Zur Einführung

»Die Eiserne Ferse« ist der machtvolle Name, mit dem Jack London die Plutokratie bezeichnet. Das Buch, das diesen Titel trägt, erschien im Jahre 1907. Der Autor malt darin den Kampf, der eines Tages – wenn die Parzen es in ihrer Raserei erlauben – zwischen der Plutokratie und der Masse ausbrechen wird. Ach, Jack London besaß das seltene Genie, das zu erschauen, was der großen Menge verborgen bleibt, und sein seltenes Wissen befähigte ihn, die Zukunft vorauszuahnen. Er sah das Zusammentreffen der Ereignisse, wie sie sich gerade jetzt vor unserm Auge abrollen. Das furchtbare Drama, zu dem er uns in der »Eisernen Ferse« einlädt, hat noch nicht wirklich stattgefunden, und wir wissen nicht, wann die entsetzliche Prophezeiung dieses amerikanischen Marxisten in Erfüllung gehen wird.

Der Mann, der in diesem Buche die Wahrheit erkennt, wird Ernst Everhard genannt. Gleich dem Autor gehörte er der Arbeiterklasse an und lebte von der Arbeit seiner Hände – denn man muß wissen, daß Jack London, der in seinem kurzen Leben fünfzig aufsehenerregende, von Leben und Einsicht überschäumende Bände geschrieben hat, der Sohn eines Landarbeiters war und seine glänzende Laufbahn auf einer kleinen Farm begann.

Ernst Everhard ist voller Mut und Wissen, voller Kraft und Güte, alles Charakterzüge, die auch dem Dichter, der ihn schuf, angehörten. Und um die Ähnlichkeit zwischen ihnen beiden vollkommen zu machen, gibt der Autor dem von ihm Erschaffenen ein Weib mit einer großen Seele und einer starken Intelligenz, das von seinem Gatten zu dessen Anschauungen bekehrt wird. Die beiden Revolutionen, die den Gegenstand dieses Buches bilden, sind so blutig, in den Reihen derer, die sie ins Leben riefen, herrscht soviel Verrat, und ihre Hinrichtungen sind von einer solchen Grausamkeit, daß man sich fragt, ob sie je in Amerika, in Europa möglich wären. Ich selbst würde es nicht glauben, ständen mir nicht jene Junitage des Jahres 1871 mit der Unterdrückung der Kommune vor Augen und erinnerten mich daran, daß gegen die Armen alles erlaubt ist. Das Proletariat eines jeden Landes, sei es in Amerika oder in Europa, hat sich als eine Versuchung für die Eiserne Ferse erwiesen.

In Frankreich, wie in Italien und Spanien, ist der Sozialismus augenblicklich zu schwach, um von der Eisernen Ferse etwas befürchten zu müssen, denn äußerste Schwäche ist der einzige Schutz der Schwachen. Keine Eiserne Ferse wird sich die Mühe geben, diesen Staub der Gesellschaft zu zertreten. Und was ist die Ursache dieser Schwäche? Wirklich, in Frankreich würde wenig dazu gehören, das an Zahl so geringe Proletariat ganz zu vernichten. Und der Krieg, der so grausam gegen die niederen und mittleren Kreise wütete, plünderte sie, ohne ihnen einen einzigen Schrei zu entlocken, denn sie sind stumm! Der Krieg war nicht zu hart gegen den Arbeiter, der in den großen Industrien sein Leben fristete, indem er Granaten drehte, aber nach Beendigung des Krieges konnte sein Lohn, der schon so mager war, nicht tief genug sinken: dafür sorgten die Herren der Stunde! Und diese Löhne waren alles in allem nichts als Papier, das die reichen Industriefürsten sich, in enger Verbindung mit den höheren Mächten, ohne Schwierigkeit verschafften. Und so lebte der Arbeiter denn, so gut er eben konnte. Er hatte so viele Lügen erzählen hören, daß er sich über nichts mehr wunderte. Gerade zu dieser Zeit war es, daß die Sozialisten sich erheben wollten, aber nur, um von selbst wieder in den Staub zu sinken. Es war eine große Niederlage für den Sozialismus, eine Niederlage, die sie ohne Tote und Verwundete hinnahmen! Wie war es möglich, daß alle Streitkräfte einer großen Klasse einschliefen? Die Gründe, die ich angegeben habe, genügen nicht, um die Ursache zu erklären. Es muß mit auf die Rechnung des Krieges kommen.

Eines Tages aber wird der Kampf zwischen Arbeit und Kapital wieder losbrechen. Dann werden wir Tage erleben, wie die in den Revolutionen von San Franzisko und Chikago, deren unbeschreibliches Grauen Jack London voraussah. Es besteht kein Grund zu der Annahme, daß der Sozialismus in dieser Stunde – komme sie früher oder später – unter der Eisernen Ferse zerschmettert oder in Blut ertränkt würde. Im Jahre 1907 wurde Jack London als schrecklicher Pessimist verschrien. Selbst wahre Sozialisten tadelten ihn, daß er Schrecken in die Reihen der Partei brächte. Sie hatten unrecht; wer die kostbare und seltene Gabe des Vorausschauens hat, ist verpflichtet, die Gefahren, die er kommen sieht, aufzudecken. Ich erinnere mich, mehrmals von dem großen Jaurès gehört zu haben:

 

»Die Macht der Klassen, gegen die wir kämpfen müssen, ist von uns nicht hinreichend erkannt. Sie sind stark, und sie gelten für tugendhaft; ihre Priester haben die Ethik der Kirche aufgegeben, um die der Maschine anzubeten, und wenn sie bedroht sind, wird die Gesellschaft geschlossen zu ihrer Verteidigung eilen.«

 

Er hatte ebenso recht wie Jack London, als er uns den prophetischen Spiegel vorhielt, der unsere Fehler und unsere Gemeinheiten spiegelt.

Laßt uns nicht die Zukunft aufs Spiel setzen, es ist die unsere. Die Plutokratie wird vergehen. Gerade in ihrer Stärke können wir schon die Anzeichen dafür sehen. Sie wird vergehen, weil jede Kastenherrschaft dem Tode geweiht ist. Sie wird vergehen, weil sie ungerecht ist. Sie wird, von Stolz geschwollen und auf der Höhe ihrer Macht, vergehen, wie Sklaverei und Leibeigenschaft vergangen sind. Als aufmerksamer Beobachter wird man gerade jetzt merken können, daß sie abgewirtschaftet hat. Dieser, durch die kommerziellen Interessen aller Länder der Welt hervorgerufene Krieg, der ihr Krieg war, dieser Krieg, in dem sie ihre Hoffnung auf die Neureichen setzten, hat so weitreichende und tiefe Zerstörungen verursacht, daß die internationale Oligarchie selbst erschüttert und der Tag nahe gerückt ist, da sie auf ein vernichtetes Europa herabbröckeln wird.

