sie darauf, dass Sie den Kopf mit Ihren Unterarmen stützen und dass der Betroffene nicht seitlich wegsackt.
Jetzt treten Sie dicht hinter den Betroffenen und fahren Sie mit beiden Armen unter seine Achselhöhlen. Legen Sie einen Unterarm des Betroffenen quer vor seinen Leib und fassen Sie diesen Arm mit beiden Händen von oben. Dabei den Unterarm nicht umfassen, sondern mit allen Fingern (auch den Daumen) »überhaken«.
Indem Sie die Knie beugen und Ihr eigenes Körpergewicht nach hinten verlagern, ziehen Sie den Betroffenen auf Ihre Oberschenkel. Heben Sie den Verletzten nicht hoch, damit die Belastung für Ihre Wirbelsäule und die Bandscheiben möglichst gering bleibt.
Dann ziehen Sie ihn an einen sicheren Ort und legen ihn dort möglichst auf einer Decke vorsichtig ab. Sprechen Sie den Betroffenen erneut an und führen Sie die Erste Hilfe durch.
Was Sie wissen sollten: Der beschriebene Rettungsgriff kann auch benutzt werden, wenn Sie z. B. einen Kranken aus einem Bett auf den Boden oder auf eine Trage legen müssen.
Bei Verkehrsunfällen können Verunglückte aufgrund ihrer Verletzungen ihr Kraftfahrzeug oft nicht selbstständig verlassen. Vor allem wenn sie im Fahrzeug in Lebensgefahr sind, z. B. wegen Brandgefahr, müssen sie aus dem Fahrzeug gerettet werden.
Sprechen Sie den Verunglückten an und sagen Sie ihm, was Sie tun werden, bzw. stimmen Sie das weitere Vorgehen, soweit möglich, mit ihm ab.
Lösen Sie den Gurt – unter Umständen müssen Sie den Gurt durchschneiden. Falls notwendig, stellen Sie den Sitz zurück. Achten Sie darauf, dass die Füße des Verletzten nicht eingeklemmt sind.
Fassen Sie den Verletzten an der fernen Hüfte und am nahen Knie und drehen Sie ihn auf dem Sitz mit dem Rücken zur Tür. Fassen Sie den Verletzten mit dem schon beschriebenen Rettungsgriff (siehe vorhergehende Seiten) und ziehen Sie ihn vorsichtig aus seinem Fahrzeug. Wenn ein weiterer Helfer da ist, bitten Sie ihn, an den Beinen mit anzufassen, sodass Sie den Verletzten gemeinsam aus dem Fahrzeug ziehen können.
Legen Sie den Verletzten in sicherer Entfernung von der Unglücksstelle vorsichtig ab, möglichst auf einer Decke, und decken Sie ihn zu. Alarmieren Sie den Rettungsdienst. Sprechen Sie dann den Verletzten wieder an und leisten Sie nach Bedarf weitere Erste Hilfe.
Manchmal stellen Sie fest, dass Ihre Möglichkeiten als Helfender nicht ausreichen. Das ist z. B. der Fall, wenn Personen in Fahrzeugen eingeklemmt sind. In solchen Fällen besteht Ihre Erste Hilfe zunächst darin, schnellstmöglich technisch-fachliche Hilfe anzufordern (Rettungsdienst/Feuerwehr). Bis zum Eintreffen des Fachpersonals müssen Sie bei dem Verunglückten bleiben. Falls die Situation es zulässt, führen Sie auch bei eingeklemmten Personen bis zum Eintreffen des Fachpersonals die erforderlichen Erste-Hilfe-Maßnahmen durch. Versuchen Sie, den Betroffenen zu beruhigen.
Um etwas über den Zustand eines Verunglückten zu erfahren, bedarf es meist keiner technischen Hilfsmittel. Die meisten Verunglückten sind bei Bewusstsein und somit ansprechbar. Sie können Angaben über ihre Verletzungen, Schmerzen oder ihr Befinden machen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass Verunglückte, aber auch akut Kranke meist emotional sehr angespannt sind. Helfer müssen auf unterschiedliche Reaktionen wie Angst, Scham und Aggressionen gefasst sein. Daher ist es wichtig, dass Vertrauen zwischen Helfendem und Betroffenem aufgebaut wird.
Häufig stehen mehrere Personen um den Betroffenen herum. Dies ist für den Verunglückten sehr unangenehm, insbesondere wenn sich eine Person von oben über ihn beugt. Knien oder hocken Sie sich deshalb hin, wenn der Verletzte auf dem Boden liegt. Treten Sie nicht von hinten an einen Verletzen oder Kranken heran, sondern möglichst immer von vorn, suchen Sie Blickkontakt.
