Über das Buch

Juni 1948. Auf einem Fensterplatz in der Kleinbahn, die sich ruckelnd und pfeifend das Tal des Harlem River hinaufschiebt, sitzt ein schlechtgelaunter Mann. Er heißt Leopold Perlstein, ist von Beruf Versicherungsmathematiker, und er will eigentlich gar nicht hier sein. Erst am Tag zuvor ist er in New York City angekommen, nach einer langen, nicht sehr komfortablen Schiffspassage zweiter Klasse von Jaffa aus, mit Umsteigen in Marseille, und dann hat er die Nacht in einem ebenfalls zweitklassigen Hotel auf der 42sten Straße in Manhattan verbracht, irgendwo zwischen der Pier und Grand Central Terminal. Wenn er auch zugeben muss, dass die Moore und Seen des Tals, die vorm Fenster vorüberziehen, und die von frühsommerlichem Grün überzogenen Hügelketten im Hintergrund einen gewissen Charme haben, so peinigen ihn doch, nach endlosen Nächten auf harten, schmalen Matratzen, seine Rückenschmerzen. Die Fahrt in dieser altmodischen Bahn, die bei jeder Weiche aus dem Gleis zu springen droht, scheint ihm von allen Zumutungen seiner Reise die äußerste.

Wenn er wüsste, was ihm noch blüht, würde er sicher umdrehen. Doch was für ein Glück, dass er das nicht tut – und nicht den Sommer verpasst, der seinem Leben noch einmal die ganz große glückliche Wendung gibt.

Über Agnes Krup

Agnes Krup war nach ihrem Studium in Hamburg und Tübingen als Lektorin,Literaturagentin und Verlagsscout tätig. Geboren in Hamburg, lebt sie heute in einem alten Gästehaus in der Nähe von Sharon, Connecticut und in Berlin. Ihr Debüt »Mit der Flut« erschien 2017 und war auf Anhieb ein Erfolg. Nach »Sommergäste« ist »Leo und Dora« ihr dritter Roman. 

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Agnes Krup

Leo und Dora

Roman

„Das Leben ist doch Kitsch!“

Sammy Gronemann

1948

I

Samstag, 26. Juni

»Sir? Wir sind gleich da.« Ein Finger klopfte leicht auf seine Schulter.

Leo fuhr hoch und rieb sich die Augen. Die Bahn arbeitete sich aus einem Tal heraus. »Amenia Station« stand auf dem etwas angeschlagenen Blechschild, das durch das Zugfenster zu sehen war. War er tatsächlich noch einmal eingenickt? Was für seltsame Namen die Orte hier hatten. Ten Mile River, das musste das Flüsschen sein, das sich eine ganze Weile neben dem Bahndamm hin und her gewunden hatte. Und direkt am Bahnhof Wassaic hatte ein Schuppen eine »Milchsammelstelle« verkündet.

»Nächste Station, Sir. Fünf Minuten«, sagte der Schaffner und nickte ihm freundlich zu, während krachend eine Waggontür ins Schloss fiel. Der Zug ruckte an, und Leo verzog schmerzhaft das Gesicht. Der verflixte Rücken! Die elenden durchgesessenen Polster des Zugabteils gaben ihm den Rest. Noch fünf Minuten. Ihm waren die letzten Stunden der Reise, seit er in der New Yorker Grand Central Station in die Bahn gestiegen war, länger erschienen als die zwei Wochen zuvor.

Vielleicht lag das am Krieg, dachte Leo. Eigentlich hatte er in New York einige Tage mit den Liebreichs verbringen wollen, vor ihrer Abreise nach Südamerika. Er hatte Alma und Hugo seit mehr als zehn Jahren nicht gesehen. Sie hatten ihm die Stadt zeigen, ihn ein paar wichtigen Leuten vorstellen wollen, bevor sie ihn in ihr Landhaus in Connecticut verbannten, wo er, auf Almas Geheiß, endlich ein neues Buch schreiben sollte. Aber Leos Schiffspassage von Jaffa hatte sich wegen der Angriffe um ein paar Wochen verschoben. Alma und Hugo hingegen hatten pünktlich ihre Wohnung auf der Upper East Side dem Untermieter übergeben, der dort die nächsten drei Monate verbringen würde. Und ebenso pünktlich hatten sie die Argentina bestiegen, die sie nach Buenos Aires bringen würde, wo Hugos Tochter gerade ein Baby bekommen hatte. Hugo, ein Großvater, dachte Leo ärgerlich – dabei war Hugo noch keine sechzig, nur ein paar Jahre älter als er selbst.