Diese Oligarchie wird nicht plötzlich und ohne Kampf vergehen. Sie wird kämpfen. Ihr letzter Kampf wird vielleicht lange dauern und von wechselndem Glück begleitet sein. Oh, ihr Erben des Proletariats! Oh, ihr Generationen der Zukunft, ihr Kinder der Tage, die da kommen werden! Ihr werdet kämpfen, und wenn Rückschläge euch am Erfolg eurer Sache zweifeln lassen, werdet ihr wieder Mut fassen und mit dem edlen Everhard sagen:

»Für diesmal verloren. Aber nicht für immer! Wir haben viel gelernt. Morgen wird unsere Sache, stärker in Wissen und Zucht, neu erstehen.«

Anatole France.

Vorwort

Man kann nicht sagen, daß das Everhard-Manuskript ein wichtiges historisches Dokument sei. In bezug auf das Historische strotzt es von Irrtümern – Irrtümern nicht betreffs der Tatsachen, sondern deren Auslegung. Wenn wir auf die sieben Jahrhunderte zurückblicken, die seit Vollendung des Manuskripts durch Avis Everhard vergingen, sind uns die Ereignisse, die ihr verworren und verschleiert erscheinen mußten, klar. Ihr fehlte die Perspektive. Sie war den Ereignissen, über die sie schreibt, zu nahe, ja, sie war mit ihnen verschmolzen.

Nichtsdestoweniger ist das Everhard-Manuskript als persönliches Dokument von unschätzbarem Wert. Aber auch hier sind ihr Irrtümer unterlaufen, die ihre Ursache sowohl in ihrem Mangel an Perspektive wie in den Vorurteilen haben, welche ihr die Liebe eingegeben hat. Aber wir verzeihen Avis Everhard lächelnd die Heldenverehrung ihres Gatten. Heute wissen wir, daß er nicht so bedeutend war, nicht so groß in den Ereignissen jener Zeit dastand, wie das Manuskript uns glauben machen möchte.

Wir wissen, daß Ernst Everhard ein ungewöhnlich befähigter Mensch war, aber nicht so außergewöhnlich, wie seine Frau glaubte. Alles in allem war er nur einer in der großen Zahl von Helden, die, über die ganze Welt verstreut, ihr Leben der Revolution weihten, wenn auch zugegeben werden muß, daß er Ungewöhnliches, namentlich in seinem Werk über die Philosophie der Arbeiterklasse, leistete. Er bezeichnete sie als »Proletarische Wissenschaft« oder »Proletarier-Philosophie«, ein Beweis für die Enge seines Geistes – ein Mangel, der jedoch der Zeit zuzuschreiben ist, und dem sich niemand in jenen Tagen zu entziehen vermochte. Doch zurück zu dem Manuskript. Ganz besonders wertvoll darin ist, daß es das Gefühl jener schrecklichen Zeiten übermittelt. Nirgends finden wir lebendiger die Psychologie der Personen dargestellt, die in dieser wilden Periode, in den Jahren 1912 bis 1932 lebten – ihre Irrtümer und ihre Unwissenheit, ihre Zweifel, Befürchtungen und Mißverständnisse, ihren Wahn, ihre heftigen Leidenschaften, ihre unbeschreibliche Gewinn- und Selbstsucht. Diese Dinge sind für unser erleuchtetes Jahrhundert so schwer begreiflich. Die Geschichte berichtet jedoch, daß sie existierten, und Biologie und Psychologie erwecken sie nicht wieder zum Leben. Wir nehmen sie als Tatsache hin, ohne jedoch Mitgefühl und Verständnis für sie aufbringen zu können.

Dieses Mitgefühl empfinden wir jedoch, wenn wir das Everhard-Manuskript aufmerksam lesen. Wir identifizieren uns mit den Darstellern in diesem längst vergangenen Weltdrama, und für die Dauer unseres Lesens ist ihr Denken das unsere. Wir verstehen nicht allein Avis Everhards Liebe für ihren Heldengatten, wir fühlen, wie er in jenen ersten Tagen, das undeutliche und schreckliche Auftauchen der Oligarchie. Wir fühlen, wie die (so treffend genannte) Eiserne Ferse heraufstieg und die Menschheit zerstampfte.

Und nebenbei finden wir, daß dieser historisch gewordene Ausdruck, die Eiserne Ferse, Ernst Everhard zum Urheber hat. Dies ist die eine strittige Frage, die durch das kürzlich aufgefundene Dokument geklärt wird. Vorher ist der Ausdruck, soweit bekannt, nur in dem im Dezember 1912 von George Milford veröffentlichten Pamphlet »Ihr Sklaven« angewandt. Dieser George Milford war ein unbedeutender Agitator, von dem nichts bekannt ist außer dem wenigen, das man aus dem Everhard-Manuskript erfährt, wonach er in der Chikagoer Kommune erschossen wurde. Offenbar hatte er den Ausdruck Ernst Everhards in irgendeiner öffentlichen Rede anwenden hören, höchstwahrscheinlich bei dem Wahlkampf für den Kongreß im Herbst 1912. Aus dem Manuskript erfahren wir, daß Ernst Everhard den Ausdruck in einer Privatgesellschaft im Frühling 1912 gebrauchte. Es ist dies zweifellos die erste bekannte Gelegenheit, bei der die Oligarchie so bezeichnet wurde.

Die Erhebung der Oligarchie wird stets der Anlaß geheimer Verwunderung für Historiker und Philosophen bleiben. Andere große historische Ereignisse haben ihren Platz in der sozialen Entwicklung. Sie waren unvermeidlich, und ihr Kommen hätte mit derselben Sicherheit vorausgesagt werden können, wie Astronomen heute die Bewegung der Sterne voraussagen. Ohne diese anderen großen historischen Ereignisse hätte die soziale Entwicklung sich auch nicht vollziehen können. Primitiver Kommunismus, Besitzsklaverei, Leibeigenschaft und Lohnsklaverei waren die notwendigen Meilensteine auf dem Wege der menschlichen Entwicklung. Es wäre jedoch lächerlich, zu behaupten, daß die Eiserne Ferse ein solcher notwendiger Meilenstein gewesen sei. Heute wird sie vielmehr als ein Fehltritt oder Rückschritt zu der gesellschaftlichen Tyrannei beurteilt, die die Erde früher zur Hölle machte, die aber für ihre Zeit ebenso notwendig, wie die Eiserne Ferse unnötig war.

So schwarz der Feudalismus auch war, sein Kommen war doch unvermeidlich. Was sonst als Feudalismus konnte dem Zusammenbruch der großen zentralisierten Regierungsmaschine folgen, die man als Römisches Kaiserreich kennt? Nicht so jedoch die Eiserne Ferse. In dem ordnungsgemäßen Vorwärtsschreiten der sozialen Entwicklung war kein Platz für sie. Sie war weder notwendig noch unvermeidlich. Sie wird immer die große Merkwürdigkeit der Geschichte bleiben, eine Laune, eine Phantasie, eine Erscheinung, etwas Unerwartetes, Ungeahntes; und sie sollte den übereiligen politischen Theoretikern von heute, die mit Gewißheit von sozialen Prozessen sprechen, zur Warnung dienen.