Sie erhalten dadurch einen Gesamtüberblick über den Zustand des Betroffenen. Sie können erkennen, ob die Person aufgeregt ist, ob die Person friert, ob sie vielleicht Schmerzen hat oder ob sichtbare Verletzungen vorliegen.
Durch diesen ersten Kontakt wird dem Betroffenen vermittelt, dass er wahrgenommen wurde – dies schafft Vertrauen. Fragen Sie auch nach dem Namen des Betroffenen. Damit bekunden Sie Respekt und Anteilnahme. Fragen Sie den Betroffenen, was passiert ist und ob er Schmerzen hat. Sie erhalten hierdurch wichtige Informationen über das Unfallgeschehen. Krankheitsbild und Verletzungen können so erkannt werden. Befindlichkeiten und Ängste werden deutlich.
Halten Sie die Hand des Betroffenen oder legen Sie Ihre Hand auf seine Schulter. Auch das Abwischen seiner Stirn wirkt häufig positiv auf den Verunglückten.
Stimmen Sie das weitere Vorgehen mit dem Verletzten/Kranken ab. Sagen Sie ihm immer, was Sie vorhaben, und fragen Sie ihn, ob er einverstanden ist und gegebenenfalls mithelfen kann. Sagen Sie ihm auch, was schon getan wurde, z. B. dass der Rettungswagen oder Notarzt bereits alarmiert sind. Seien Sie behilflich, wenn der Betroffene Kontakt zu einem vertrauten Arzt oder zu Angehörigen aufnehmen will.
Meist sind Sie an einer Unglücksstelle nicht allein. Sprechen Sie andere Personen direkt an und bitten Sie um deren Mithilfe. Es ist wichtig, dass jemand die Initiative ergreift und die notwendige Hilfe koordiniert, bis der Rettungsdienst/Notarzt eintrifft.
Bevor Sie Erste-Hilfe-Maßnahmen ergreifen, müssen Sie Art und Umfang der Verletzungen des/der Betroffenen ermitteln.
Wenn der Verletzte ansprechbar ist, ist dies relativ einfach. Sie können ihn nach seinem Befinden fragen und erhalten dadurch Hinweise auf seine Verletzungen.
Manchmal ist es notwendig, dass Sie in Abstimmung mit dem Verletzten dessen Kleidung öffnen oder auch aufschneiden, damit Sie Verletzungen besser erkennen und anschließend versorgen können.
Blutlachen am Boden oder Blutflecke auf der Kleidung, aber auch beschädigte Kleidung, deuten auf verdeckte Verletzungen hin.
Sie müssen bei bewusstlosen Verletzten – nachdem Sie die lebensrettenden Maßnahmen eingeleitet haben – vorsichtig nach weiteren Verletzungen suchen.
Manchmal erhalten Sie durch Augenzeugenberichte oder die Unfallsituation Aufschluss über mögliche verdeckte Verletzungen.
Wenn Sie Anhaltspunkte dafür haben, dass Verletzungen durch die Lage des Verunglückten verdeckt sein könnten, sollten Sie behutsam seine Lage so weit verändern, dass Sie die Verletzungen erkennen und versorgen können.
Werden Verletzungen durch die Kleidung verdeckt, entfernen Sie die Kleidung so weit wie notwendig, oder schneiden Sie gegebenenfalls die Kleidung vorsichtig auf, damit Sie die Verletzungen versorgen können.
Besonders wichtig für das Allgemeinbefinden Verunglückter und Kranker sind die Betreuung und die Zuwendung durch den Ersthelfer bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. Dies wird häufig unterschätzt und leider allzu oft vernachlässigt. Vor allem für Kinder ist Zuwendung von ganz besonderer Bedeutung.
Lassen Sie daher einen Verunglückten oder Kranken möglichst nicht allein, beruhigen Sie ihn und spenden Sie ihm Trost.
Viele Betroffene berichten nach der Rettung oder Genesung, dass die menschliche Zuwendung durch den Helfer für sie die wichtigste Hilfe war.
Eine gute Betreuung wirkt sich immer auch positiv auf den Gesamtzustand eines Verletzten oder Kranken aus.
Folien-Rettungsdecken aus dem Verbandkasten schützen Kranke und Verletzte vor Wärmeverlusten. Achtung: Die Silberseite muss zum Körper, die Goldseite nach außen weisen.
