INHALT

Mein Anti-Fettleber-Programm

Die Leber – das Zentralorgan des Stoffwechsels

Die Leber – Organ des Lebens

Steckbrief Leber

Die Leber als Organ des Willens

Fettleber: Die unterschätzte Volkskrankheit

Gewicht und Bauchumfang

Diagnose: So wird eine Fettleber festgestellt

Patientenfall: Abnehmen als oberstes Gebot

Fettleber: Prognosen und Komplikationen auf einen Blick

Typische Hinweise auf eine kranke Leber

Andere Lebererkrankungen

Wissenswertes über das Wunderorgan

Richtig essen ist die beste Medizin

Die besten Lebensmittel gegen eine Fettleber

Alkohol: Gift für die Leber

Wie trinke ich weniger?

Sofortmaßnahmen für die Küche

Besser leben für die Leber

Fünf Tipps für Ruhe und Reduktion

Abwarten und Tee trinken

Entspannende Leberwickel

Test: Wie fit ist Ihre Leber?

LEBERGESUND GENIESSEN

Frühstück

1 Low-Carb-Müsli – 4 leckere Varianten

Kalorienfasten: 4 Rezepte mit 200 kcal

Hauptgerichte

Einfach genial: kochen mit maximal 5 Zutaten

Kalorienfasten: 4 Rezepte mit 300 kcal

Kleine Gerichte

2 hart gekochte Eier – 4 köstliche Rezeptideen

Kalorienfasten: 4 Rezepte mit 300 kcal

Entlastungswoche für die Leber

Lebensmittelauswahl bei Fettleber

Hilfreiche Adressen

Der Autor

Impressum

Das bedeuten die Icons bei den Rezepten

vegan
vegetarisch
Low Carb
entzündungs-
hemmend
reich an
Bitterstoffen

MEIN ANTI FETTLEBER PROGRAMM

Dieses Buch hat eine gute Nachricht: So gravierend die Folgen einer Fettleber sein können, so leicht ist es auch, unser wichtigstes Stoffwechselorgan rechtzeitig zu retten und gesund zu halten. Dabei spielt die richtige Ernährung eine entscheidende Rolle.

Unsere Leber ist ein schweigendes Organ mit fantastischen Fähigkeiten. Sie lässt sich viel gefallen, ohne mit Schmerzen auf sich aufmerk-sam zu machen. Deshalb muten wir ihr häufig zu viel zu und lassen sie unbedacht verfetten. Während wir uns noch in Sicherheit wiegen, führt die Leber oftmals bereits einen schweren Kampf, von dem wir nichts ahnen. Die meisten Menschen wissen zum Beispiel, dass Alkohol in größeren Mengen die Leber massiv schädigt. Doch der Zusammenhang zwischen Fettleber und Ernährung ist wenig bekannt.

Zu viel Zucker, zu viele ungesunde Kohlenhy-drate, überflüssige Snacks, vermeintlich gesunde Fruchtsäfte und sogar Obst im Übermaß bedrohen die Leber auf ungeahnte Weise. Eine schlechte Ernährung macht die Fettleber zur weltweit häufigsten chronischen Lebererkrankung. Sage und schreibe 30 bis 40 Prozent aller Erwachsenen über 40 Jahre haben heute eine Fettleber. Zwar trifft es vor allem übergewich-tige männliche Senioren, aber auch schlanke und junge Frauen sind nicht gefeit – selbst vor Kindern macht die Entwicklung nicht halt. Das hat oft dramatische Folgen. Wenn das Superorgan langsam und lange unbemerkt verfettet, erhöht sich das Risiko für eine Leberzirrhose und Leberkrebs. Lassen Sie es nicht so weit kommen! Die vergrößerte Leber ist kein unabwendbares Schicksal. Jeder hat es selbst in der Hand, seine persönliche „Meisterin der Selbstheilung“ gut zu pflegen, Erkrankungen zu verhindern und bereits bestehende Schäden wieder rückgängig zu machen. Das ist die wichtigste Botschaft dieses Buches: Die Leber kann durch die richtige Ernährung sehr schnell wieder kerngesund werden und bleiben. Da-für müssen Sie nicht mehr tun, als ein paar Gewohnheiten zu verändern.