Nach dem Urteil der Soziologen jener Zeit bedeutete der Kapitalismus den Höhepunkt der bürgerlichen Herrschaft, die reife Frucht der bürgerlichen Revolution. Und wir können heute dieses Urteil nur unterschreiben. Selbst geistige Riesen und Kämpfer wie Herbert Spencer glaubten, daß auf den Kapitalismus der Sozialismus folgen würde. Man glaubte, daß auf dem Schutt des selbstsüchtigen Kapitalismus die Blume des Zeitalters, die Brüderlichkeit der Menschheit, erblühen würde. Statt dessen gebar der Kapitalismus, zum Entsetzen für uns, die wir heute auf jene Zeit zurückblicken, wie für die, die damals lebten, in seiner Überreife einen ungeheuren Sproß, die Oligarchie.

Zu spät erriet die sozialistische Bewegung zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts das Kommen der Oligarchie.

Als man sie kaum ahnte, war sie schon da. Eine zutiefst begründete Tatsache, eine staunenerregende furchtbare Wirklichkeit. Wie das Everhard-Manuskript zeigt, glaubte man selbst damals nicht an eine Dauer der Eisernen Ferse. Das Urteil der Revolutionäre war, daß ihre Niederringung eine Sache weniger kurzer Jahre sein würde. Es ist wahr, man vergegenwärtigte sich, daß die Bauernrevolte unvorbereitet, die erste Revolution vorzeitig erfolgt war; aber man vergegenwärtigte sich kaum, daß die zweite, wohlvorbereitete Revolution zu derselben Zwecklosigkeit und zu noch schrecklicherer Strafe verurteilt war.

Offenbar beendete Avis Everhard ihr Manuskript in den letzten Tagen der Vorbereitung für die zweite Revolution. Daher die Tatsache, daß sie deren unglückseliges Ergebnis mit keinem Worte erwähnt. Es ist klar, daß sie das Manuskript zur sofortigen Veröffentlichung nach Vernichtung der Eisernen Ferse bestimmt hatte, damit alles, was ihr soeben verstorbener Gatte gewagt und vollbracht hatte, anerkannt wurde. Dann aber erfolgte die furchtbare Zerschmetterung der zweiten Revolution, und wahrscheinlich hat sie in einem Augenblick der Gefahr, ehe sie floh oder durch die Söldner gefangengenommen wurde, das Manuskript in der hohlen Eiche zu Wake Robin Lodge versteckt.

Über Avis Everhard gibt es keine weiteren Nachrichten. Zweifellos ist sie von den Söldnern hingerichtet worden; bekanntlich wurden keine Berichte über derartige Hinrichtungen seitens der Eisernen Ferse aufbewahrt. Aber selbst damals, als sie das Manuskript versteckte und sich zur Flucht vorbereitete, hat sie sich kaum vergegenwärtigt, wie schrecklich der Zusammenbruch der zweiten Revolution sein würde. Sie hat sich kaum gedacht, daß die qualvolle, irregehende Entwicklung der nächsten drei Jahrhunderte eine dritte und vierte und viele weitere Revolutionen nötig machen sollte, die alle in Seen von Blut erstickt wurden, ehe die Weltrevolution der Arbeiter zu ihrem Rechte kommen konnte. Und wenig ließ sie sich träumen, daß das Zeugnis ihrer Liebe zu Ernst Everhard sieben Jahrhunderte lang ungestört im Herzen einer alten Eiche zu Wake Robin Lodge ruhen sollte.

Ardis, 27. November 419 B. d. M.

Anthony Meredith.

Mein Adler

Der sanfte Sommerwind rauscht in den Riesentannen, und das Wildwasser plätschert liebliche Kadenzen über sein moosiges Gestein. Schmetterlinge spielen im Sonnenschein, und überall erhebt sich das einschläfernde Summen der Bienen. Es ist so still und friedlich, und ich sitze hier, sinne und bin ruhelos. Die Stille ist es, die mich ruhelos macht. Sie scheint unwirklich zu sein. Die ganze Welt ist ruhig, aber es ist die Ruhe vor dem Sturm. Ich strenge meine Ohren, all meine Sinne an, um etwas von dem drohenden Sturme zu spüren. Ach, daß er nur nicht zu früh losbricht! Daß er nur nicht zu früh losbricht Die zweite Revolution war in der Hauptsache ein Werk Ernst Everhards, wenn er auch natürlich mit den europäischen Führern zusammenarbeitete. Die Festnahme und heimliche Hinrichtung Everhards war das große Ereignis des Jahres 1932. So gründlich aber hatte er die Revolution vorbereitet, daß es seinen Mitverschworenen möglich war, seine Pläne fast ohne Verwirrung oder Aufschub ins Werk zu setzen. Nach der Hinrichtung Everhards begab seine Frau sich nach Wake Robin Lodge, einem kleinen Landsitz in den Sonoma Bergen in Kalifornien.!

Ist es ein Wunder, daß ich ruhelos bin? Ich denke und denke und kann nicht aufhören zu denken. Solange bin ich im Schwarm des Lebens gewesen, daß ich mich jetzt bedrückt fühle von der Ruhe und dem Frieden rings, und ich kann mich des Gedankens nicht erwehren, daß der tolle Wirbel von Tod und Vernichtung plötzlich losbrechen muß. In meinen Ohren tönt das Geschrei der Getroffenen, und wie ich es früher sah Zweifellos spielt sie hier auf die Chikagoer Kommune an., so sehe ich auch jetzt, wie all die frische, schöne Jugend zerfleischt und zerstückelt wird, und wie die Seelen gewaltsam aus den stolzen Leibern gerissen und zu Gott emporschleudert werden. So erreichen wir armen Sterblichen unser Ziel, indem wir durch Blut und Vernichtung der Welt dauernden Frieden zu bringen suchen.

Und ich bin so einsam. Wenn ich nicht an das denke, was kommen muß, so denke ich an das, was war und nicht mehr ist – an meinen Adler, den seine unermüdlichen Schwingen durch den Raum trugen, hinauf zu dem, was stets seine Sonne war, dem flammenden Ideal der menschlichen Freiheit. Ich kann nicht müßig dasitzen und auf das große Ereignis warten, das sein Werk ist, wenn er es auch nicht mehr sehen soll. Ihm weihte er all seine Mannesjahre und gab sein Leben dafür. Es ist sein Werk. Er hat es geschaffen Bei aller Hochachtung vor Avis Everhard, muß doch erwähnt werden, daß ihr Mann nur einer der vielen fähigen Männer war, die den Plan für die zweite Revolution ausarbeiteten. Und wenn wir heute durch die Jahrhunderte zurückblicken, so können wir kaum mit absoluter Gewißheit sagen, ob die zweite Revolution, wenn Everhard am Leben geblieben, weniger unglücklich ausgefallen wäre..