Verletzte und Kranke zuzudecken (Wärmeverlust zu verhindern), gehört zu den wichtigsten Hilfeleistungen des Ersthelfers. Bedingt durch ihre Verletzungen und durch die psychische Belastung frieren Verletzte und Kranke selbst bei normaler Lufttemperatur, insbesondere dann, wenn durch den Unfall oder die Erkrankung der Kreislauf beeinträchtigt ist. Hinzu kommt, dass Betroffene bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes oft auf dem Boden liegen müssen, wodurch ebenfalls Wärme verloren geht. Legen Sie Verunglückte und Kranke daher möglichst immer auf eine Decke oder Rettungsdecke (zur Not auf einen Mantel oder etwas Ähnliches).
Besonders vorteilhaft sind die im Kfz-Verbandkasten vorhandenen Rettungsdecken (Rettungsfolien). Zum Warmhalten ist die Silberseite zum Verletzten, die Goldseite nach außen zu verwenden.
Die möglichst rasche Alarmierung des Rettungsdienstes ist fast immer ein wichtiger Bestandteil der Ersten Hilfe. In Deutschland und den meisten europäischen Ländern besteht ein lückenloses Netz von Rettungsleitstellen und Rettungswachen. Damit ist sichergestellt, dass Betroffene bei einem Notfall rund um die Uhr schnelle, fachgerechte medizinische Hilfe erhalten und in ein Krankenhaus gebracht werden. Jeder Augenzeuge eines Unfalls muss in der Lage sein, den Rettungsdienst richtig zu alarmieren.
Es gibt sehr unterschiedliche »öffentliche« Unfallmeldemittel, alle sind mit verständlichen Bedienungsanleitungen versehen. Auch wenn Sie aufgeregt sind, können Sie kaum etwas falsch machen. Von allen öffentlichen Münz- und Kartentelefonen aus ist ein Notruf ohne Geldeinwurf bzw. Telefonkarte möglich.
Mittlerweile erfolgen die meisten Unfallmeldungen von einem Handy aus. Dabei ist zu beachten, dass Sie über die Notrufnummer 112 zwar immer eine Rettungsleitstelle erreichen, allerdings nicht immer die am nächsten liegende Dienststelle. Daher ist bei einem Notruf vom Handy aus immer eine besonders genaue Ortsangabe zu machen.
An den Autobahnen und an manchen Bundesstraßen befinden sich Notrufsäulen.
Die Notrufsäulen befinden sich in einem Abstand von ca. zwei bis vier Kilometern.
Den Hinweis auf die nächste Meldeeinrichtung geben kleine Pfeile auf den Leitpfosten der Straßenbegrenzung.
Auch von Bussen, Taxis und Autotelefonen aus kann ein Notruf durchgeführt und der Rettungsdienst alarmiert werden.
Die europaweit einheitliche Notrufnummer für Rettungsdienst und Feuerwehr ist die 112
In den USA ist die Notrufnummer die 911.
Der Notruf 110 geht zur nächsten Polizeileitstelle und wird an den Rettungsdienst weitergegeben.
Ärztlicher Notdienst
In Deutschland gibt es zusätzlich noch andere Rufnummern, so gilt z. B. für den ärztlichen Notdienst in Deutschland die Nummer 116 117 (nicht zu verwechseln mit dem Rettungsdienst).
Bei Vergiftungen rufen Sie zunächst den Rettungsdienst und danach die Informationszentrale für Vergiftungen in Berlin (zu weiteren Notrufnummern bei Giftunfällen siehe im Anhang.) an: 030 19 24 0
Die Unfallmeldung soll folgende Informationen enthalten:
Wo ist der Notfall? Geben Sie den Notfallort genau an: Ort, Straße, Hausnummer, Stockwerk usw.
Was ist geschehen? Beschreiben Sie die Notfallsituation. Die Rettungsleitstelle muss erkennen, welche Maßnahmen eingeleitet werden müssen (Rettungshubschrauber, Feuerwehr usw.).
Wie viele Verletzte/Betroffene sind zu versorgen? Diese Angaben sind wichtig, um genügend Fahrzeuge und Personal einsetzen zu können.
Welche Arten von Verletzungen oder Krankheitszeichen haben die Betroffenen? Sind Personen in lebensgefährlichem Zustand? Die Rettungsleitstelle braucht diese Angaben, um die richtigen Fahrzeuge und das notwendige Personal einzusetzen.
Warten Sie auf eventuelle Rückfragen der Rettungsleitstelle! Legen Sie erst auf, wenn das Gespräch von der Leitstelle beendet wurde!
Es ist nicht schlimm, wenn Sie in der Aufregung nicht genau wissen, welche Angaben benötigt werden. Das Leitstellenpersonal wird die notwendigen Informationen von Ihnen abfragen.