In diesem Buch lernen Sie nicht nur die faszi-nierenden Geheimnisse unserer Leber kennen,sondern erfahren auch, was Sie tun müssen, um das schweigende Organ glücklich zu machen und es nicht zu einer Fettleber „verkommen“ zu lassen. Die wichtigste Säule meines Anti-Fettleber-Programms ist die richtige Ernährung: Was sollte täglich auf den Teller? Warum sind Esspausen so wichtig? Welche Lebensmittel sind die besten? Was sollte man unbedingt meiden? Außerdem geht es um Bewegung, den Umgang mit Alkohol und Stress, das Verändern von Gewohnheiten und nicht zuletzt um psychologische Tricks, die gute Vorsätze unterstützen. Im großen Rezeptteil finden Sie vom Frühstück bis zum Abendessen reichlich Anregungen für eine lebergesunde Küche sowie Vorschläge zum 800-Kalorien-Fasten.

Gute Gesundheit wünscht Ihnen

DIE LEBER – DAS ZENTRALORGAN DES STOFFWECHSELS

Die Leber ist ein Organ mit faszinierenden Fähigkeiten, sie ist ein wahrer Tausendsassa. Sie reguliert den Stoffwechsel, kann speichern, um-, auf- und abbauen, entgiften, ausscheiden und vieles mehr. Wie entsteht das Superorgan? Wie ist es aufgebaut und wie arbeitet es?

Die Leber ist unser größtes Stoffwechselorgan, ohne sie wäre ein Leben nicht möglich. Alles, was wir über die Nahrung aufnehmen, gelangt zunächst in die Leber. Sie nimmt wahr, was da kommt, und prüft, was für unseren Körper als Baustein taugt. Sie ist am Fett-, Eiweiß- und Koh- lenhydratstoffwechsel beteiligt, wandelt also Nährstoffe um. Zudem ist die Leber eine Drüse und unterstützt mit der von ihr produzierten Gallenflüssigkeit die Fettverdauung. Spürt die Leber Schädliches auf, sorgt sie dafür, dass es entgiftet und ausgeschieden wird. Sie speichert Vitamine und Mineralstoffe und spielt eine entscheidende Rolle bei der Blutbildung und der Immunabwehr.

DIE ENTWICKLUNG IM MUTTERLEIB

Der Embryo im Mutterleib ist noch winzig klein, wenn die Leber mit ihrer Entwicklung beginnt: Gerade mal 2,5 Millimeter misst sein Körper in der dritten Schwangerschaftswoche. Das ist die Zeit, in der die Leber „geboren“ wird. Sie entspringt aus dem Vorderdarm unterhalb des Herzens und bildet eine Ausbuchtung nach vorne: die Leberbucht. Aus ihrem oberen Teil entwickelt sich die Leber mit ihren Gallengängen, aus dem unteren die Gallenblase mit dem Gallengang, der zum Zwölffingerdarm führt. Am Ende der vierten Schwangerschaftswoche entstehen die Leberzellen (Hepatozyten).

Die Leber ist als zweilappiges symmetrisches Organ angelegt. Später in der Embryonalzeit hört der linke Lappen auf zu wachsen, während der rechte weiterhin größer wird. Die Hauptaufgabe der Leber eines ungeborenen Kindes ist bis weit über die Hälfte der Schwangerschaft hinaus die Blutbildung. Außerdem beginnen die Leberzellen schon früh in der Embryonalentwicklung, Glykogen zu speichern. Andere Stoffwechselfunktionen wie die Entgiftung und die Glykogenolyse entwickeln sich erst kurz vor der Geburt.