Und so will ich denn in dieser bangen Zeit des Harrens von meinem Gatten schreiben. Viel Licht kann ich allein von allen Lebenden auf seinen Charakter werfen, und ein so edler Charakter kann gar nicht leuchtend genug geschildert werden. Er war eine große Seele, und wenn meine Liebe auch zu immer größerer Selbstlosigkeit wächst, so ist es doch mein größter Schmerz, daß er die kommende Zeit nicht mehr erleben soll. Es kann nicht fehlschlagen. Dazu hat er zu hartnäckig und zu sicher gebaut. Wehe der Eisernen Ferse! Bald wird sich die niedergetretene Menschheit unter ihr erheben. Wenn der Ruf dazu ergeht, werden die Arbeiterscharen der ganzen Welt aufstehen. Nie hat die Weltgeschichte dergleichen gesehen. Die Arbeiter stehen zusammen, und in der ersten Stunde wird eine Revolution ausbrechen, die die ganze Welt umspannt Die zweite Revolution war wirklich international. Der Plan war ungeheuer – zu ungeheuer, als daß er im Geist eines einzelnen Menschen hätte entstehen können. Die Arbeiterschaft in allen Oligarchien der Welt war bereit, sich auf das Signal hin zu erheben. Deutschland, Italien, Frankreich und Australien waren Arbeiterländer – sozialistische Staaten. Sie waren bereit, die Revolution zu unterstützen. Sie taten es tapfer, und das war der Grund, daß, als die zweite Revolution ausbrach, auch sie von den vereinigten Oligarchien der Welt unterdrückt wurden, die die sozialistischen Regierungen dieser Länder durch oligarchische ersetzten.. Ihr seht, ich bin erfüllt von dem, was da kommen soll. Tag und Nacht habe ich es immer und immer wieder so durchlebt, daß es mir stets vor Augen steht. Und so oft ich an meinen Gatten denke, muß ich auch daran denken. Er war die Seele von alledem, und wie könnte ich ihn in Gedanken davon trennen?

Wie ich schon sagte, bin ich allein imstande, viel Licht auf seinen Charakter zu werfen. Man weiß, daß er für die Sache der Freiheit hart arbeitete und schwer litt. Wie hart er arbeitete, und wie schwer er litt, weiß ich selbst am besten, denn diese zwanzig aufreibenden Jahre war ich bei ihm, und ich kenne seine Geduld, sein unermüdliches Streben, seine grenzenlose Hingabe für die Sache, für die er nun, vor kaum zwei Monaten, sein Leben gegeben hat.

Ich will versuchen, schlicht zu erzählen, wie Ernst Everhard in mein Leben trat – wie ich ihm zuerst begegnete, wie er groß wurde, bis ich ein Teil von ihm ward, und welch ungeheure Veränderungen er in mein Leben brachte. So mögt ihr ihn durch meine Augen sehen und ihn kennen lernen, wie ich ihn kennen lernte – in allem, außer in dem, das zu heilig und zu süß ist, als daß ich es erzählen könnte.

Es war im Februar 1912, daß ich ihm zum ersten Male begegnete, und zwar als Gast im Hause meines Vaters John Cunnigham, der Vater Avis Everhards, war Professor an der Staatsuniversität zu Berkeley in Kalifornien. Sein Fach war die Naturwissenschaft; als schöpferischer Forscher machte er sich einen Namen. Seine Hauptwerke waren seine Studien über die Elektronen und seine monumentale Arbeit über »Die Identität von Stoff und Kraft«, in der er, über alle Spitzfindigkeit erhaben, für alle Zeit festlegte, daß die letzten Einheiten von Materie und Energie eines sind. Diese Idee war zwar schon früher von Sir Oliver Lodge und andern Forschern auf dem Gebiete der Radio-Aktivität ausgesprochen, aber nicht bewiesen worden. in Berkeley. Ich kann nicht sagen, daß der erste Eindruck, den er auf mich machte, besonders günstig war. Bei Tisch war er einer von vielen, und im Salon, wo wir die Gäste empfingen, wirkte er etwas seltsam. Es war »Pastorentag«, wie mein Vater unter vier Augen sagte, und unter diesen Männern der Kirche war Ernst sicher nicht recht am Platze.

Erstens saß sein Anzug nicht. Es war ein fertig gekaufter aus dunklem Stoff, der sich seinem Körper schlecht anschmiegte. Fertig gekaufte Anzüge paßten ihm überhaupt nie. Wie immer beutelte sich auch an diesem Abend der Stoff über seinen Muskeln, während der Rock zwischen den überbreiten Schultern ein Labyrinth von Falten zeigte. Sein Hals war der eines Preiskämpfers In jenen Tagen pflegten manche Menschen um Geld zu kämpfen. Sie fochten mit den Fäusten. Sobald der eine besinnungslos oder totgeschlagen war, erhielt der andere das ausgesetzte Geld., dick und stark. So also sieht der Sozialphilosoph und frühere Hufschmied aus, den mein Vater entdeckt hat, dachte ich. Und wahrlich: man sah ihm seine Vergangenheit an den schwellenden Muskeln und dem Stiernacken an. Sofort war ich mir klar über ihn – eine Sehenswürdigkeit, dachte ich, ein Blinder Tom Diese dunkle Andeutung bezieht sich auf einen blinden Neger-Musiker, der in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung die Welt im Sturm eroberte. der arbeitenden Klasse.

Und als er mir dann die Hand schüttelte! Sein Händedruck war stark und fest, seine schwarzen Augen aber sahen mich kühn an – fast zu kühn, wie mir schien. Ihr seht, ich war ein Produkt meiner Umgebung und besaß damals ein ausgeprägtes Klassenbewußtsein. Bei einem Manne meiner eigenen Klasse wäre eine solche Kühnheit fast unverzeihlich gewesen. Ich weiß noch, wie ich unwillkürlich die Augen senken mußte; ich fühlte mich ganz erleichtert, als ich ihn stehen lassen konnte, um Bischof Morehouse zu begrüßen – einen meiner Lieblinge, ein Mann von mildem Ernst in reiferen Jahren, eine gütige Christuserscheinung und dabei ein tüchtiger Gelehrter.

Aber diese Kühnheit, die mir als Anmaßung erschien, war ein Grundzug in Ernst Everhards Wesen. Er war einfach und geradezu, fürchtete sich vor nichts und verschmähte es, Zeit auf konventionelles Getue zu verschwenden. »Du gefielst mir,« erklärte er mir viel später einmal; »und warum sollten sich meine Augen nicht sattsehen an dem, was mir gefiel?« Ich sagte, daß er sich vor nichts fürchtete. Er war der geborene Aristokrat – und das trotz der Tatsache, daß er im Lager der Nichtaristokraten stand. Er war ein Übermensch, eine blonde Bestie, wie Nietzsche Friedrich Nietzsche, der tolle Philosoph des neunzehnten Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung, der Lichtblitze der Wahrheit erfaßte, aber im menschlichen Denken immer im Kreise ging, bis er sich schließlich in den Irrsinn hineindachte. sie beschrieben hat, und zu alledem ein glühender Demokrat.

Die Begrüßung der übrigen Gäste nahm mich in Anspruch, und dazu kam der ungünstige Eindruck, den der Arbeiterphilosoph auf mich gemacht hatte, so daß ich ihn ganz vergessen haben würde, hätte er nicht ein- oder zweimal meine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, und zwar durch ein Aufblitzen seiner Augen, während er den Worten eines der Geistlichen lauschte. Er hat Humor, dachte ich und verzieh ihm fast seine Kleidung. Aber das Essen ging seinem Ende zu, ohne daß er den Mund zum Sprechen geöffnet hätte, während die Geistlichen ununterbrochen von der arbeitenden Klasse und ihren Beziehungen zur Kirche, sowie von dem redeten, was die Kirche für sie getan hatte und noch tat. Ich merkte, daß mein Vater sich ärgerte, weil Ernst nichts sagte. Einmal nahm er eine Pause wahr, um ihn zu bitten, etwas zu sagen; Ernst aber zuckte mit einem »ich habe nichts zu sagen« die Achsel und fuhr fort, Salzmandeln zu essen.

