Cover

Wolfram Scheiding
Peter Grabes
Tilo Haustein
Vera Haustein
Norbert Nieke
Harald Urban
Björn Weiß

Holzschutz

Holzkunde - Pilze und Insekten - Konstruktive und chemische Maßnahmen - Technische Regeln - Praxiswissen

3., überarbeitete und erweiterte Auflage

Autoren:

Dr. rer. silv. Wolfram Scheiding, Institut für Holztechnologie Dresden gemeinnützige GmbH (IHD)
Dr.-Ing. Tilo Haustein, Sachverständigenbüro Haustein, Dresden und Nürnberg
Dipl.-Ing. Vera H. Haustein, Sachverständigenbüro Haustein, Dresden und Nürnberg
Dipl.-Ing. Norbert Nieke, Ingenieurbüro Holzschutz Nieke, Dresden
Dipl.-Ing. Harald Urban, Dresden
Dipl.-Ing. Björn Weiß, Institut für Holztechnologie Dresden gemeinnützige GmbH (IHD)
Dipl.-Ing. Peter Grabes, Ingenieur für Baudiagnose, Radebeul

Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt geprüft und getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autor(en, Herausgeber) und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Weise aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.
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Print-ISBN        978-3-446-46578-7
E-Book-ISBN   978-3-446-47044-6
E-Pub-ISBN     978-3-446-47151-1

Vorworte

Holz ist ein seit Jahrtausenden verwendeter und bewährter Roh- und Werkstoff und auch im heutigen Industrie- und Computerzeitalter aus vielen Bereichen der Wirtschaft und des täglichen Lebens nicht wegzudenken.

Als Naturstoff unterliegt auch Holz den natürlichen Kreislaufprozessen; durch Einwirkung abiotischer und biotischer Faktoren wird es letztlich wieder zu seinen elementaren Bestandteilen abgebaut. Zum Zwecke der Nutzung und für die angestrebte Gebrauchsdauer müssen diese natürlichen Abbauprozesse verhindert oder zumindest verzögert werden. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse, Strategien sowie die technischen und auch organisatorischen Maßnahmen werden unter dem Begriff Holzschutz (engl. wood protection) zusammengefasst.

In verständlicher Form sind in diesem Lehrbuch alle wichtigen Aspekte des vorbeugenden und bekämpfenden Holzschutzes zusammengestellt und verständlich aufbereitet. Ausgehend von den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Holzes und den abiotischen und biotischen Schadfaktoren, werden der Stand der Technik baulich-konstruktiver und chemischer Schutzmaßnahmen erläutert und dabei die aktuellen gesetzlichen, normativen und technischen Regelungen berücksichtigt. Auch wird auf holzverfärbende Mikroorganismen und die Sanierung von Schimmelpilzbefall eingegangen; Fragen des Brandschutzes werden jedoch nicht behandelt.

Das Buch entstand in Zusammenarbeit des Sächsischen Holzschutzverbandes e.V. und des Instituts für Holztechnologie Dresden gemeinnützige GmbH und baut auf den langjährigen Erfahrungen der Autoren in Theorie und Praxis des Holzschutzes auf.

Dieses Werk soll sowohl Lehrbuch als auch Ratgeber und Nachschlagewerk für die Praxis sein. Es richtet sich daher vor allem an Auszubildende und Studenten, aber auch an Architekten, Bauingenieure und Bauausführende, Sachverständige im Holz- und Bautenschutz sowie an Beschäftigte im Garten- und Landschaftsbau und im Holzhandel.

Wir Autoren wünschen dem Leser Erkenntnis und Erbauung mit diesem Lehrbuch; möge es ein nützlicher Helfer und Begleiter bei Ausbildung, Weiterbildung und im Berufsalltag sein und zur Verwendung des schönen Werkstoffs Holz beitragen.

Dresden, im November 2014

Vorwort zur zweiten Auflage

Nach einer sehr positiven Aufnahme der Erstauflage liegt nun bereits die zweite Auflage vor, die überarbeitet und deutlich erweitert wurde. Dabei wurden auch verschiedene Hinweise von Rezensenten und Lesern berücksichtigt. Zahlreiche Abbildungen wurden graphisch überarbeitet oder ersetzt, insbesondere im Abschnitt zum baulich-konstruktiven Holzschutz. Dieser wurde insgesamt neu gestaltet, wobei Ludwig Nieke für die technische Umsetzung der Grafiken besonders zu danken ist. Deutlich ausführlicher sind auch die Abschnitte zur Modifizierung und Hydrophobierung von Holz sowie zu Besonderheiten bei Kunstgut und der Denkmalpflege; hier finden sich jetzt z. B. Erläuterungen zu Bekämpfungsmaßnahmen und zum Schimmelpilzbefall. Der Abschnitt zu den holzschädigenden Insekten wurde um deren natürliche Feinde (Antagonisten) erweitert. Für die Hinweise bei der Bearbeitung der holzzerstörenden Insekten in der zweiten Auflage danken wir sehr Frau Dr. Veronika Pohris (TU Dresden, Institut für Waldbau und Waldschutz, Tharandt). Ein Dank gebührt auch Frau Dr. Angelika Mann, ebenfalls vom Institut für Waldbau und Waldschutz, welche uns mit der Bereitstellung von ausgewählten Tierpräparaten unterstützte.