MASSE UND KLASSE

Bei Erwachsenen ist die Leber 1,5 Kilogramm schwer – das entspricht etwa zwei Prozent des Körpergewichts. Damit ist die Leber unser schwerstes inneres Organ und die größte Drüse des menschlichen Organismus. Die Leber liegt horizontal im rechten Oberbauch unmittelbar unterhalb des Zwerchfells, an das sie fixiert ist. Deshalb macht sie jede Atembewegung mit. Der rechte größere Leberlappen liegt an der rechten Bauchwand an. Der kleinere linke Lappen reicht in den linken Oberbauch fast bis zur Milz und überdeckt den Magen. Da sie eine beinahe flüssige Konsistenz hat, hinterlassen die auf der Rückseite liegenden Organe (rechte Nebenniere, rechte Niere, Zwölffingerdarm und Dickdarm) tiefe Abdrücke (Impressionen) in der Leber. Eine straffe, bindegewebige Kapsel sorgt da-für, dass sie zusammenhält. Ihr Inneres wird zu 80 Prozent aus Hepatozyten gebildet, die strangförmig aneinandergereiht in den Funktionseinheiten der Leber, den sechseckigen Leberläppchen, verlaufen. Dazu kommen so- genannte Kupffer-Zellen, Fresszellen, die Teil des Immunsystems sind, und hepatische Sternzellen, die Fett und Vitamin A speichern können.

VENÖSES WUNDERWERK

Die Leber wird über zwei Gefäßsysteme mit Blut versorgt: die Leberarterie (25 Prozent) und die Pfortader (75 Prozent). In der Pfortader sammelt sich das Blut aus den Verdauungsorganen (Ma- gen, Dünndarm, Dickdarm, Bauchspeicheldrüse und Milz) und transportiert Nährstoffe, aber auch Abbauprodukte direkt zur Leber, also am großen Blutkreislauf vorbei. Das Blut in der Pfortader ist sauerstoffarm. Leberarterie und Pfortader spalten sich in der Leber auf und umgeben als klei-ne Verästelungen die Leberläppchen. Mediziner bezeichnen dieses Gefäßsystem als „venöses Wundernetz“. Das von den Leberzellen verarbeitete Blut fließt weiter zu größeren Sammelvenen, von dort in die untere Hohlvene und schließlich in den rechten Herzvorhof. Nachdem es in der Lunge mit Sauerstoff angereichert wurde, wird das nährstoffreiche Blut dann im ganzen Körper verteilt, um alle Organe zu versorgen.

UNZERTRENNLICH: LEBER UND GALLENBLASE

Am Unterrand des rechten Leberlappens liegt die etwa 10 Zentimeter lange Gallenblase. Die von den Leberzellen kontinuierlich gebildete Gallenflüssigkeit fließt über die Gallenkanäl-chen – ein verzweigtes Drainagesystem, das ebenfalls die Leberläppchen umgibt – in einen Gallengang und von dort in den Zwölffinger-darm. Auf diesem Weg zweigt ein weiterer Gallengang zur Gallenblase ab. Hier wird ein Teil der Gallenflüssigkeit aufgenommen und zehnfach konzentriert, sozusagen als Reserve für Notfälle. Denn bei Bedarf, wenn zum Beispiel sehr viel fettreiche Nahrung den Magen verlässt, wird das Gallenblasenkonzentrat Richtung Darm abgegeben, um dort beim Abbau der Fette zu helfen. Die Leber produziert täglich 500 bis 800 Milliliter Gallenflüssigkeit, die zu etwa 90 Prozent aus Wasser besteht und einen vergleichsweise hohen pH-Wert von 6,2 bis 8,5 hat, also eher basisch ist. In der Gallenflüssigkeit finden sich neben Wasser Gallensäuren sowie der Gallenfarbstoff. Die Gallensäuren werden von der Leber aus Cholesterin gebildet. Sie töten unter anderem Bakterien im Darm ab. Der Gallenfarbstoff Bilirubin entsteht beim Abbau des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin – hierbei arbeiten Milz und Leber zusammen. Bilirubin und Cholesterin werden mit der Galle über den Stuhl ausgeschieden.

