story.one - Life is a story
1. Auflage 2022
© story.one – the library of life – www.story.one
Eine Marke der Storylution GmbH
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Herausgeber und des Verlages ist ausgeschlossen.
Gesetzt aus Minion Pro und Lato.
Editor Englischer Text: David Granger
Aus dem Englischen: Hannes Steiner
Korrektorat: Joe Rabl
© Fotos: Valeria Shashenok
Kontakt: valerisssh@story.one
ISBN: 978-3-903715-22-6
eISBN: 978-3-903715-23-3
Das ist kein Film. Das ist das echte Leben. Oder wie sich das Leben verändern kann.
Widmung
Februar 24
„Dinge, die nur in einem Bombenschutzkeller Sinn machen“
Die Flucht
Von Polen nach Italien
Karte meiner Träume – Map of Dreams
Rom, Italien und Mailand
Blumen und Warnungen
Mein Vater, ein störrisches Maultier, so wie ich
Leben in – und Flucht aus – dem Bombenschutzkeller
Kriegsfolgen, Hitler und Auschwitz
Die Macht der sozialen Medien
Eine erstaunliche Figur
Humor, Ruhm & schwarzer Humor
Von der ukrainischen Seele, Brot und Babuschkas
Das Foto meiner Freundin Lena
Maksim
Meine Botschaft an die Welt
Mein Name ist Valeria Shashenok.
Ich bin 20 Jahre alt und komme aus Tschernihiw. Wer es nicht kennt, diese Stadt liegt nördlich von Kiew im Norden der Ukraine nahe an der russischen Grenze.
Ich bin freiberufliche Fotografin und zeige meine Arbeiten auf meinen Social-Media-Accounts auf TikTok und Instagram.
Dann, als Putin im Februar 2022 beschloss, in die Ukraine einzumarschieren, filmte und fotografierte ich und postete es auf TikTok und Instagram. Dann schnappte ich einen TikTok-Trend mit dem Namen
„Things that just make sense in …“
(Dinge, die nur Sinn machen in …) auf. Für mich war es zu diesem Zeitpunkt „Things that just make sense in … a bomb shelter“ – denn genau dort lebte ich gerade mit meiner Mutter und meinem Vater: in einem Bombenschutzkeller.
Seit diesem Video haben sich wirklich viele Dinge geändert. Ich filmte und dokumentierte nicht mehr nur die Ereignisse in meiner Stadt, um der Welt zu zeigen, was in der Ukraine geschah, sondern wurde jetzt selbst Teil der Medienberichterstattung. Ich wurde von CNN und der BBC interviewt und hatte plötzlich Millionen von Zuschauern auf meinen eigenen Kanälen.
Meine Geschichten erzählen davon, wie ich in Autos und Zügen aus der ukrainischen Stadt Tschernihiw nach Warschau flüchtete und via Berlin schließlich in Mailand landete. Ich war schon früher nach Italien gereist – ich liebe dieses Land. Es war eines der Bilder auf meiner „Map of Dreams“, die ich in meiner Wohnung hatte. Auf dieser gab es Bilder von verschiedenen Dingen … von Italien und auch von Dagobert Duck, wie er in einen Haufen Geld eintaucht.
Aber es waren nicht nur TikTok-Trends und Instagram-Stories von meiner Flucht aus der Ukraine.
Am 30. März 2022 postete ich eine Story über meinen Cousin, der für mich wie ein Bruder gewesen ist. Er wurde von einer russischen Bombe getötet. Es waren drei Bilder und in der Bildunterschrift sagte ich, dass es Putin gewesen war, der meinen Cousin getötet hatte. Ich möchte, dass jeder davon erfährt, was mir passiert ist. Denn dieser Krieg ist für mich schreckliche Realität geworden.
Ich habe die Geschichte über meinen Cousin um 10 Uhr abends gepostet und sie wurde innerhalb von nur 24 Stunden von vielen Leuten gesehen. Aber soll ich euch was sagen: Es ändert nichts an der Tatsache, dass mein Cousin tot ist, dass er nicht mehr lebt.
Dieses Buch ist aber nicht meinem Cousin gewidmet. Es ist auch nicht meiner Mutter, meinem Vater (die beide immer noch in der Ukraine sind) oder den Menschen in Tschernihiw gewidmet oder allen, die während der Invasion getötet wurden.
Eigentlich möchte ich diese Geschichten dem russischen Volk widmen.
Denn viele in Russland glauben noch immer nicht, dass es ein Krieg ist, sondern eine „special operation“. Aber bei einer solchen Spezialoperation würden russische Soldaten nicht dieses Level an Gewalt anwenden, Häuser zerstören, Frauen den Kopf kahl rasieren oder Kinder missbrauchen.
Der 24. Februar war der Tag, an dem der Krieg für mich aus dem Nichts heraus begann.
Meine Mutter kam in mein Zimmer und sagte nur: Valeria! In Kiew hat eine Bombe eingeschlagen und ein Gebäude zerstört!
Dazu muss man wissen, ich lebe eigentlich in der modernen Millionenstadt Kiew und war erst wenige Tage zuvor zu meinen Eltern nach Tschernihiw gefahren.
Unsere Wohnung in Tschernihiw ist für mich der beste Ort der Welt, voller schöner Erinnerungen und Emotionen. Ich habe dort alle Höhen und Tiefen meiner Kindheit erlebt. Es ist eine Wohnung mit hohen Räumen und großen Fenstern und ich liebe es, wenn der Holzboden knarrt, wenn ich mein Zimmer betrete.
Ganz besonders mag ich es, wenn ich in die Küche komme und meine Mutter gerade am Kochen ist – dann ist es so richtig gemütlich. Diese Wohnung versetzt mich in meine Kindheit zurück. Ich bin die Jüngste in der Familie und das heißt, ich werde für alle immer das kleine Mädchen bleiben. Die Schule, die ich besuchte, liegt ganz in der Nähe unseres Hauses, und ich hatte auch dort eine wunderschöne Zeit – auch wenn mich alle Lehrer gehasst haben (!).