Dresden, im Juli 2016

Vorwort zur dritten Auflage

In der nunmehr dritten, überarbeiteten und erweiterten Auflage wurden die neuesten Ausgaben relevanter Regelwerke berücksichtigt. Dies betrifft insbesondere die Ausgaben der Teile 1 – 4 der Holzschutznorm DIN 68800 aus den Jahren 2019 bis 2021, aktuelle Ausgaben der einschlägigen WTA-Merkblätter sowie Änderungen im Baurecht (MVV TB) und bei den Holzschutzmittelzulassungen.

Dresden, im September 2021

Inhalt

Titelseite

Impressum

Inhalt

Vorworte

1 Einführung

1.1 Bedeutung des Holzschutzes

1.2 Geschichte des Holzschutzes

2 Gebrauchsklassen

3 Holzkundliche Grundlagen

3.1 Aufbau und Struktur des Holzes

3.1.1 Aufbau des Stammquerschnitts

3.1.2 Kernholzbildung

3.1.3 Makroskopischer und mikroskopischer Aufbau des Holzes

3.1.4 Zellwandfeinbau

3.1.5 Chemischer Aufbau des Holzes

3.2 Eigenschaften von Holz

3.2.1 Natürliche Dauerhaftigkeit

3.2.2 Holzfeuchte; Quellung und Schwindung bei Vollholz

3.3 Holzarten, Holzartenauswahl

3.3.1 Wichtige Bauholzarten im Überblick

3.3.2 Holzauswahl und Sortierung für die Verwendung als Bauholz

3.3.3 Verwendung von Holz in den Gebrauchsklassen (ohne chemischen Holzschutz)

3.4 Beschreibung wichtiger Holzarten

3.4.1 Gemeine Fichte

3.4.2 Gemeine Kiefer

3.4.3 Europäische Lärche

3.4.4 Douglasie

3.4.5 Europäische Eiche

3.4.6 Robinie

3.4.7 Buche, Rotbuche

4 Biotische und abiotische Schadfaktoren

4.1 Holzzerstörende und holzverfärbende Pilze und Mikroorganismen

4.1.1 Taxonomische Zuordnung der Pilze

4.1.2 Entwicklung und Fortpflanzung

4.1.3 Einteilungsmöglichkeiten der Pilze und Fäuletypen

4.1.4 Lebensbedingungen

4.1.5 Übersicht der wichtigsten Pilze und Mikroorganismen

4.1.6 Pilzbestimmung und Probenahme

4.1.7 Beschreibung und Dokumentation holzzerstörender und holzverfärbender Pilze und Mikroorganismen

4.1.7.1 Echter Hausschwamm (Serpula lacrymans)

4.1.7.2 Wilder Hausschwamm (Serpula himantioides)

4.1.7.3 Fältlingshäute (Leucogyrophana spp.)

4.1.7.4 Brauner Keller- oder Warzenschwamm (Coniophora puteana)

4.1.7.5 Weißer Porenschwamm (Antrodia vaillantii)

4.1.7.6 Ausgebreiteter Hausporling (Donkioporia expansa)

4.1.7.7 Sternsetenpilze (Asterostroma spp.)

4.1.7.8 Tannen-, Zaun- und Balkenblättling (Gloeophyllum spp.)

4.1.7.9 Muschelkrempling (Paxillus panuoides)

4.1.7.10 Eichenwirrling (Daedalea quercina)

4.1.7.11 Schuppiger Sägeblättling (Lentinus lepideus)

4.1.7.12 Zimtbrauner Porenschwamm (Phellinus contiguus)

4.1.7.13 Austernseitling (Pleurotus ostreatus)

4.1.7.14 Schichtpilze (Stereum hirsutum, Stereum spp.)

4.1.7.15 Schmetterlingsporling (Trametes versicolor)

4.1.7.16 Fichtenwurzelschwamm (Heterobasidion annosum)

4.1.7.17 Kiefernbaumschwamm (Phellinus pini)

4.1.7.18 Rindenpilze (Phlebiopsis gigantea)

4.1.7.19 Moderfäuleerreger (z. B. Chaetomium globosum)

4.1.7.20 Bläuepilze

4.1.7.21 Schimmelpilze

4.1.7.22 Gemeiner Spaltblättling (Schizophyllum commune)

4.1.7.23 Gallertträne (Dacrymyces stillatus)

4.1.7.24 Tintlinge (Coprinus domesticus, C. spp.)

4.1.7.25 Becherlinge (Peziza spp.)

4.1.7.26 Schleimpilze (Reticularia lycoperdon, . . .)

4.1.7.27 Algen

4.1.7.28 Bakterien

4.2 Holzzerstörende Insekten und Meerestiere

4.2.1 Entwicklung und Lebensbedingungen

4.2.2 Beschreibung der Arten

4.2.2.1 Trockenholzinsekten

4.2.2.2 Frischholzinsekten

4.2.2.3 Feucht- und Faulholzinsekten

4.2.2.4 Sonstige holzschädigende Insekten

4.2.2.5 Holzzerstörende Meerestiere

4.3 Natürliche Feinde der Holzzerstörer

4.4 Chemische und physikalische Schadfaktoren

4.4.1 Chemische Schädigungen

4.4.2 Physikalische Schädigungen

4.4.2.1 Temperatur

4.4.2.2 Feuchteeinfluss

4.4.2.3 Mechanische Beanspruchung

4.4.2.4 Strahlung