DOPPELROLLE IM FETTSTOFFWECHSEL

Im Fettstoffwechsel hat die Leber sowohl eine ab- als auch eine aufbauende Funktion. Einerseits hilft sie beim Abbau der Nahrungsfette, indem sie Gallensäure in den Darm ausschüttet. Dort docken die Gallensäuren an die Fette aus Salatsauce, Lachsfilet oder Pommes frites an, die sie sozusagen „vorbehandeln“. Erst dann können Enzyme aus der Bauchspeicheldrüse die Fette (Triglyzeride) in Fettsäuren und Glycerin zerlegen. Die Fettbestandteile werden in die Darmwand aufgenommen und dort bereits wieder zu ihrer ursprünglichen Form zusammengefügt. Danach gelangen sie als Fetttröpfchen über die Lymphe des Bauchraums und den Brustmilchgang in die obere Hohlvene und ins Herz. So wandern die Fette über das sauerstoffreiche Blut der Leberarterie zur Leber, während die Bausteine der Eiweiße und Kohlenhydrate direkt über die Pfortader in die Leber fließen. In der Leber werden die Fette dann als VLDL (Very Low Density Lipoprotein) verpackt ins Blut abgegeben. Neben Triglyzeriden wird in den VLDL auch Cholesterin transportiert. Fette liefern Energie für einige Organe, zudem taugen sie als Baumaterial für Zellwände und Hormone. Überschüssiges Fett wird zuerst in den Speichern an Hüften und Gesäß deponiert, dann im Unterhautfettgewebe und schließlich zwischen den Organen: das gefähr-liche Bauchfett. Erst dann lagert die Leber selbst Fett ein.

Die Leber hat aber auch eine aufbauende Funk-tion im Fettstoffwechsel: Sie kann Fettsäuren, Triglyzeride und Cholesterin herstellen und aus Kohlenhydraten (Glukose) Fette bilden. Cholesterin ist die Ausgangssubstanz für die Gallensäuren und zahlreiche Hormone sowie ein wichtiger Baustein der Zellmembranen. Es spielt zudem eine wichtige Rolle im Vitamin-D-Stoffwechsel. Den Tagesbedarf von etwa einem Gramm Cholesterin kann der Körper selbst herstellen, was ungefähr zur Hälfte in der Leber stattfindet. Wird viel Cholesterin über die Nahrung zugeführt, zum Beispiel über Eier oder Butter, drosselt die Leber ihre Produktion. Darum ist Cholesterinreiches nicht so gefährlich, wie lange angenommen wurde. Der Cholesterinspiegel wird hauptsächlich durch gesättigte Fette erhöht, aber auch durch Bewegungsmangel oder genetische Vorbelastungen. Ein zu hoher Cholesterinspiegel (vor allem zu viel vom sogenannten LDL-Cholesterin und insbesondere sd-LDL-Cholesterin) gilt als Risikofaktor für Herzkrankheiten. Wenn wir lange fasten und die Glukosevorräte aufgebraucht sind, kann die Leber auch aus Fettsäuren Substanzen bilden, die die Nervenzellen, in erster Linie das Gehirn, als Treibstoff nutzen können: die sogenannten Ketonkörper.

WÄCHTER IM EIWEISS-STOFFWECHSEL

Der Mensch braucht – wie alle lebenden Organismen – Eiweiß als elementaren Baustoff. Ein 70 Kilogramm schwerer Mensch verfügt über etwa 10 Kilogramm Eiweiß (Protein). Täglich werden in der Leber etwa 400 Gramm Eiweiß verstoffwechselt. Davon werden 300 Gramm abgebaut und durch Recycling neu produziert, der Rest muss über die Nahrung ausgeglichen werden. Eiweiße bestehen aus 20 Aminosäu-ren. Sie gelangen aus der Nahrung über die Pfortader in die Leber und werden dort in den Leberzellen verarbeitet. Dabei kann eine Aminosäure in eine andere umgebaut und bei Bedarf aus dem Kreislauf genommen werden, sodass der Eiweißspiegel im Blut weitgehend auf einem Level gehalten wird. Das ist immens wichtig, damit immer genügend Protein zur Verfügung steht. 90 Prozent aller Plasmaproteine werden in der Leber synthetisiert. Den größten Anteil macht das Albumin aus – ein Transportprotein für Stoffe, die nicht wasserlöslich sind. Es hält zudem den Druck in den Blutbahnen aufrecht, der wiederum dafür sorgt, dass nicht zu viel Flüssigkeit in umliegendes Gewebe übergeht. Wird krankheitsbedingt, beispielsweise bei einer Leberzirrhose, zu wenig Albumin gebildet, entstehen Flüssigkeits-ansammlungen (Ödeme) in den Unterschenkeln, Knöcheln oder in der Bauchhöhle. Gerinnungsfaktoren sind weitere Eiweiße im Blut, die die Leber bildet. Bei Verletzungen stoppen diese Substanzen Blutungen. Allerdings sind neun Aminosäuren essenziell, das heißt, der menschliche Organismus kann sie nicht pro-duzieren, sie müssen mit der Nahrung auf-genommen werden.