Vater ließ sich jedoch nicht abweisen. Nach einer Weile sagte er:

»Wir haben ein Mitglied der arbeitenden Klasse unter uns. Ich bin sicher, daß er manches von einem neuen, interessanten und erfrischenden Standpunkt aus beleuchten könnte. Was meinen Sie, Herr Everhard?«

Die andern bezeigten geziemendes Interesse und baten Ernst um eine Darlegung seiner Ansichten. Ihr Benehmen gegen ihn war so duldsam und liebenswürdig, daß es schon beinahe herablassend wirkte. Und ich sah, daß Ernst es bemerkte und belustigt war. Er blickte sich langsam um, und ich sah das Lachen in seinen Augen.

»Ich bin nicht in der Höflichkeit geistlicher Unterhaltung bewandert«, begann er, stockte dann aber bescheiden und unschlüssig.

»Nur zu«, drängten die andern, und Dr. Hammerfield sagte: »Wir stoßen uns nicht an der Aufrichtigkeit eines Menschen, wenn sie nur ehrlich ist.«

»Sie machen also einen Unterschied zwischen Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit?« Ernst lächelte flüchtig bei diesen Worten.

Dr. Hammerfield schnappte nach Luft; dann erwiderte er: »Die besten unter uns können irren, junger Mann, die besten unter uns.«

Ernst änderte sein Benehmen augenblicklich. Er wurde ein anderer.

»Also schön,« sagte er, »dann lassen Sie mich Ihnen gleich von vornherein sagen, daß Sie alle irren. Von der arbeitenden Klasse wissen Sie nichts, weniger als nichts. Ihre Soziologie ist ebenso falsch und wertlos wie ihre ganze Denkart.«

Es war nicht so sehr, was er sagte, wie die Art, wie er es sagte. Beim ersten Klang seiner Stimme war ich aufgerüttelt. Diese Stimme war ebenso kühn wie seine Augen. Sie durchdrang mich wie eine Fanfare. Und die ganze Tafelrunde war aufgerüttelt und aus ihrer Eintönigkeit und Schläfrigkeit geweckt.

»Was ist denn so Falsches und Wertloses an unserer Denkart, junger Mann?« fragte Dr. Hammerfield, und schon war eine gewisse Unliebenswürdigkeit in seiner Stimme und Sprechweise zu spüren.

»Sie sind Metaphysiker. Durch Metaphysik können Sie alles beweisen; und demzufolge kann jeder Metaphysiker jedem andern Metaphysiker – zu seiner eigenen Genugtuung – beweisen, daß er irrt. Sie sind Anarchisten im Reiche des Gedankens. Und schlechte Weltordner sind Sie dazu! Jeder von Ihnen lebt in seiner selbstgeschaffenen Welt, die seiner Phantasie und seinen eigenen Wünschen entsprungen ist. Die wirkliche Welt, in der Sie leben, kennen Sie nicht, und in der wirklichen Welt hat Ihr Denken nur insofern Platz, als diese Welt eine durch Geistesverwirrung hervorgerufene Erscheinung ist.

Wissen Sie, woran ich denken mußte, als ich bei Tisch Ihren Gesprächen lauschte? Sie erinnerten mich ganz an die Welt der Scholastiker im Mittelalter, die feierlich und unter Aufgebot ungeheurer Gelehrsamkeit die fesselnde Frage behandelten, wieviele Engel auf einer Nadelspitze tanzen könnten. Ja, meine verehrten Herren, dem geistigen Leben des zwanzigsten Jahrhunderts stehen Sie ebenso fern wie ein indianischer Medizinmann, der vor zehntausend Jahren im Urwald seine Beschwörungen vornahm.«

Eine schöne Leidenschaft schien Ernst beim Sprechen zu erfüllen; sein Antlitz glühte, seine Augen leuchteten und sprühten, und Kinn und Kiefer zeigten eine angriffslustige Beredtheit. Aber es war dies nur seine Art. Sie war es, die stets die Menschen aufrüttelte. Seine Art, anzugreifen, wie ein Hammer niederzuschmettern, ließ sie alles um sich vergessen. Und so geschah es auch jetzt. Bischof Morehouse beugte sich vor und lauschte gespannt. Zorn und Ärger rötete das Gesicht Dr. Hammerfields. Einige von den andern waren auch aufgebracht, während wieder andere belustigt und überlegen lächelten. Ich selbst fand es außerordentlich drollig. Ich warf einen Blick auf meinen Vater und bekam Angst, daß er im nächsten Augenblick losplatzen würde über den Erfolg der Bombe, die er selbst geschleudert hatte.

»Ihre Worte sind recht unklar«, brach Dr. Hammerfield das Schweigen. »Präzisieren Sie bitte, was Sie damit meinen, wenn Sie uns Metaphysiker nennen.«

»Ich nenne Sie Metaphysiker, weil Sie metaphysisch denken, fuhr Ernst fort. »Sie denken alles andere eher als wissenschaftlich. Ihre Folgerungen haben keine Gültigkeit. Sie können alles und nichts beweisen, ohne daß auch nur zwei von Ihnen einig wären. Jeder von Ihnen sucht sich und das All nach seiner eigenen Überzeugung zu erklären. Ebensogut können Sie sich an Ihren eigenen Stiefelstrippen hochheben, wie eine Überzeugung durch die andere erklären.«

»Ich verstehe Sie nicht«, sagte Bischof Morehouse. »Mir scheint doch, daß alles Geistige metaphysisch ist. Die exakteste und überzeugendste aller Wissenschaften, die Mathematik, ist durch und durch metaphysisch. Jeder Denkprozeß eines Wissenschaftlers ist es. Geben Sie mir da nicht recht?«

»Ja, insofern Sie sagen, daß Sie mich nicht verstanden haben«, erwiderte Ernst. »Der Metaphysiker urteilt deduktiv aus seiner eigenen Subjektivität heraus. Der Wissenschaftler urteilt induktiv aus der Erfahrung heraus. Der Metaphysiker schließt von der Theorie auf die Tatsachen, der Wissenschaftler von den Tatsachen auf die Theorie. Der Metaphysiker erklärt das Universum aus sich, der Wissenschaftler sich aus dem Universum.«

»Gott sei Dank, daß wir keine Wissenschaftler sind«, murmelte Dr. Hammerfield selbstgefällig.

»Was sind Sie denn?« fragte Ernst.

»Philosophen.«

»Ach so!« lachte Ernst. »Sie haben den festen Boden verlassen und sich mit einer Nachricht für ein Flugzeug in die Luft begeben. Bitte, kommen Sie wieder zur Erde herab und sagen Sie mir kurz und bündig, was Sie unter Philosophie verstehen.«

»Philosophie ist –«, Dr. Hammerfield machte eine Pause und räusperte sich, »etwas, das nur denen verständlich gemacht werden kann, die selbst nach Geist und Temperament Philosophen sind. Der begrenzte Wissenschaftler, der seine Nase in ein Reagenzglas steckt, versteht von Philosophie nichts.«

Ernst überging den Stich. Es war stets seine Art, die Spitze gegen den Gegner zu kehren, und er tat es auch jetzt, wobei seine Miene seine Worte ausdrucksvoll unterstrich.