5 Baulich-konstruktiver Holzschutz

5.1 Einführung

5.2 Planungs-, Bau- und Nutzungsphase

5.2.1 Lagerung, Transport, Verarbeitung und Trocknung des Holzes

5.2.2 Bauplanung, Bauüberwachung

5.2.3 Instandhaltung

5.3 Schutz vor Feuchtigkeit von außen

5.3.1 Allgemeine Maßnahmen an Bauwerken

5.3.2 Abdichtungen

5.3.3 Spezielle Maßnahmen an Bauteilen

5.4 Schutz vor Feuchtigkeit von innen

5.4.1 Feuchtetransport durch Diffusion

5.4.2 Feuchtetransport durch Konvektion

5.4.3 Nassbereiche

5.5 Besondere Bauteile und Bereiche

5.5.1 Dächer

5.5.2 Balkenköpfe

5.5.3 Kriechkeller

6 Chemischer Holzschutz

6.1 Zulassung von Holzschutzmitteln

6.1.1 Gesetzliche Regelung der Zulassung von Holzschutzmitteln über die europäische Biozidverordnung

6.1.2 Zulassung von Holzschutzmitteln in Deutschland durch das DIBt

6.1.3 Zulassung von Holzschutzmitteln durch die BAuA

6.2 Einteilung, Einstufung und Kennzeichnung von Holzschutzmitteln

6.2.1 Einteilung der Holzschutzmittel entsprechend ihrer Wirksamkeit

6.2.2 Einstufung und Kennzeichnung von Holzschutzmitteln

6.3 Einbringverfahren für Holzschutzmittel

6.3.1 Voraussetzungen und Ziele

6.3.2 Druckverfahren im vorbeugenden Holzschutz

6.3.3 Nichtdruckverfahren

6.3.4 Bohrlochverfahren

6.4 Qualitätssicherung

6.5 Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutz

6.5.1 Richtiger Umgang mit Holzschutzmitteln

6.5.2 Inverkehrbringen von behandelten Hölzern

6.5.3 Umgang mit Altlasten und Entsorgung von behandelten Hölzern

7 Modifizierung und Hydrophobierung von Holz

7.1 Grundlagen der Modifizierung

7.2 Thermische Modifizierung

7.2.1 Definition und Wirkprinzip

7.2.2 Herstellungsverfahren

7.2.3 Eigenschaften

7.3 Chemische Modifizierung

7.3.1 Definition und Wirkprinzip

7.3.2 Herstellungsverfahren

7.3.3 Eigenschaften

7.4 Verwendung modifizierter Hölzer

7.5 Entsorgung modifizierter Hölzer

7.6 Hydrophobierung

7.7 WPC/NFC, Bambusprodukte

8 Oberflächenbehandlung

8.1 Beschichtungssysteme

8.2 Kombination von chemischem Schutz und Beschichtung

9 Bekämpfender Holzschutz und Sanierung

9.1 Grundsätzliches

9.1.1 Schadensdiagnose

9.1.2 Untersuchungsbericht

9.1.3 Vorbereitung der Sanierung

9.2 Bekämpfung eines Pilzbefalls

9.3 Maßnahmen bei Schäden durch holzzerstörende Insekten

9.4 Besonderheiten Kunstgut und Denkmalpflege

9.4.1 Allgemeines

9.4.2 Anwendung von Bekämpfungsverfahren nach DIN 68 800-4

9.4.3 Thermische Verfahren

9.4.4 Begasungsverfahren und modifizierte Atmosphären

9.4.5 Schimmelpilzbefall

9.5 Konstruktive Ertüchtigung

1 Einführung

Norbert Nieke

1.1 Bedeutung des Holzschutzes

Seit tausenden von Jahren wird Holz durch die Menschen als Baustoff genutzt. Doch genauso lange wissen die Menschen, dass Holz ein sehr vergänglicher Werkstoff ist, wenn man es nicht richtig schützt. Warum ist das so?

Holz ist ein Teil der Natur, genauer: verholztes Gewebe der autotrophen Pflanzen im weiteren Sinne und von Bäumen im engeren Sinne.

Im „Normalfall“ existiert es solange wie die Pflanze. Nach dem Ende von deren Lebensdauer wird die Pflanze einschließlich der verholzten Bestandteile dem Lebenskreislauf wieder eingegliedert. Das erledigen unter anderem Pilze, Insekten und Bakterien, die sich infolge der Evolution auf das Holz spezialisiert haben.

Auch wenn das Holz vor dem Zerfall der Pflanzen geerntet und durch den Menschen als Baumaterial genutzt wird, machen diese Pilze und Insekten nicht Halt vor dem Holz. Im Gegenteil, die Evolution hat dafür gesorgt, dass es Pilze und Insekten gibt, die sich auf den Abbau von verbautem Holz spezialisiert haben und zum Teil auch mit den Klimabedingungen in unseren Gebäuden gut zurechtkommen. Holz ist und bleibt Teil eines globalen Naturkreislaufes (Bild 1.1).