SOUSCHEF IM ZUCKERSTOFFWECHSEL

Auch im Kohlenhydratstoffwechsel, umgangssprachlich Zuckerstoffwechsel, spielt die Leber eine zentrale Rolle. Kohlenhydrate, also Mehrfachzucker, die wir mit der Nahrung etwa als Brot, Nudeln, Kartoffeln oder Süßigkeiten aufnehmen, werden durch die Enzyme der Darmwand und der Bauchspeicheldrüse in Einfach-zucker zerlegt. Die Einfachzucker Glukose, Fruk-tose und Galaktose fließen mit dem Pfortaderblut in die Leber, sobald sie die Darmwand passiert haben. Glukose ist für die meisten Organe der Lieblings-Treibstoff – das Gehirn arbeitet überhaupt nur mit Glukose oder notfalls Ketonkörpern. Darum bedarf es hier eines besonders ausgeklügelten Regulationssystems, bei dem die Leber der Hauptakteur ist. Sie wandelt nämlich Glukose in seine Speicherform Glykogen um: 300 bis 400 Gramm Glykogen kann die Leber einlagern. Im Bedarfsfall, etwa in Esspausen, kann sie den Nährstoff wieder abbauen (Glykogenolyse) und als Glukose ins Blut abgeben. Die Leber reguliert also den Blutzuckerspiegel. Beim Fasten wird der Körper zunächst aus den Zuckerspeichern der Leber mit Glukose versorgt. Erst nach etwa dem zweiten Tag geht es an die Fett-, aber auch an die Proteindepots. Die Leber kann bei Bedarf nämlich aus Fett und bestimmten Eiweißbausteinen Glukose machen (Glukoneo-genese). Auch aus Laktat, das im Muskel entsteht, bastelt die Leber Glukosemoleküle.

Bei alldem wird die Leber von der Bauchspei-cheldrüse dirigiert. Wenn sehr viel Glukose bei der Leber ankommt, sorgt die Bauchspeichel-drüse mithilfe des Hormons Insulin dafür, dass die Leber Glykogen bildet. Insulin schaufelt zudem die Glukose aus dem Blut in die Körperzellen: Der Zuckerpegel sinkt. Sind die Energiereserven hingegen leer, bildet die Bauchspeicheldrüse Glukagon. Das ist das Signal für die Leber, Glukose freizusetzen. Bauchspeicheldrüse und Leber halten also gemeinsam den Blutzuckerspiegel konstant. Es ist enorm wichtig, dass der Zuckerspiegel nicht zu hoch ist oder zu tief sinkt. Sonst drohen schwerwiegende Folgen bis hin zur Bewusstlosigkeit. Leider hat auch ein anderes Hormon Einfluss auf die Zuckerspeicher in der Leber: das Stresshormon Cortisol. Bei Stress wird Glykogen in der Leber zu Zucker abgebaut. Schließlich war es für unsere Vorfahren in der Steinzeit wichtig, dem Körper sehr schnell viel Energie für Kampf oder Flucht zur Verfügung zu stellen (Fight-or-Flight Response). Haben wir heute Ärger, rennen wir normalerweise nicht davon, sondern verharren auf unserem Bürostuhl. Daher wird der zur Verfügung stehende Treibstoff nicht verbrannt, sondern erhöht immer weiter den Zuckerwert im Blut. Das ruft wiederum das Insulin auf den Plan: Weil viel Zucker angeschwemmt wird, wird viel Insulin ausgeschüttet. Der Blutzucker sinkt dadurch sehr stark und verursacht Heißhungerattacken.