»Dann werden Sie aber zweifellos die Erklärung verstehen, die ich Ihnen jetzt von der Philosophie geben werde. Zuvor aber ersuche ich Sie, etwaige Irrtümer darin festzustellen oder schweigender Metaphysiker zu bleiben. Die Philosophie ist unbedingt die umfassendste aller Wissenschaften. Ihre Denkmethode ist dieselbe wie die irgendeiner Sonderwissenschaft, und wie die aller Sonderwissenschaften. Und durch eben diese Methode, die induktive, sammelt die Philosophie alle Sonderwissenschaften zu einer einzigen großen Wissenschaft. Wie Spencer sagt, sind die Grundzüge jeder Sonderwissenschaft teilweise gleichartige Erkenntnisse. Die Philosophie vereinigt das Wissen, das von allen andern Wissenschaften zusammengetragen ist. Die Philosophie ist die Wissenschaft der Wissenschaften, die Meisterwissenschaft, wenn Sie wollen. Wie gefällt Ihnen meine Erklärung?«

»Nicht schlecht, nicht schlecht«, murmelte Dr. Hammerfield zögernd.

Aber Ernst war unerbittlich.

»Vergessen Sie nicht,« warnte er ihn, »daß meine Erklärung für die Metaphysik verhängnisvoll ist. Wenn Sie jetzt keine Lücke in meiner Erklärung finden, sind Sie später nicht berechtigt, metaphysische Argumente vorzubringen. Sie müssen Ihr ganzes Leben nach dieser Lücke suchen und metaphysisch schweigen, bis Sie sie gefunden haben.«

Ernst hielt inne. Das Schweigen war peinlich. Dr. Hammerfield war verlegen und zugleich verblüfft. Der scharfe Angriff hatte ihn aus der Fassung gebracht. Diese einfache und direkte Kampfmethode war er nicht gewöhnt. Er sah sich flehend am Tische um, aber niemand sprang für ihn in die Bresche. Ich ertappte meinen Vater, wie er lachend in seine Serviette biß.

»Es gibt noch eine Art, die Metaphysiker zu widerlegen«, sagte Ernst, als die Niederlage Dr. Hammerfields besiegelt war. »Beurteilen Sie sie nach ihren Werken. Was haben sie für die Menschheit getan, außer daß sie lästige Phantasiegebilde ersannen und ihre eigenen Schatten für Götter hielten. Sie haben zur Erheiterung der Menschheit beigetragen, das gebe ich zu; aber was haben Sie Greifbares für die Menschheit getan? Sie philosophierten, wenn Sie mir den Mißbrauch des Wortes verzeihen wollen, über das Herz als den Sitz der Regungen, während die Wissenschaftler den Kreislauf des Blutes feststellten. Sie redeten von Pest und Hungersnot als Geißeln Gottes, während die Wissenschaftler Kornspeicher bauten und Städte kanalisierten. Sie schufen Götter nach ihrem eigenen Bilde und ihren eigenen Wünschen, während die Wissenschaftler Straßen und Brücken bauten. Sie erklärten unsre Erde für den Mittelpunkt des Alls, während die Wissenschaftler Amerika entdeckten und den Himmelsraum nach den Sternen und ihren Gesetzen durchforschten. Kurz, die Metaphysiker haben nichts, absolut nichts für die Menschheit getan. Fuß um Fuß sind sie vor dem Fortschritt der Wissenschaft zurückgewichen. Ebenso schnell, wie die festgestellten wissenschaftlichen Tatsachen ihre subjektiven Erklärungen über den Haufen warfen, ebenso schnell stellten sie wieder neue subjektive Erklärungen auf, die die letzten wissenschaftlichen Tatsachen einbezogen. Und das werden sie zweifellos bis ans Ende der Dinge tun. Meine Herren, ein Metaphysiker ist ein Medizinmann. Der Unterschied zwischen ihm und dem Eskimo, der sich einen pelzbekleideten, walspeckfressenden Gott macht, besteht nur in einigen tausend Jahren festgestellter Tatsachen. Das ist alles.«

»Und doch haben die Gedanken des Aristoteles Europa zwölfhundert Jahre lang beherrscht«, verkündete Dr. Ballingford feierlich. »Und Aristoteles war Metaphysiker.«

Dr. Ballingford blickte sich um und erntete beifälliges Nicken und Lächeln.

»Ihr Beispiel ist sehr unglücklich gewählt«, erwiderte Ernst. »Sie beziehen sich auf eine sehr dunkle Periode der menschlichen Geschichte. Diese Periode nennen wir in der Tat das dunkle Mittelalter. Es war eine Periode, in der die Wissenschaft von den Metaphysikern vergewaltigt wurde, in der die Physik den Stein der Weisen suchte, die Chemie zur Alchemie und die Astronomie zur Astrologie wurde. Die Herrschaft der Gedanken des Aristoteles ist ein trauriges Kapitel.«

Doktor Ballingford sah verstimmt aus, dann aber erheiterte sich seine Miene, und er sagte:

»Wenn ich auch zugebe, daß das schreckliche Bild, das Sie gezeichnet haben, der Wirklichkeit entspricht, so müssen Sie doch gestehen, daß die Metaphysik insofern Gutes bewirkt hat, als sie die Menschen aus diesem dunklen Zeitalter heraus und in die Erleuchtung der glücklichen Jahrhunderte getrieben hatte.«

»Damit hatte die Metaphysik nichts zu tun«, entgegnete Ernst.

»Wie?« rief Dr. Hammerfield. »War es nicht ihr Denken und Grübeln, das zu den Entdeckungsreisen führte?«

»Ach, mein Lieber«, lächelte Ernst. »Ich dachte, Sie wären erledigt, denn bis jetzt haben Sie die Lücke in meiner Erklärung der Philosophie nicht gefunden. Sie stehen nicht auf dem Boden der Wirklichkeit. Aber das ist die Art der Metaphysiker, und ich verzeihe Ihnen. Nein, ich wiederhole: Die Metaphysik hat nichts damit zu tun. Brot und Butter, Seide und Juwelen, Dollars und Cents und, nebenbei, die Unterbindung des Verkehrs auf dem Landwege nach Indien, das waren die Ursachen der Entdeckungsreisen. Mit dem Fall Konstantinopels im Jahre 1453 blockierten die Türken den Karawanenweg nach Indien. Die Kaufleute Europas mußten einen andern Weg finden. Das war der eigentliche Anlaß zu den Entdeckungsreisen. Kolumbus schiffte sich ein, um einen neuen Weg nach Indien zu suchen. Das steht in jedem Geschichtsbuch. Zufällig erfuhr man dabei manches Neue über die Natur, die Form und Größe der Erde, und das ptomeläische System begann seinen Glanz zu verlieren.«

Doktor Hammerfield schnaufte.

