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Western Legenden



In dieser Reihe bisher erschienen

9001 Werner J. Egli Delgado, der Apache

9002 Alfred Wallon Keine Chance für Chato

9003 Mark L. Wood Die Gefangene der Apachen

9004 Werner J. Egli Wie Wölfe aus den Bergen

9005 Dietmar Kuegler Tombstone

9006 Werner J. Egli Der Pfad zum Sonnenaufgang

9007 Werner J. Egli Die Fährte zwischen Leben und Tod

9008 Werner J. Egli La Vengadora, die Rächerin

9009 Dietmar Kuegler Die Vigilanten von Montana

9010 Thomas Ostwald Blutiges Kansas

9011 R. S. Stone Der Marshal von Cow Springs

9012 Dietmar Kuegler Kriegstrommeln am Mohawk

9013 Andreas Zwengel Die spanische Expedition

9014 Andreas Zwengel Pakt der Rivalen

9015 Andreas Zwengel Schlechte Verlierer

9016 R. S. Stone Aufbruch der Verlorenen

9017 Dietmar Kuegler Der letzte Rebell

9018 R. S. Stone Walkers Rückkehr

9019 Leslie West Das Königreich im Michigansee

9020 R. S. Stone Die Hand am Colt

9021 Dietmar Kuegler San Pedro River

9022 Alex Mann Nur der Fluss war zwischen ihnen

9023 Dietmar Kuegler Alamo - Der Kampf um Texas

9024 Alfred Wallon Das Goliad-Massaker

9025 R. S. Stone Blutiger Winter

9026 R. S. Stone Der Damm von Baxter Ridge

9027 Alex Mann Dreitausend Rinder

9028 R. S. Stone Schwarzes Gold

9029 R. S. Stone Schmutziger Job

9030 Peter Dubina Bronco Canyon

9031 Alfred Wallon Butch Cassidy wird gejagt

9032 Alex Mann Die verlorene Patrouille

9033 Anton Serkalow Blaine Williams - Das Gesetz der Rache

9034 Alfred Wallon Kampf am Schienenstrang

9035 Alex Mann Mexico Marshal

9036 Alex Mann Der Rodeochampion

9037 R. S. Stone Vierzig Tage

9038 Alex Mann Die gejagten Zwei

9039 Peter Dubina Teufel der weißen Berge

9040 Peter Dubina Brennende Lager

9041 Peter Dubina Kampf bis zur letzten Patrone

9042 Dietmar Kuegler Der Scout und der General

9043 Alfred Wallon Der El-Paso-Salzkrieg

9044 Dietmar Kuegler Ein freier Mann

9045 Alex Mann Ein aufrechter Mann

9046 Peter Dubina Gefährliche Fracht

9047 Alex Mann Kalte Fährten

9048 Leslie West Ein Eden für Männer

9049 Alfred Wallon Tod in Montana

9050 Alfred Wallon Das Ende der Fährte

9051 Dietmar Kuegler Der sprechende Draht

9052 U. H. Wilken Blutige Rache

9053 Alex Mann Die fünfte Kugel

9054 Peter Dubina Racheschwur


Alex Mann


Die fünfte Kugel


Jake Gutterson
Band 4






Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen 
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© 2022 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 Windeck
Redaktion: Jörg Kaegelmann
Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati
Umschlaggestaltung: Mario Heyer
Logo: Mario Heyer
Satz: Harald Gehlen
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-95719-674-3



1. Kapitel


Fred Morgan fuhr sich mit den Fingern über das glatt rasierte Kinn und zog, ohne dass er es merkte, leicht die rechte Augenbraue hoch, was seinem Gegenüber wohl ein Lächeln entlockt haben würde, wenn er sich nicht etwas besser im Griff gehabt hätte.

Angestrengt musterte Fred seine Karten. Eines hatte er in den letzten Tagen bereits über das Pokerspiel gelernt. Man sollte nie seine Karten sortieren, denn das sagte einem erfahrenen Gegenspieler bereits so einiges über das Blatt, das man auf der Hand hatte. Durch die Art, wie jemand sortierte, und daran, was er dann für Karten abwarf, bekam ein gewissenhafter Beobachter eine Vorstellung vom Wert des Blattes, das man auf der Hand hatte. Allerdings bereitete es Fred noch einige Mühe, sich das ungeordnete Blatt auf seiner Hand als einen vernünftigen Straight vorzustellen, wofür er lediglich seine Pik Drei abwerfen und auf eine Zehn spekulieren musste.