Bild 1.1 Naturkreislauf

Autotrophe Pflanzen binden mithilfe der Photosynthese den Kohlenstoff, heterotrophe Lebewesen (Tiere, Pilze) bauen diese Pflanzen wieder ab und produzieren dabei u. a. Kohlendioxid. Aus dieser Grundbetrachtung lassen sich viele für den Holzschutz wichtige Schlüsse ziehen:

Image       Die Zerstörung oder besser der Abbau von Holz durch Pilze und Insekten ist in der Natur für den Fortbestand des Lebens auf der Erde notwendig.

Image       Der Kreislauf darf nur unterbrochen werden, solange das Holz genutzt werden soll.

Image       Der Kreislauf kann nicht „zurückgedreht“ werden: Holzsubstanz, die einmal durch Pilze oder Insekten abgebaut ist, kann nicht zurückgewonnen werden.

Image       Pilze sind keine Pflanzen: sie haben kein Chlorophyll und betreiben keine Photosynthese; sie erzeugen aus dem gebundenen Kohlenstoff mithilfe von Enzymen Kohlendioxid.

Image       Alle Maßnahmen, die dazu beitragen, diesen Kreislauf – egal zu welchem Zeitpunkt und wie dauerhaft – zu unterbrechen, können als Holzschutzmaßnahmen bezeichnet werden.

Holz kann auf unterschiedliche Weise geschützt werden. Man spricht von organisatorischem, baulich-konstruktivem und chemischem Holzschutz. Die Priorität der Maßnahmen entspricht genau dieser Reihenfolge.

Organisatorischer Holzschutz

Von der Ernte im Wald bis zur Pflege und Erhaltung im eingebauten Zustand kann Holz durch einfache Maßnahmen geschützt werden. Das setzt Kenntnisse und Erfahrungen von allen Beteiligten im Umgang mit dem natürlichen Werkstoff voraus: richtiger Fällzeitpunkt, fachgerechte Lagerung vom Wald bis zum Einbauort (Bild 1.2), korrekte Logistik auf der Baustelle, korrektes Management aller Feuchtprozesse beim Bauen, fachgerechte Pflege aller Holzprodukte während der Nutzung. Dies sind nur einige Beispiele für Maßnahmen, die bei meist wenig Aufwand einen großen Beitrag zum Schutz des Holzes leisten.

Bild 1.2 Fachgerechte Holzlagerung im Wald

Baulich-konstruktiver Holzschutz (vgl. Abschnitt 5)

Hierunter werden alle Maßnahmen verstanden, die den Materialeigenschaften des Holzes baukonstruktiv Rechnung tragen. Das beginnt damit, dass in bestimmten Bereichen gezielt auf Holz verzichtet wird (z. B. im Spritzwasserbereich durch Aufständern von Pfosten auf Stahlfüße). Weiterhin gehört dazu die Auswahl der richtigen Holzart unter Beachtung der natürlichen Dauerhaftigkeit, des richtigen Einschnittes und der richtigen Einbaufeuchte. Bei der Auslegung der Konstruktion sind Belange des Wetterschutzes (Bild 1.3) genauso zu beachten wie die der Bauphysik. Gerade im Zeitalter des energiebewussten Bauens kommt bauphysikalischen Problemen eine steigende Bedeutung zu. Baulich-konstruktiver Holzschutz endet jedoch nicht am Computer, sondern alle am Bau Beteiligten müssen die planerischen Vorgaben fachgerecht umsetzen. So sollte es z. B. selbstverständlich sein, dass bei frei bewitterten Konstruktionen scharfe Holzkanten vor der Beschichtung abzurunden sind.

Bild 1.3 Baulicher Holzschutz bei einer Brücke

Chemischer Holzschutz (vgl. Abschnitt 6)

Vielfach wird Holzschutz in erster Linie als chemische Maßnahme wahrgenommen. Fachleute bemühen sich mindestens seit den 80er bis 90er Jahren des 20. Jahrhunderts, dieses Vorurteil zu beseitigen. Das Normenwerk und das ökologische Bewusstsein verlangen, zunächst alle organisatorischen, planerischen und konstruktiven Möglichkeiten auszuschöpfen. Nur wenn darüber hinaus weiterer Schutzbedarf besteht, der sich mit den vorgenannten Maßnahmen nicht realisieren lässt, werden chemische Holzschutzmittel eingesetzt.

Nach wie vor besteht dieser Bedarf, womit chemische Holzschutzmaßnahmen, vorbeugender und bekämpfender Art, in vielen Bereichen unumgänglich sind.

Dabei gilt: So wenig wie möglich – so viel wie nötig!

Genauso wie der übertriebene Einsatz chemischer Produkte zu Gefährdungen führen kann, ist dies auch durch unterlassenen chemischen Holzschutz möglich, etwa wenn die Standsicherheit gefährdet ist.

Daher ist der zielgerichtete und fachgerechte Einsatz von Biozidprodukten bis auf weiteres unerlässlich (Bild 1.4). Allerdings wird in Wissenschaft und Praxis nach Alternativen gesucht. Hierzu zählen z. B. neuartige Schutzkonzepte wie die Holzmodifizierung (vgl. Abschnitt 7).