Dank des Krieges in Palästina also – oder Israel, wie man jetzt wohl denken und sagen musste – hatte er von New York nichts gesehen und war statt im Gästezimmer der Liebreichs in einem nicht sehr komfortablen Hotel auf der 42nd Street gelandet, in der Nähe vom Bahnhof Grand Central, nur für eine Nacht. Es war sauber; er konnte sich nicht beschweren, Alma hatte es für ihn bestellt. Und Alma hatte das Zimmer auch bezahlt, wie aus einem Telegramm von ihr hervorging, das ihn auf der Überfahrt erreichte, kurz nachdem sein Schiff die Azoren passiert hatte. Leo war sich ziemlich sicher, dass Hugo nichts davon wusste.

Er hatte während der ganzen Reise, seit über zwei Wochen, mit niemandem geredet. Nicht einen einzigen gescheiten Schachpartner hatte er gefunden, der großspurige Palermitaner, der in Neapel zugestiegen war, hatte sich rasch als kompletter Amateur erwiesen. Gewiss, mit dienstbeflissenen Passbeamten hatte er knappe Dialoge führen müssen, mit servilen Gepäckträgern und mit mürrischen Kellnern, die während der Überfahrt dünne Suppe ausgeteilt und zähe Bratenscheiben auf unaufgewärmte Teller geklatscht hatten. Der Schaffner in diesem Zug würde der letzte in dieser Kette vorüberziehender dienstbarer Geister sein.

Hugo und Alma hatten ein Auto, mit dem er am Bahnhof abgeholt würde, ein ganz neues Chevrolet Kabriolett, blassgrün, wie Alma ihm stolz geschrieben hatte. Es stehe ihm während seines Aufenthalts zur Verfügung. Er hatte abgewinkt, er habe keinen Führerschein. Nun, dann werde ihn Pete Reynolds hin und wieder herumfahren, das war das Faktotum, der Mann von Mary, der Haushälterin, die abends für Leo kochen sollte. Die Landschaft sei sehr schön, hatte Alma geschrieben, Balsam für die Seele und bestimmt inspirierend für seine Arbeit. Von letzterem hatte Leo die Bahnfahrt nicht überzeugt. Nachdem der Zug erst die grauen Wohnklötze und dann die endlosen weißbezäunten Vororte New Yorks hinter sich gelassen hatte, war er ruckelnd und pfeifend durch niedrige Birken- und Tannenwäldchen gekrochen, an felsigen Hügelketten entlang, durch Marschen, von kleinen Flüsschen durchzogen, aus denen sich hier und da eine Biberburg erhob. Eine sumpfige, struppige Indianerlandschaft war das. Während er eingenickt war, hatte Leo immer wieder die Uferpromenade am Wolfgangsee vor sich gesehen, die Tennisplätze in Ischl, den Ausblick von der Katrin an einem Sommermorgen. Unwirsch schüttelte er den Kopf. Er kam nicht aus dem Salzkammergut, sondern aus dem Krieg, schon wieder aus einem Krieg, und wahrscheinlich sollte er dankbar sein für dieses befriedete Lederstrumpf-Land.

Der Zug pfiff erneut, bremste abrupt. Leo verzog wieder das Gesicht, stand ächzend auf und legte die Hand ins Kreuz, bevor er sich vorsichtig nach dem Gepäcknetz streckte.