WICHTIGES MINERALSTOFFDEPOT

Neben den Makronährstoffen ist die Leber auch das Logistikzentrum für Vitamine und Mineralstoffe. Sie speichert Spurenelemente wie Eisen,

Kupfer, Zink und Mangan sowie die fettlöslichen Vitamine A, B12, E und K. Vitamin B12 kann die Leber in so großen Mengen deponieren, dass diese Vorräte mehrere Jahre reichen. Dies ist der Grund, warum eine mangelhafte Vitamin-B12-Versorgung bei manchen Veganern erst nach Jahren gesundheitliche Folgen hat (Vitamin B12 findet sich nur in tierischen Lebensmitteln, die Veganer meiden). In der Schwangerschaft und beim Stillen werden die Speicher in der Leber allerdings schneller geleert, weil Vitamin B12 wichtig für die Gehirnentwicklung des Embryos ist. Im Eisenstoffwechsel fungiert die Leber nicht nur als Speicherplatz, sondern hilft auch beim Recycling. Baut die Leber Hämoglobin zu Bilirubin ab, wird Eisen frei, das für den Transport von Sauerstoff notwendig ist. Eisen wird dann an ein von der Leber hergestelltes Eiweißmolekül – das Transferrin – gekoppelt und zurück ins Knochenmark transportiert. Dort wird es erneut in die sich bildenden roten Blutkörperchen eingebaut. So reicht das Eisendepot des Körpers, das schon bei der Geburt vorhanden ist, fast das ganze Leben lang – wir müssen nur geringe Mengen Eisen über die Nahrung aufnehmen.

ENORME ENTGIFTUNGSKAPAZITÄTEN

Neben den Nährstoffen gelangen täglich auch unzählige Substanzen in unseren Körper, die schädlich für uns sind. Die Natur hat uns darum mit einem hervorragenden Entgiftungssystem ausgestattet, das von der Leber gesteuert wird. Sie kann Gifte in ihren Zellen mithilfe von Enzymen umbauen und über die Galle sowie die Nieren ausleiten. Beim Abbau von Eiweiß in der Leber entsteht etwa schädliches Ammoniak, das die Leber zu Harnstoff umbaut und zu den Nieren weiterleitet. Auch Medikamente identi-fiziert die Leber als Fremdstoffe und zerlegt sie in kleinere Bestandteile, die der Körper über die Galle ausscheidet. Und nicht zuletzt beim Abbau von Alkohol zeigt die Leber ihre Stärke. Sie kann ein Gramm Alkohol pro 10 Kilogramm Körpergewicht in der Stunde abbauen. Dabei entstehen zuerst Acetaldehyd und schließlich Fettsäuren, Kohlendioxid und Wasser. Bei zu hohem Alkoholkonsum werden die Fettsäuren schließlich auch in der Leber eingelagert: eine alkoholische Fettleber entsteht.

Fruktose stresst die Leber

Ein großes Problem für die Leber ist Fruktose. Die Aufnahme des Fruchtzuckers in den Körper verläuft anders als bei Glukose. Sie führt ausschließlich über die Leber und dabei wird kein Insulin ausgeschüttet. Deshalb hat man Fruktose früher irrtümlicherweise als „Diabetikerzucker“ angepriesen, bis man erkannte, dass Fruchtzucker rasch zu Übergewicht und einer Fettleber führt. Der Grund: Wenn die Leber mit zu viel Fruktose geflutet wird, wandelt sie den Überschuss, den sie nicht verstoffwechseln kann, in Fett um und lagert es ein. Zusätzlich bremst Fruktose die Wirkung des Hormons Leptin, das für unser Sättigungsgefühl verantwortlich ist. Die Folge ist, dass wir immer mehr essen. In den USA gilt Fruktose inzwischen als Dickmacher Nummer eins. Sie ist verantwortlich für einen Großteil der Fettlebererkrankungen. Von Fertiggerichten und Softdrinks, denen oftmals Fruktose zugesetzt ist, sollte man daher besser die Finger lassen.

Auf einen Blick

Hier sehen Sie die vielfältigen Aufgaben der Leber im Überblick. Die Leber ...

… ist bis zum siebten Schwangerschaftsmonat der Ort, an dem die Blutbildung des Fötus stattfindet.

… reguliert den gesamten Stoffwechsel der Makronährstoffe. Das sind der Eiweiß-, der Fett- und der Kohlenhydratstoffwechsel.