Durch Kenntnisse der biologischen und physikalischen Zusammenhänge rund um das Holz im Bauwerk und durch bautechnisch-konstruktive und chemische Maßnahmen ist es möglich, den Werkstoff Holz als langlebigen, ökologischen und ästhetischen Baustoff einzusetzen. Dazu muss der Widerspruch zwischen Holz als natürliche, vergängliche Substanz und unserem Nutzungsanspruch als Baustoff gelöst werden. Auf der Grundlage von Kenntnissen der Holzeigenschaften, möglicher schädlicher Einflüsse auf das Holz und der Einsatzbedingungen, kann das Holz wirksam geschützt werden.

Bild 1.4 Imprägnierte Holzmasten

1.2 Geschichte des Holzschutzes

Holz ist einer der ältesten Bau- und Werkstoffe des Menschen. Genau so lange, wie Menschen das Holz nutzen, wissen sie, dass sie es schützen müssen. Es sind sowohl chemische und physikalische Maßnahmen wie Tauchen oder Lagern in Meerwasser oder Salzsole, Beflammen, Ankohlen, Behandlung mit Erdpech, Bitumen, Naturasphalt, toxischen Ölen (z. B. Nardenöl) als auch konstruktive Maßnahmen wie Niedrighalten der Baufeuchte oder Auswahl des richtigen Fällzeitpunktes bis 5000 v. Chr. belegt (Bild 1.5).

Bereits im Alten Testament der Bibel sind Empfehlungen zum Schutz des Holzes zu finden. So steht im 1. Buch Mose, Kap. 6 Vers 14, dass Noah für den Bau der Arche Zypressenholz verwenden und dieses mit Pech schützen soll. Aber auch mit der Beseitigung von Holzschäden mussten sich die Menschen frühzeitig auseinandersetzen. Der bekannteste Hinweis auf bekämpfende Holzschutzmaßnahmen findet sich ebenfalls in der Bibel. Im 3. Buch Mose, Kap. 14 Vers 33 – 54 wird im „Gesetz über Aussatz an Häusern“ beschrieben, wie Hausschwamm zu bekämpfen ist.

Bild 1.5 Sonnenobservatorium Goseck, 5000 v. Chr., Rekonstruktion

Über Jahrtausende wurde das Wissen um die Eigenschaften des Holzes und die entsprechenden Schutzmöglichkeiten als Erfahrungsschatz weitergegeben und erweitert. In der Blüte des Holzbaues im Hochmittelalter (15./16. Jh.) entstanden Fachwerkstädte, die uns heute noch beeindrucken. Konstruktive Schutzmaßnahmen wie überkragende Geschosse, Wasserschenkel, Tropfkanten usw. trugen dazu bei, dass viele der Bauwerke bis heute erhalten geblieben sind.

Auch chemische Holzschutzmaßnahmen wurden ständig weiterentwickelt, wobei die Entwicklung hier ab dem Mittelalter vor allem aus dem Bereich der Alchemie vorangetrieben wurde (Einsatz von Quecksilber, Kupfer, Arsen usw.). Ab dem 19. Jh. begann jedoch auch eine systematische Holzschutzforschung. 1832 wurde das erste britische Patent für Quecksilberchlorid erteilt. 1838 wurden das Kesseldruckverfahren und die industrielle Anwendung von Steinkohlenteeröl patentiert.

Im 20. Jh. beeinflusst die Entwicklung der Chemie den Holzschutz noch stärker. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts beginnt der Einsatz chlorierter Naphthaline als organisches Holzschutzmittel; der Markenname „Xylamon“ wird zum Inbegriff des Holzschutzes. Es folgen in den 40er Jahren die Entdeckung des DDT (Dichlordiphenyltrichlormethylmethan) als Insektizid, die Übernahme von Wirkstoffen aus der chemischen Kampfstoffindustrie während und nach dem 2. Weltkrieg, wie HCH (Hexachlorcyclohexan, auch bekannt als Lindan), und der Import des Pilzgiftes PCP (Pentachlorphenol) aus den USA (50er Jahre).

Der Einsatz von Holzschutzmitteln wird zum Sinnbild für den Begriff „Holzschutz“.

In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ist der Höhepunkt des Holzschutzmitteleinsatzes zu sehen. Danach beginnt durch die negativen Begleiterscheinungen dieser Entwicklung ein generelles Umdenken; man besinnt sich stärker auf die Möglichkeiten des baulichen Holzschutzes.

Die Neufassung der einzelnen Teile der DIN 68800 von 1990 – 96 belegt die steigende Bedeutung des konstruktiven Holzschutzes; damit einher geht seitdem das Bemühen um die Minimierung des Wirkstoffanteiles in Holzschutzmitteln bzw. der Aufwandmengen.

Der Einfluss der europäischen Biozidgesetzgebung und die erneute (erstmals komplette) Überarbeitung der DIN 68800 und deren Erscheinen 2011/12 haben nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung des Holzschutzes. Mit der aktuellen Überarbeitung der Holzschutznorm 2019–2021 wird diese Entwicklung fortgeschrieben. Chemische Holzschutzmaßnahmen sollen auf das notwendige Minimum reduziert und die Einsatzmöglichkeiten nichtchemischer Verfahren weiter verbessert werden.