Hätte der Schaffner ihm nicht die Reisetasche herunterheben können? Doch der Mann war beschäftigt. »Sharon Station!«, rief er mit Stentorstimme, während er mit großen Schritten die Waggons durchquerte. »Sharon Station! Zug nach Pittsfield, wir erreichen jetzt Sharon Station!«

Zumindest hatte der Schaffner seinen großen Koffer auf den Bahnsteig gestellt, sah Leo, als er aus der Waggontür auf das Trittbrett kletterte. Suchend blickte er sich um. Ein paar Männer mit leinenem kleinem Wochenendgepäck waren mit ihm ausgestiegen, auf dem Bahnsteig hüpften Kinder aufgeregt auf und ab, junge Frauen in Sommerkleidern winkten den Ankömmlingen zu. Ein Automobil war nirgends zu sehen, geschweige denn ein blassgrünes Kabriolett.

»Einsteigen bitte, alles einsteigen! Zug nach Pittsfield, nächste Station Millerton!«, rief der Schaffner. Niemand stieg ein, die Waggontüren schlugen zu, der Zug ruckte an. Der kleine Bahnsteig leerte sich. Als müsse er sich vergewissern, nahm Leo seine Brille ab und zog ein nicht mehr ganz frisches weißes Taschentuch aus der Hosentasche. Er putzte die Brille und setzte sie wieder auf. Die zuckerbäckrigen Schnitzereien im Giebel des verwitterten Stationshäuschens traten jetzt klarer hervor. Der Schriftzug auf dem weißemaillierten Stationsschild blieb derselbe: »Sharon Station«.

Nur ein magerer Junge mit einem pickligen Gesicht unter einer Schiebermütze war auf dem Bahnsteig zurückgeblieben. Er hielt eine Sackkarre und sah unverwandt zu Leo herüber. »Mr. Perlstein?«, rief er jetzt, etwas zögernd. Er sprach Leos Namen amerikanisch aus und versah ihn mit einem stimmbrüchigen Kiekser.

Leo runzelte die Stirn. Wie ein gestandener Handwerker und Chauffeur wirkte der Bursche nicht. »Pete Reynolds?«

Der Junge schüttelte den Kopf. »Anton. Ich soll Sie abholen.«

»Hat Mr. Reynolds dich geschickt?«, hakte Leo nach.

Wieder ein Kopfschütteln. »Nein, Miss Dora. Aber Sie sollen Pete gleich anrufen, wenn Sie im Roxy sind.«

»Ich kenne keine Miss Dora und keine Miss Roxy«, sagte Leo scharf. »Ich erwarte meinen Chauffeur, der –«

»Nicht Miss Roxy«, unterbrach ihn der Junge. »Das Roxy ist das da.« Mit der Hand wedelte er in Richtung eines kastenförmigen Gebäudes mit einem hohen mehrgiebligen Dach, das auf der anderen Straßenseite stand.

»Hier liegt ein Irrtum vor«, sagte Leo noch etwas schärfer, er hörte selbst, wie sich dabei ein stärkerer Wiener Akzent in sein Englisch schlich. »Ich bin Leopold Perlstein, auf dem Weg nach Sharon in Connecticut, in das Haus –«

Der Junge nickte und lud Leos Koffer auf die Sackkarre. »Sie sind Mister Perlstein, genau. Ich bringe Sie jetzt ins Roxy.« Er rückte seine Mütze zurecht und schob los. »Das Haus in Sharon ist letzte Nacht abgebrannt«, erklärte er über die Schulter.

»Abgebrannt?«, schrie Leo fassungslos. Der Junge hatte ihn eine hohe hölzerne Treppe heraufgewinkt, die auf eine überdachte Veranda führte, und war mit der Sackkarre nebst Koffer um das klobige Gebäude herum verschwunden. Auf der überdachten Veranda erwartete Leo eine kleine, zierliche Frau, mit einer zu großen Schürze über ihrem Sommerkleid und bemehlten Händen. Sie nickte, entweder als Antwort auf Leos Frage oder zur Begrüßung.