»Sie pflichten mir nicht bei?« fragte Ernst. »Worin habe ich denn unrecht?«

»Ich kann meine Behauptung nur aufrechterhalten«, erwiderte Doktor Hammerfield mürrisch. »Es würde jetzt zu viel Zeit in Anspruch nehmen, wollte man sich in die Sache vertiefen.«

»Für den Wissenschaftler dauert nichts zu lange«, sagte Ernst liebenswürdig. »Daher erreicht der Wissenschaftler eben sein Ziel. Daher kam er nach Amerika.«

Ich will nicht den ganzen Abend schildern, obgleich es mir eine Freude ist, mir jeden Augenblick, jede Einzelheit dieser ersten Stunde meiner Bekanntschaft mit Ernst Everhard ins Gedächtnis zurückzurufen.

Ein prachtvoller Kampf entspann sich, die Geistlichen bekamen rote Köpfe und regten sich auf, namentlich, als Ernst sie romantische Philosophen, Schattenspieler und dergleichen mehr nannte. Und immer wieder wartete er ihnen mit Tatsachen auf.

»Tatsachen, Verehrtester, unwiderlegbare Tatsachen!« rief er triumphierend, sobald er einen von ihnen zu Fall gebracht hatte. Er strotzte von Tatsachen. Mit Tatsachen stellte er ihnen eine Falle, mit Tatsachen überfiel er sie, mit den Breitseiten von Tatsachen bombardierte er sie.

»Sie scheinen den Altar der Tatsachen anzubeten«, spöttelte Doktor Hammerfield.

»Es gibt keinen Gott außer der Tatsache, und Herr Everhard ist ihr Prophet«, zitierte Doktor Ballingford. Ernst lächelte zustimmend.

»Ich bin wie der Mann aus Texas«, sagte er, und um eine Erklärung gebeten, fuhr er fort: »Ja, der Mann aus Missouri sagt immer: ›Sie müssen es mir zeigen.‹ Der Mann aus Texas aber sagt: ›Sie müssen es mir in die Hand legen.‹ Was beweist, daß er kein Metaphysiker ist.«

Als Ernst einmal geradezu sagte, daß die metaphysischen Philosophen nie den Wahrheitsbeweis erbringen könnten, fragte Dr. Hammerfield hastig: »Was ist der Wahrheitsbeweis, junger Mann? Wollen Sie uns freundlichst erklären, worüber klügere Leute als Sie sich solange den Kopf zerbrochen haben?«

»Gern«, antwortete Ernst. Seine absolute Sicherheit irritierte die andern. »Die klugen Leute haben sich den Kopf so über der Wahrheit zerbrochen, weil sie auf der Suche nach ihr ins Blaue gerieten. Wären sie auf dem festen Boden geblieben, so würden sie sie leicht gefunden haben – ja, sie hätten entdeckt, daß sie selbst mit allem praktischen Tun und Denken ihres Lebens eben den Wahrheitsbeweis erbrachten.

»Den Beweis, den Beweis«, wiederholte Dr. Hammerfield ungeduldig, »ohne Umschweife. Geben Sie uns, was wir solange gesucht haben: den Wahrheitsbeweis. Geben Sie ihn uns, und wir werden Götter sein.«

Seine Worte und sein ganzes Benehmen zeigten einen unhöflichen, höhnischen Skeptizismus, an dem jedoch die meisten bei Tische heimliches Gefallen fanden. Nur Bischof Morehouse schien aufgebracht.

»Dr. Jordan Ein bekannter Pädagoge vom Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung. Er war Recktor der Stanforder Universität, ein Wohltäter der Menschheit seiner Zeit. hat es ganz klar ausgesprochen«, sagte Ernst. »Sein Wahrheitsbeweis ist: ›Wird es wirken? Willst du dein Leben daran wagen?‹«

»Pah!« höhnte Dr. Hammerfield. »Sie haben nicht mit Bischof Berkeley Idealistischer Monist, der lange die Philosophen seiner Zeit dadurch in Aufregung versetzte, daß er die Existenz der Materie leugnete, dessen einfache Argumente aber schließlich widerlegt wurden, als die neuen empirischen Tatsachen der Wissenschaft philosophisch verallgemeinert wurden. gerechnet. Er wurde nie widerlegt.«

»Der prächtigste Metaphysiker von allen«, lachte Ernst. »Aber Ihr Beispiel ist unglücklich gewählt. Berkeley bezeugt selbst, daß seine Metaphysik wirkungslos sei.«

Jetzt war Dr. Hammerfield zornig, rechtschaffen zornig. Es war, als hätte er Ernst bei einem Diebstahl oder einer Lüge ertappt.

»Junger Mann,« stieß er hervor, »diese Behauptung ist allen andern Äußerungen, die sie heute Abend getan haben, ebenbürtig. Sie ist eine niedrige, unverantwortliche Anmaßung.«

»Ich bin ganz zerschmettert«, murmelte Ernst demütig. »Nur weiß ich noch nicht, wodurch. Sie müssen es mir in die Hand legen, Herr Doktor.«

»Das will ich, das will ich«, sprudelte Doktor Hammerfield heraus. »Woher wissen Sie das? Woher wissen Sie, daß Bischof Berkeley bezeugte, seine Metaphysik sei wirkungslos. Sie haben keinen Beweis dafür, junger Mann, sie war immer wirksam.«

»Ich halte es für einen Beweis für die Unwirksamkeit von Berkeleys Metaphysik, daß« – Ernst hielt einen Augenblick inne – »daß Berkeley die unabänderliche Gewohnheit hatte, durch Türen statt durch Mauern zu gehen. Daß er sein Wohl Brot und Butter und gebratenem Fleisch anvertraute. Daß er sich mit einem Messer rasierte, welches wirkte, indem es die Haare aus seinem Gesicht entfernte.«

»Aber das sind wirkliche Dinge«, rief Doktor Hammerfield. »Metaphysik ist etwas Geistiges.«

»Und sie wirkt – geistig?« fragte Ernst ruhig.

Der andere nickte.

»Dann können also unzählige Engel auf einer Nadelspitze tanzen – geistig«, fuhr Ernst sinnend fort. »Und ein pelzgekleideter, speckfressender Gott kann existieren und wirken – geistig; und es gibt keine Gegenbeweise – geistig. Ich nehme an, Herr Doktor, daß Sie geistig leben?«

»Mein Geist ist mein Königreich«, lautete die Antwort.

»Mit andern Worten, Sie leben im Blauen. Aber ich bin überzeugt, daß Sie zur Erde herabkommen, wenn Essenszeit ist, oder wenn ein Erdbeben stattfinden sollte. Oder, sagen Sie, Herr Doktor, fürchten Sie beim Erdbeben nicht, daß Ihr unkörperlicher Leib von einem unkörperlichen Ziegelstein getroffen werden könnte?«

Im selben Augenblick fuhr Doktor Hammerfields Hand unbewußt nach dem Kopfe, wo er eine Narbe unter dem Haar hatte. Zufällig hatte Ernst ein passendes Bild gewählt. Doktor Hammerfield wäre bei dem Großen Erdbeben Das Große Erdbeben von 1906, das San Franzisco zerstörte. fast von einem herabstürzenden Schornstein erschlagen worden. Alles brach in schallendes Gelächter aus.