Er spielte jetzt den dritten Abend hintereinander Poker in diesem lauten Saloon mitten in der kleinen verschneiten Stadt am Rande von Montana. Er war trotz der Kälte hierhergekommen, weil er sich den Winter über verkriechen wollte. Fred Morgan hatte nicht viel erwartet und in Eutaw Springs am Ende doch alle Annehmlichkeiten gefunden, die ein Mann sich wünschen konnte: eine bezahlbare Unterkunft, einen Saloon mit erstklassigem Bier, ein Freudenhaus mit schönen Mädchen und ein paar Pokerfreunde, die ihn forderten, aber nicht überforderten. Die drei Männer, die ihm gegenübersaßen, waren allesamt kleine Geschäftsleute der Stadt. Keiner von ihnen war ein professioneller Spieler – und Fred Morgan hätte sich gehütet, sich mit so jemandem einzulassen. Aber sie spielten alle gut, um nicht zu sagen, besser als er, was sich daran bemerkbar machte, dass er jeden Abend mit leichten Verlusten nach Hause ging. Aber er wurde besser, auch wenn seine Erfolge noch stärker von einem guten Blatt und weniger von seinen Blufferfähigkeiten abhingen.

„Karten?“, fragte sein Gegenüber und Fred erschrak, als er im Gesicht des Mannes erkennen konnte, dass die Frage nicht zum ersten Mal gestellt wurde.

„Ähm ... eine“, sagte er, griff unsicher nach der Pik Drei und warf sie auf den Tisch.

„Was ist los mit dir, Fred?“, fragte der Geber. „Steigt dir das Bier in den Kopf?“

Eine einzelne Karte flog über den Tisch. Fred ergriff sie und presste enttäuscht die Lippen zusammen. Es war das Karo As, eigentlich eine exzellente Karte, aber in seinem Fall nahezu wertlos.

Der Geber, der einen einfachen braunen Cordanzug trug, lächelte sanft. „Kein Glück heute?“

Fred Morgan schob seine Karten zusammen und warf sie in die Mitte des Tisches, als ihm klar wurde, dass seine Mitspieler genau wussten, dass er nichts – oder nahezu nichts – auf der Hand hatte und es daher keinen Sinn hatte, zu bluffen.

„Ich setze eine Runde aus und trinke noch ein Bier“, sagte er.

„Ist mit dir alles in Ordnung?“, fragte der Mann im Cordanzug.

„Alles bestens. Es ist ein schöner Abend. Auch wenn die Karten gegen mich sind.“

Fred durchschritt den lärmenden Saloon, in dem es nach Tabakqualm, Whisky, Bier, Schweiß und dem süßen Parfüm von ein paar Animiermädchen roch. Eine Gruppe Bergarbeiter hatte sich mit großen Humpen dünnen Bieres neben das Klavier gestellt und sang irische Lieder. An der Bar tummelten sich Geschäftsleute in schlichten Anzügen und ein paar Vertreter der Minengesellschaft.

Fred Morgan suchte sich eine freie Lücke, schob sein leeres Glas über die Theke und wartete, dass der Bar­keeper Blickkontakt mit ihm aufnahm.

„Noch eins von dem Guten?“, fragte dieser, als er schließlich auf Fred Morgan zukam.

Fred zögerte einen Moment. „Ach, was solls, immer her damit.“

„Sie sind mein Mann“, sagte der Barkeeper zufrieden, nahm das Glas und hielt es unter den Messingzapfhahn.

Fred Morgan beobachtete, wie das Bier langsam ins Glas lief und die Blume immer weiter anwuchs. Dabei entging ihm der Neuankömmling, der sich durch die verschlossene Doppeltür des Saloons schob. Auch den kurzen frostigen Windhauch, der sein Erscheinen begleitete, bemerkte er nicht. Der Mann trug einen dunkelblauen Mantel, der bis an die Schäfte seiner braunen, knapp unter den Knien endenden Stiefel herabfiel. Er war über und über mit Schnee gesprenkelt, der draußen in dicken Flocken über der Stadt niederging. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, zog er sich den kratzigen braunen Schal aus dem Gesicht, wobei er seinen Blick durch den Saal schweifen ließ. Keiner der Gäste nahm von dem Neuankömmling sonderlich Notiz, doch er schien irgendjemanden Bestimmtes zu suchen. Die angenehme Wärme trieb dem Mann, der mehrere Stunden in eisiger Kälte verbracht hatte, den Schweiß aus den Poren, sodass er sich mit dem Handrücken über die Stirn fuhr und dann die ledernen Handschuhe auszog. Er knöpfte den dicken Mantel auf und schien immer noch jedes Gesicht im Raum genau zu studieren.

Ein braunes Lederholster war um seine Hüften geschwungen, und anstatt den Mantel auszuziehen, schlug er ihn nur so weit zurück, dass der Kolben seines Schofield-Revolvers sichtbar wurde. Der Mann war jung, noch keine dreißig, auch wenn ein dichter schwarzer Vollbart und seine im Frost spröde gewordene Haut seine Jugend kaschierten.