2 Gebrauchsklassen

Norbert Nieke

Um Holz richtig schützen zu können, muss zunächst festgestellt werden, vor welcher Gefährdung es überhaupt geschützt werden muss. Dies ist vor allem vom Einbauort bzw. den Bedingungen an diesem Ort abhängig. Eine wichtige Hilfe und Grundlage bildet die (DIN 68800-1, 2019), die, basierend auf der Europäischen Normung (DIN EN 335, 2013), sechs Gebrauchsklassen (GK, früher: „Gefährdungsklassen“) definiert (Tabelle 2.1). Diese gehen von kumulierenden Gefahrenfaktoren aus.

Tabelle 2.1 Gebrauchsklassen nach DIN 68800-1:2019

GK

Holzfeuchte/Exposition

Allgemeine Gebrauchsbedingungen

Gefährdung durch Insekten

Gefährdung durch Pilze

Auswaschbeanspruchung

Gefährdung durch Moderfäule

Holz­schäd­linge im Meer­wasser

0

Trocken (ständig ≤ 20 %) mittlere relative Luftfeuchte bis 85 %

Holz oder Holzprodukt unter Dach, nicht der Bewitterung und keiner Befeuchtung ausgesetzt, die Gefahr von Bauschäden kann entsprechend 5.2.1 ausgeschlossen werden *)

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

1

Trocken (ständig ≤ 20 %) mittlere relative Luftfeuchte bis 85 %

Holz oder Holzprodukt unter Dach, nicht der Bewitterung und keiner Befeuchtung ausgesetzt

Ja

Nein

Nein

Nein

Nein

2

Gelegentlich feucht (> 20 %) mittlere relative Luftfeuchte über 85 % oder zeitweise Befeuchtung durch Kondensation

Holz oder Holzprodukt unter Dach, nicht der Bewitterung ausgesetzt, eine hohe Umgebungsfeuchte kann zu gelegentlicher aber nicht dauernder Befeuchtung führen

Ja

Ja

Nein

Nein

Nein

3.1

Gelegentlich feucht (> 20 %) Anreicherung von Wasser im Holz, auch räumlich begrenzt, nicht zu erwarten

Holz oder Holzprodukt nicht unter Dach, mit Bewitterung, aber ohne ständigen Erd- oder Wasserkontakt, Anreicherung von Wasser im Holz, auch räumlich begrenzt, ist aufgrund von rascher Rücktrocknung nicht zu erwarten

Ja

Ja

Ja

Nein

Nein

3.2

Häufig feucht (> 20 %) Anreicherung von Wasser im Holz, auch räumlich begrenzt, zu erwarten

Holz oder Holzprodukt nicht unter Dach, mit Bewitterung, aber ohne ständigen Erd- oder Wasserkontakt, Anreicherung von Wasser im Holz, auch räumlich begrenzt, zu erwarten

Ja

Ja

Ja

Nein

Nein

4

Vorwiegend bis ständig feucht (> 20 %)

Holz oder Holzprodukt in Kontakt mit Erde oder Süßwasser und so bei mäßiger bis starker Beanspruchung vorwiegend bis ständig einer Befeuchtung ausgesetzt

Ja

Ja

Ja

Ja

Nein

5

ständig feucht (> 20 %)

Holz oder Holzprodukt ständig Meerwasser ausgesetzt

Ja

Ja

Ja

Ja

Ja

GK = Gebrauchsklasse
*) Punkt 5.2.1 besagt sinngemäß: Das Risiko von Bauschäden durch Insekten wird vermieden, indem Holz in Räumen mit üblichem Wohnklima oder vergleichbaren Räumen verbaut ist oder die Bauteile in entsprechender Weise beansprucht werden,
oder
indem das Holz gegen Insektenbefall allseitig durch eine geschlossene Bekleidung abgedeckt ist, oder indem das Holz . . . so offen angeordnet ist, dass es kontrollierbar bleibt und entsprechend darauf hingewiesen wird.

Die Gefahr eines Insektenbefalls ist fast immer gegeben. Unter bestimmten Bedingungen kann diese Gefahr jedoch ohne weitere Maßnahmen toleriert werden, wenn das Holz ständig kontrollierbar, insektendicht bekleidet oder technisch getrocknet ist. Letzteres ist in der Praxis allerdings umstritten.

Bei gelegentlicher Befeuchtung bzw. einer umgebenden Luftfeuchte von über 85 % kommt die Gefährdung durch holzzerstörende Pilze hinzu.

Weiter steigt die Gefährdung bei frei bewittertem Holz, wo zusätzlich eine Auswaschbeanspruchung in der Regel zusammen mit UV-Strahlung einwirkt. Dabei wird hier noch unterschieden, ob sich Feuchtigkeit im Holz anreichern kann oder nicht.

Schließlich liegt die höchste Gefährdung vor, wenn Holz im ständigen Kontakt mit Erde oder Süßwasser steht und damit zusätzlich der Gefahr durch Moderfäuleerreger ausgesetzt ist.