»Mr. Perlstein? Ich bin Dora. Es stimmt leider, das Haus der Liebreichs ist gestern Nacht abgebrannt, vermutlich eine defekte elektrische Leitung. Sie hatten ja gerade erst alles renoviert«, fügte sie mit einem Seufzer hinzu und wischte die Hände an der Schürze ab.

Leo starrte sie an. Sie mochte um die vierzig sein, in ihr dunkles Haar, das sie im Nacken zu einem Knoten geschlungen hatte, mischten sich ein paar graue Strähnen, und in den Augen- und Mundwinkeln hatte sie kleine Fältchen. »Aber es muss doch … Selbst wenn es einen Brand gegeben hat, wird es doch eine Möglichkeit geben, in dem Haus …«

Sie erwiderte seinen Blick, nicht unfreundlich. »Das Haus ist abgebrannt,« wiederholte sie. »Das ganze Haus.«

Leo versuchte zu verstehen, was sie sagte. Er musste sich konzentrieren, und dafür brauchte er eine Zigarette, aber er hatte die letzten aus seinem Etui im Zug geraucht. Er sah auf die bemehlten Hände der Frau. Sie waren schmal, mit langen Fingern, und doch wirkten sie kräftig, Hände, die stets wussten, was sie taten. Seine eigenen hingegen zitterten, das spürte er.

»Und der Chauffeur, Mr. Reynolds?«, fragte er schließlich und hob den Blick wieder. »Vielleicht könnte er …«

»Auch die Garage, Mr. Perlstein«, sagte die Frau, die Dora hieß, geduldig. Sie sah ihn fast mitleidig an; ihre Augen waren von einem schimmernden Grau. Oder waren sie grün? »Pete hat darum gebeten, dass Sie ihn gleich anrufen, wenn Sie hier sind. Das Telefon steht in der Halle, kommen Sie doch bitte herein.«

Die sogenannte Halle war ein enger, dämmriger Flur, den sie durch einen kleinen Windfang erreichten. Seine rechte Hälfte wurde von einer steilen Treppe ausgefüllt. Außerdem gab es mehrere Türen, und an einer Reihe von Garderobenhaken hingen Spazierstöcke, Regenschirme, ein Sortiment von Hüten und Kindermützen. Am Ende des Flurs war ein brauner Kasten an der Wand angebracht, mit einer Kurbel an der Seite. Auf einem Tischchen darunter stand, mit einer Schnur verbunden, die Sprechmuschel, von der der Hörer hing. Leo runzelte die Stirn. So etwas gab es noch? Mochte man über Tel Aviv sagen, was man wollte, aber er hatte in der Gotlieb Street seit Jahren ein Telefon mit Wählscheibe.

Dora wischte sich die Hände an der Schürze ab, setzte sich an das Tischchen und nahm die Sprechmuschel in die eine Hand, den Hörer in die andere. »Ellie? Ich bin’s. Ja, er ist gerade angekommen, der Zug war ausnahmsweise mal pünktlich. Kannst du uns mit den Reynolds verbinden?« Sie schwieg eine Weile. »Hallo, Pete? Ja, er ist hier. Warte.«

Leo nahm den Hörer, den sie ihm hinhielt, und bückte sich zur Sprechmuschel hinunter. »Mr. Reynolds? Hier ist Leopold Perlstein. Ich muss Ihnen sagen, ich bin …«

»Hullo, Mr. Perlstein«, dröhnte es aus der Leitung. »Fatale Sache, das. Sieht so aus, als habe der Elektriker gepfuscht. Der war nicht von hier, den haben sich die Liebreichs aus Sheffield kommen lassen, angeblich, weil er sich mit diesen neumodischen Klimaanlagen so gut auskennt. Ich hatte es Hugo ja gleich …« Ein Klicken ertönte in der Leitung. »… wollte ja nicht hören. Wenn er einfach mit unserem Elektriker gearbeitet hätte, hier in Sharon, das ist mein Schwager, verstehen Sie, der hätte …«

»Pete? Pete?«, rief es in die Leitung. »Bist du das? Ist er schon hier?«

»Gerade angekommen, Maisy«, bestätigte Pete.