Sein Brustkorb bebte, weniger vor Anstrengung als vor einer Erregung, die niemand hätte deuten können, wenn er den Mann bemerkt hätte.

Mike schob Fred Morgan sein Bier zu, sackte sein Geld ein und zog sofort zum nächsten Gast weiter. Ihm war der Neuankömmling aus den Augenwinkeln durchaus aufgefallen – ihm entging kein neuer Gast –, aber er hatte so viel zu tun, dass er sich nicht weiter darum kümmern konnte. Wenn der Mann etwas von ihm wollte, würde er sich schon an die Theke bemühen.

Fred Morgan setzte das Glas an und nahm einen tiefen Schluck. Das Bier in diesem Saloon war das Beste, dass er jemals getrunken hatte. Wenn das Leben sonst keinerlei Annehmlichkeiten bieten würde, dieses Bier allein wäre Grund genug, den Winter in Eutaw Springs zu verbringen.

Er lächelte, ohne es zu merken, und drehte sich zu seinen Pokerfreunden um, wodurch der Fremde sein Gesicht erkannte. Fred Morgan bemerkte den Mann nicht und hing schon wieder über der Theke, als der Mann sich mit langsamen, festen Schritten in Bewegung setzte.

Fred setzte zu einem weiteren Schluck an, als eine Stimme hinter ihm fragte: „Fred Morgan?“

„Hmmm“, brummte Fred bejahend und trank.

Der Fremde zog seinen Revolver, spannte den Hahn und schoss Fred Morgan aus kürzester Distanz in den Kopf. Der Donner ließ jeden einzelnen Besucher erschrocken zusammenzucken. Freds Kopf zerplatzte. Blut spritzte auf den Fremden, die umstehenden Gäste und an den Spiegel der Bar. Das noch beinahe volle Bierglas zersprang, von derselben Kugel getroffen, in tausend Teile. Freds lebloser, ja, regelrecht kopfloser Körper wurde gegen die Bar geschleudert und sackte dann einfach in sich zusammen.

Für einen Sekundenbruchteil herrschte eine unheimliche Stille, während der Schall des Schusses verrauchte und alle zu verarbeiten suchten, was sie gerade gesehen hatten, beziehungsweise, was sie in Form einer grausam entstellten Leiche noch immer mit ansehen mussten.

Der Fremde senkte den Revolver, machte ein, zwei Schritte nach hinten.

Ein Animiermädchen schrie entsetzt auf. Ein Mann in einem grauen Anzug löste sich von der Bar, ging auf den Fremden zu und wollte seinen Arm packen, doch schon schwang der Revolver wieder nach oben und krachte gegen das Kinn des Mannes, der schwer getroffen gegen die Theke taumelte und von seinen Freunden aufgefangen wurde.

Der Fremde machte zwei weitere schnelle Schritte nach hinten, als sich auch die Minenarbeiter vom Klavier lösten und auf ihn zueilten.

Wieder schoss der Arm des Fremden nach vorn, ein weiterer Schuss krachte und einer der Minenarbeiter wirbelte schreiend herum. Der Geruch verbrannten Pulvers breitete sich in dem Raum aus.

„Das war was Persönliches“, sagte der Fremde. „Geht keinen von euch was an. Gibt keinen Grund, Mitleid mit dem Schwein zu haben. Er hats genauso gemacht.“ Er schaute auf den Minenarbeiter, der zu Boden gestürzt war und sich den linken Arm hielt, aus dem das Blut quoll. Seine Kumpel hatten sich über ihn gebeugt. Sie alle hielten noch immer ihre schweren Bierhumpen in der Hand. „Ich hab’ noch vier Kugeln“, sagte der Fremde. „Hab nicht vor, sie zu benutzen, aber wenn ich’s muss, werde ich sie auch nicht verschwenden.“

Langsam ging er rückwärts auf die große Flügeltür zu. Den Revolver hielt er weiter auf die Minenarbeiter gerichtet, doch sein Blick wanderte ruhelos durch den ganzen Saloon. Als er die Tür erreicht hatte, griff seine linke Hand vorsichtig nach hinten, suchte und fand den Türknauf und drehte ihn. Eisiger Wind und Schnee fauchten durch den Türspalt.

„Ich rate euch, mir nicht gleich zu folgen“, sagte der Fremde, stieß die Tür ganz auf, trat ins Freie und schloss die Tür wieder.

Sofort setzte lauter Tumult in dem Saloon ein. Mehrere Männer umringten die Leiche, während die Minen­arbeiter nach dem Arzt riefen, der jedoch nicht zu den Gästen gehörte.

„Der Sheriff!“, sagte Mike, der Barkeeper, schließlich. „Jemand muss Sheriff Gutterson holen.“ Er wandte sich seinem Gehilfen zu, der sich weit über die Theke der Bar gebeugt hatte, um den Toten zu betrachten. „Steve, geh los und hol ihn.“