Für den maritimen Bereich wird darüber hinaus noch eine Gebrauchsklasse definiert, bei der Holz ständig dem Meerwasser ausgesetzt ist. Hier besteht die Gefahr der Schädigung z. B. durch Bohrmuscheln oder Bohrasseln.

Die Zuordnung zu einer Gebrauchsklasse erscheint auf den ersten Blick einfach und übersichtlich. Doch am Beispiel eines einfachen Dachstuhls wird sichtbar, dass sehr differenziert herangegangen werden muss, um wirklich jedes Bauteil richtig zuzuordnen:

Image       Sichtbare Sparren/Pfetten im Wohnbereich – GK 0

Image       Sparren im Kaltdachbereich (z. B. Spitzboden) – GK 0 oder 1

Image       Sparren/Pfetten im kondensatgefährdeten Bereich (Durchdringungspunkte durch das Außenmauerwerk) – GK 2

Image       Flugsparren und relativ geschützt eingebaute Pfettenköpfe – GK 3.1

Image       Ungeschützte Pfettenköpfe (Wetterseite) – GK 3.2

Der Dachstuhl befindet sich also in 5 verschiedenen Gebrauchsklassen.

Das heißt, ein einheitlicher Holzschutz für die gesamte Konstruktion ist nicht sinnvoll. Vielmehr müssen unter genauer Risiko-Nutzen-Abwägung differenzierte Maßnahmen geplant werden. Dabei spielen auch örtliche Faktoren (Wetterbeanspruchung, Befallsdruck in der Umgebung, eventuelle Vorschäden usw.) und nicht zuletzt der Wunsch der Bauherren eine Rolle. Immer wichtiger wird die Aufgabe, die Auftraggeber umfassend zu beraten und in die Entscheidungen einzubeziehen.

Auch sollte bei der Einordnung in die Gebrauchsklassen die Entwicklung des Bauwerkes nach der Fertigstellung bedacht werden. So kann sich z. B. eine für die GK 3.1/3.2 geplante Brücke durch intensive Begrünung oder Verschmutzung unter den Bedingungen der GK 4 wiederfinden.

Der Gefährdung kann durch konstruktive Maßnahmen zur Reduzierung der Gebrauchsklasse (z. B. Abdeckung von bewitterten Pfettenköpfen), durch Auswahl dauerhafter Hölzer (entsprechende Farbkernhölzer in der GK 1 und 2) oder durch den Einsatz entsprechend zugelassener Holzschutzmittel begegnet werden. Dabei können anhand der Gebrauchsklasse die notwendige Dauerhaftigkeit des Holzes bzw. die Eigenschaften und das richtige Einbringverfahren des Holzschutzmittels bestimmt werden.

Neben den Gebrauchsklassen gibt es weitere Klassifizierungen und Zuordnungen der Holzbauteile, die je nach Kontext von Bedeutung sein können (Hähnel, 2010):

Klassifizierung

Normhinweis

Image       Baustoffklasse

DIN 4102

Image       Dauerhaftigkeitsklasse

DIN EN 350-2

Image       Dimensionsklasse

EN 1315-2

Image       Eindringtiefenklasse

EN 351-1

Image       Festigkeitsklasse BS-Holz

DIN 1052

Image       Festigkeitsklasse NSH

DIN EN 1912; EN 338

Image       Feuerwiderstandsklasse

DIN 4102-2

Image       Gebrauchsklasse

DIN EN 335-1

Image       Gefährdungsklasse

DIN 68800 Teil 3 bis 20121

Image       Güteklasse (Baurundholz)

DIN 4074, 1958

Image       Güteklasse (Bauschnittholz)

DIN 4074, alt

Image       Holzwerkstoffklasse

DIN 68754 7 1

Image       Maßtoleranzklasse

DIN EN 336

Image       Nutzungsklasse

Eurocode 5

Image       Schutzklasse

Fachregeln des Zimmererhandwerkes 02

Image       Penetrationsklasse

DIN 68800 Teil 3

Image       Qualitätsklasse (Laubschnittholz)

EN 975-1

Image       Resistenzklasse (zuk. Dauerhaftigkeitsklasse)

DIN 68364, DIN EN 350-2

Image       Schnittklasse

DIN 68365, DIN 18334

Image       Sortierklasse

DIN 4074

Image       Tränkbarkeitsklasse

DIN EN 350-2

Image       Zifferngüteklasse

nur nach Tegernseer Gebräuchen

Von besonderer Bedeutung sind neben den Gebrauchsklassen die Nutzungsklassen entsprechend Eurocode 5 (DIN EN 1995, 2004), die nachfolgend in Gegenüberstellung zu den Gebrauchsklassen nach (DIN 68800-1, 2019) aufgeführt sind (Tabelle 2.2).