»Nun?« fragte Ernst, als sich die Heiterkeit gelegt hatte. »Ihre Gegenbeweise!«

Aber Doktor Hammerfield hatte für einen Augenblick genug bekommen, und der Kampf nahm eine andere Wendung. Punkt für Punkt forderte Ernst die Geistlichen heraus. Behaupteten sie, die arbeitende Klasse zu kennen, so sagte er ihnen gründlich die Wahrheit, bewies ihnen, daß sie die arbeitende Klasse gar nicht kannten, und forderte sie auf, ihn zu widerlegen. Er wartete ihnen mit Tatsachen auf, bremste ihre Ausflüge ins Blaue und holte sie mit seinen Tatsachen auf den festen Boden zurück.

Wie klar sehe ich die Szene vor mir! Noch jetzt kann ich ihn mit dem kriegerischen Ton in seiner Stimme hören, wie er seine Gegner mit seinen Tatsachen quälte, deren jede ein Peitschenhieb war, und er war unerbittlich. Er verlangte keinen Pardon und gab keinen Dieses Bild ist den Gewohnheiten jener Zeit entnommen. Wenn in den wilden tierischen Kämpfen auf Tod und Leben ein Getroffener die Waffe senkte, war es dem Sieger überlassen, ihn zu erschlagen oder zu schonen.. Nie vergesse ich den Hieb, den er ihnen zum Schlusse versetzte.

»Sie haben mehrmals, teils offen, teils unbewußt, bewiesen, daß Sie die arbeitende Klasse gar nicht kennen. Aber daraus mache ich Ihnen keinen Vorwurf. Wie könnten Sie etwas von ihr wissen? Sie wohnen nicht mit ihr zusammen. Sie wohnen mit der kapitalistischen Klasse zusammen in andern Gegenden. Und warum nicht? Die kapitalistische Klasse bezahlt Sie, ernährt Sie, gibt Ihnen die Kleidung, die Sie tragen. Und dafür predigen Sie eben die Metaphysik, die Ihren Brotherren angenehm ist. Und diese Metaphysik ist Ihnen wiederum angenehm, weil sie die hergebrachte Gesellschaftsform nicht bedroht.«

Bei diesen Worten erhob sich lärmender Widerspruch am Tische.

»Oh, ich stelle Ihre Lauterkeit nicht in Frage«, fuhr Ernst fort. »Sie sind ehrlich. Sie predigen, was Sie glauben. Darin liegt eben Ihre Kraft und Ihr Wert – für die kapitalistische Klasse. Sollten Sie aber Ihrem Glauben irgendeine Richtung geben, die bedrohlich für die bestehende Ordnung wäre, so würde man Ihre Predigten unangenehm empfinden und Sie Ihres Amtes entheben. Hin und wieder geschieht das ja auch wohl, nicht wahr In jener Zeit wurden viele Geistliche aus der Kirche ausgeschlossen, weil sie unannehmbare Lehren predigten. Namentlich geschah das, wenn ihre Predigten einen sozialistischen Einschlag hatten.

Diesmal erhob sich kein Widerspruch. Die Geistlichen saßen stumm ergeben da, und nur Dr. Hammerfield sagte:

»Wenn ihre Anschauungen unrichtig sind, werden sie ersucht, ihren Abschied zu nehmen.«

»Mit andern Worten, wenn diese Anschauungen unbequem sind«, antwortete Ernst und fuhr dann fort: »Und darum sage ich Ihnen, machen Sie weiter, predigen Sie und verdienen Sie sich Ihr Geld damit, aber lassen Sie um Himmelswillen die arbeitende Klasse in Frieden. Sie stehen im Lager des Feindes. Sie haben keine Gemeinschaft mit der arbeitenden Klasse. Ihre Hände sind weich von der Arbeit, die andere für Sie getan haben. Sie essen so viel, daß Sie schon Bäuche haben. (Hier fuhr Doktor Ballingford zusammen, und alle Augen richteten sich auf seinen mächtigen Bauch. Man sagte von ihm, daß er seit Jahren seine eigenen Füße nicht mehr gesehen hätte.) Sie haben keine anderen Lehren im Kopfe als die, welche die mächtigen Grundpfeiler der herrschenden Ordnung sind. Sie sind Söldner (ehrliche Söldner, gebe ich zu) genau wie die Leute der Schweizer Garde Die aus fremden Söldnern bestehende Leibgarde Ludwigs XVI., eines Königs von Frankreich, der von seinem Volke enthauptet wurde.

Bleiben Sie Ihrem Salz und Sold treu. Behüten Sie mit Ihren Predigten die Interessen ihrer Brotherren, aber steigen Sie nicht zur arbeitenden Klasse hinab und dienen ihr als falsche Führer. Als ehrliche Menschen können Sie nicht in zwei Lagern auf einmal stehen. Die arbeitende Klasse ist ohne Sie ausgekommen. Glauben Sie mir, sie wird es auch ferner. Und mehr noch, sie wird besser ohne Sie auskommen.«

Anklagen

Als die Gäste gegangen waren, warf mein Vater sich auf einen Sessel und brach in ein schallendes Gelächter aus. Seit dem Tode meiner Mutter hatte ich ihn noch nie so lachen hören.

»Ich wette, Doktor Hammerfield ist noch nie in seinem Leben so aufgebracht gewesen«, lachte er. »›Die Höflichkeit geistlicher Unterhaltung‹! Hast du es bemerkt, wie er sanft wie ein Lamm anfing – Everhard, meine ich –, und wie schnell er zum brüllenden Löwen wurde? Er hat einen glänzend geschulten Geist. Er hätte einen vorzüglichen Wissenschaftler abgegeben, wenn seine Energie in die Richtung gelenkt worden wäre.«

Ich brauche kaum zu sagen, daß Ernst Everhard mich ungeheuer interessierte. Es war nicht allein das, was er gesagt, und wie er es gesagt hatte, sondern der Mann an sich. Nie war ich einem solchen Manne begegnet. Ich glaube, es kam daher, daß ich trotz meiner vierundzwanzig Jahre noch nicht verheiratet war. Er gefiel mir, das gestand ich mir selber. Und mein Gefallen an ihm beruhte auf Dingen, die jenseits von Intellekt und Argument lagen. Ungeachtet seiner schwellenden Muskeln und seines Preisboxer-Halses machte er auf mich den Eindruck eines geistreichen jungen Mannes. Ich hatte das Gefühl, daß unter der Maske eines intelligenten Eisenfressers ein zarter, empfindsamer Geist lebte. Woher dies Gefühl kam, weiß ich nicht, aber es muß wohl meine weibliche Intuition gewesen sein.

In dieser tönenden Stimme lag etwas, das mir zu Herzen ging. Sie klang mir noch in den Ohren und ich fühlte, daß ich sie gern wiederhören – und ebensogern das Lachen in seinen Augen wiedersehen würde – dieses Lachen, das den leidenschaftlichen Ernst seines Antlitzes Lügen strafte.

Und eine ganze Reihe wirrer, unbestimmter Gefühle regten sich in mir. Schon damals liebte ich ihn, wenn ich auch überzeugt bin, daß, hätte ich ihn nie wiedergesehen, diese unklaren Gefühle vergangen wären, und ich ihn mit Leichtigkeit vergessen hätte.