»Sag bloß, der Zug war pünktlich!«, rief die Frauenstimme.

»… war schon nichts mehr zu retten, als die Feuerwehr kam«, erklärte Petes Stimme sachlich. »Und das schöne neue Auto! Ich hatte gerade noch mal vollgetankt.«

»Pete, wenn es weiter nichts gibt, dann würde ich gern meine Cousine anrufen und ihr das Rezept von –«

»Wer spricht denn da?«, rief Leo ärgerlich. »Mr. Reynolds? Hallo? Pete? Sind Sie noch da?«

»… schon telegraphiert«, hörte er wieder Petes Bassstimme. »Keine Ahnung, wann sie die Nachricht erhalten, ist ja nicht so einfach auf hoher See, und ihr Schiff kommt erst in zwei Wochen in Buenos Aires an.«

»Ja, in zwei Wochen«, murmelte Leo und schluckte. »Hören Sie, Mr. Reynolds, wenn Sie den Liebreichs zurücktelegraphieren könnten, dass …«

»… sie möchte den Zitronenkuchen unbedingt zu Tante Mabels Geburtstag machen«, erklärte die Maisy-Stimme jedem, der es hören wollte.

»Jetzt seien Sie doch mal still! Man versteht ja sein eigenes Wort nicht!«, rief Leo verzweifelt. Da war er wieder, der Wiener Akzent.

»Verstehen Sie ihn nicht?«, fragte Dora besorgt und nahm ihm die Hörmuschel aus der Hand. »Pete, ich bin’s wieder. Er spricht nicht so gut Englisch.«

»Natürlich spreche ich gut Englisch«, sagte Leo aufgebracht. »Ich lebe seit zehn Jahren in Tel Aviv, was glauben Sie, was man dort spricht? Und schon in den zwanziger Jahren war ich verantwortlich für die englische Korrespondenz bei der Anker-Versicherung in Wien. Ich verstehe nur nicht …«

Dora hörte nicht zu. »Pete? Maisy, warte mal kurz, lass mich mit Pete reden. Ja, es wird gehen, obwohl es etwas eng wird. Ja, ja, ich erkläre es ihm schon. Ja, genau. Nein, du brauchst nicht extra vorbeizukommen.«

»Fragen Sie ihn«, sagte Leo dringlich, »fragen Sie ihn, ob er die Liebreichs nicht bitten kann, mir ein Hotel …«

»Oh, entschuldige, Maisy. Das hättest du sagen sollen, dass deine Cousine das Rezept jetzt gleich braucht. Ja, ich weiß, dass Zitronenkuchen über Nacht durchziehen muss. Ellie, ich mach jetzt Schluss, dann kannst du Maisy verbinden. Bye.« Dora hängte den Hörer ein. »Gemeinschaftsleitung«, sagte sie erklärend. »Da muss man sich kurzfassen.«

»Aber – aber vielleicht könnte mir Mr. Reynolds ein Hotel …«

»Dies ist ein Hotel, Mr. Perlstein«, sagte Dora.

Leo sah sich in dem engen Flur um, als könnte der sich unter seinen Blicken ausdehnen. Dann sah er wieder auf die Frau. Sie hatte etwas Altmodisches an sich, und es lag nicht am Haarknoten oder der unförmigen Schürze. Er sah wieder auf ihre bemehlten Hände, und der Anblick beruhigte ihn ein wenig.

»Wir sind eigentlich voll besetzt«, fügte Dora hinzu. »Die Sommersaison.« Sie wandte sich zur Treppe und zögerte. »Es ist – es ist das einzige Zimmer, das frei ist, und eigentlich vermiete ich es nicht. Aber es wird gehen. Ich zeige es Ihnen. Bitte seien Sie leise, bei uns gibt es nach dem Lunch immer eine Mittagsstunde.« Auf halber Höhe der Treppe drehte sie sich noch einmal nach ihm um. »Willkommen im Roxy, Mr. Perlstein.«