Tabelle 2.2 Gegenüberstellung Gebrauchsklassen nach DIN 68800-1 und Eurocode 5 (nach Rüpke)

Nutzungsklassen nach Eurocode 5/DIN EN 1995-1-1 Abschn. 2.3.1.3

entspricht etwa

Nutzungsklasse

Klimabedingungen

Anwendungsbereiche

GK

1

Die Nutzungsklasse 1 ist gekennzeichnet durch einen Feuchtegehalt in den Baustoffen, der einer Temperatur von 20 °C und einer relativen Luftfeuchte der umgebenden Luft entspricht, die nur für einige Wochen pro Jahr einen Wert von 65 % übersteigt (bei den meisten Nadelhölzer nicht mehr als 12 % Holzfeuchte).

z. B. in allseitig geschlossenen und beheizten Bauwerken

GK 1

2

Die Nutzungsklasse 2 ist gekennzeichnet durch einen Feuchtegehalt in den Baustoffen, der einer Temperatur von 20 °C und einer relativen Luftfeuchte der umgebenden Luft entspricht, die nur für einige Wochen pro Jahr einen Wert von 85 % übersteigt (bei den meisten Nadelhölzer nicht mehr als 20 % Holzfeuchte).

z. B. bei überdachten offenen Bauwerken

GK 2

3

Die Nutzungsklasse 3 erfasst Klimabedingungen, die zu höheren Feuchtegehalten als in Nutzungsklasse 2 führen.

z. B. für Konstruktionen, die der Witterung ausgesetzt sind

GK 3 und höher

Die Zuordnung von Bauteilen zu Nutzungsklassen ist für den Nachweis der Standsicherheit und Tragfähigkeit erforderlich, da die Festigkeitseigenschaften von Holz und Holzwerkstoffen unter verschiedenen Klimabedingungen unterschiedlich sind. Im Gegensatz dazu steht bei der Einordnung nach den Gebrauchsklassen der Schutzgedanke im Vordergrund. Die Zuordnung von Holzwerkstoffen zu Nutzungsklassen bezieht sich auf die Feuchtebeständigkeit der Verklebung. Eine Eignung für eine bestimmte Gebrauchsklasse kann hieraus nicht abgeleitet werden, denn diese hängt ebenso von der natürlichen Dauerhaftigkeit des verwendeten Holzes oder der Ausrüstung mit einem geeigneten Holzschutzmittel ab. Gemäß DIN 68800-2 sollen Holzwerkstoffe nur dort eingesetzt werden, wo aufgrund der Feuchtebedingungen keine Gefahr eines Pilzbefalls besteht. Fassadenbekleidungen aus plattenförmigen Holzwerkstoffen benötigen einen bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweis. Dieser ist ebenfalls erforderlich, wenn Holzwerkstoffe für tragende Bauteile unter höheren Feuchtebelastungen als in DIN 68800-2 angegeben verwendet werden sollen. Bei Verwendung für nicht tragende Bauteile sollte je nach Anwendungsbereich ein Schutz nach DIN 68800-3 erfolgen. Wie diese Tabelle zeigt, ist es in der Praxis schwierig, die verschiedenen Zuordnungen und Klassifizierungen in Einklang zu bringen, da sie aus verschiedenen Herangehensweisen und Interessenlagen entstanden sind.

Quellen und weiterführende Literatur

Clausnitzer, K.-D.: Historischer Holzschutz – Zur Geschichte der Holzschutzmaßnahmen von der Steinzeit bis in das 20. Jahrhundert. – und Werkholzschädlinge, Staufen bei Freiburg, ökobuchverlag, 1990

DIN 68800-1:2019-06: Holzschutz – Teil 1: Allgemeines

DIN 68800-4:2020-12: Holzschutz – Teil 4: Bekämpfungs- und Sanierungsmaßnahmen gegen Holz zerstörende Pilze und Insekten

DIN EN 13183-1:2002-07: Feuchtegehalt eines Stückes Schnittholz – Teil 1: Bestimmung durch Darrverfahren; Deutsche Fassung EN 13183-1:2002

DIN EN 1995-1-2:2010-12: Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten – Teil 1 – 2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall; Deutsche Fassung EN 1995-1-2:2004 + AC:2009

Erler, K.: Alte Holzbauwerke beurteilen und sanieren, Berlin, Huss-Medien GmbH, 3. Auflage, 2004

Hähnel, E.: Fachwerkinstandsetzung – ein Praxishandbuch, Berlin, Huss-Medien GmbH, 2003

Hähnel, E.: Holzbau und Holzschutz von A bis Z, Berlin, Huss-Medien GmbH, 2007

Hähnel, E.: Holzbau. Tagungsmappe Sächsischer Holzschutzverband e.V. Leipzig: Sächsischer Holzschutzverband e.V., 2010

Marutzky, R. (Herausg.): Holzschutz – Praxiskommentar zur DIN 68800 Teile 1 bis 4, 2. vollständig überarbeitete Auflage, Berlin, Beuth-Verlag 2013

Plarre, R.: Thermische Bekämpfungsverfahren im Holzschutz durch Elektromagnetismus. Tagungsmappe Sächsischer Holzschutzverband e.V. Leipzig: Sächsischer Holzschutzverband e.V.; 2013

Rüpke, H.-J.: www.holzfragen.de. Abgerufen 2014

WTA-Merkblatt 1-1-06/D.: Heißluftverfahren zur Bekämpfung tierischer Holzzerstörer in Bauwerken, 2008

WTA-Merkblatt 1-2-21/D.: Der Echte Hausschwamm, 2021

3 Holzkundliche Grundlagen

Björn Weiß