... ist die größte Drüse des menschlichen Organismus. Als ihr Sekret bildet sie die Gallenflüssigkeit.

… arbeitet als Speicherorgan für Fette, Glukose, Vitamine und Spurenelemente wie zum Beispiel Eisen.

... bildet Cholesterin, Bluteiweiße für Abwehrfunktionen, Blutgerinnung und Transportproteine sowie Galle (Gallenfarbstoff und Gallensäuren).

… baut ab: Cholesterin zu Gallensäuren, Blutfarbstoff zu Gallenfarbstoff, Ammoniak zu Harnstoff (Ausscheidung über die Nieren). Außerdem hilft sie mit Gallensäuren beim Abbau von Fetten.

... entgiftet schädliche Keime, Medikamente, Hormone und Alkohol.

DIE LEBER – ORGAN DES LEBENS

Der Name deutet es an: Leber und leben oder im Englischen liver und to live – die Leber ist ein Lebensorgan. Die anthroposophische Medizin ordnet die Leber dem Lebensleib zu. Sie wird auch als Willensorgan bezeichnet.

Die anthroposophische Medizin beschreibt den Menschen auf vier Ebenen: der körperlichen (physischer Leib), der lebendigen (Lebensleib), der seelischen (Seelenleib) und der geistigen (Ich-Organisation). Der physische Leib ist rein stofflich (unbelebt). Er beansprucht Raum und nimmt darin Gestalt an – er verbindet uns mit dem Mineralreich. Der Lebensleib steht für unser Befinden, für Lebenskraft und Wachstum. Während der physische Leib das Gewordene im Raum repräsentiert, verkörpert der Lebensleib Prozesse und Wandlung in der Zeit. Die dritte Ebene, der Seelenleib, umfasst das Bewusstsein, die Triebe und Bedürfnisse. Die vierte Ebene, die Ich-Organisation, ermöglicht uns zu denken, zu sprechen, kreativ zu handeln und auf dieser Basis ein Selbstbewusstsein zu entwickeln.

LEBENSLEIB UND WASSERELEMENT

Die Leber ist in der anthroposophischen Medizin dem Lebensleib und dem Wasserelement zugeordnet. Aufgabe des Lebensleibs (auch Ätherleib genannt) ist es, aus der rein stofflichen Welt etwas Lebendiges zu erschaffen. Genau das tut die Leber: Sie wandelt körperfremde Stoffe (etwas aus der Nahrung) in körpereigene Stoffe um. Diese aufbauenden, regenerierenden Prozesse laufen überwiegend in der Nacht ab. Dem gegenüber findet die Produktion von Gallenflüssigkeit eher tagsüber statt. Zu den abbauenden Prozessen gehört, dass Blutfarbstoff, Cholesterin, Medikamente und andere Stoffe umgewandelt und ausgeschieden werden. Für ihre Arbeit braucht die Leber das Wasserelement: Täglich wird sie von fast 2000 Litern Blut durchströmt, das sind etwa anderthalb Liter pro Minute.

Sinnbildlich für den Lebensleib ist die hohe Regenerationskraft der Leber: Sie ist eines der wenigen Organe, die sich für eine Lebendspende eignen. Bei Erwachsenen werden bis zu 60 Prozent der Leber des Spenders entnommen und dem Empfänger eingesetzt. Sowohl beim Spender als auch beim Empfänger wächst die Leber nach der Transplantation und erreicht beinahe ihre ursprüngliche Größe.

ANTHROPOSOPHISCHE THERAPIE

Die anthroposophische Therapie zielt darauf ab, die Selbstheilungskräfte anzuregen. Dabei sollen die verschiedenen Ebenen des Menschen angesprochen werden. Verwendet werden Arz-neimittel aus den Naturreichen. Neben Einzel-mitteln (etwa Cichorium Stanno cultum D3) kommen Kombinationen (zum Beispiel Hepatodoron) zum Einsatz. Auch Wickel und Auflagen bilden wesentliche Bestandteile der anthroposophischen Therapie. Seelisch-geistige Aspekte können in der Biografiearbeit und Psychotherapie angesprochen und bearbeitet werden.

STECKBRIEF LEBER

Das zentrale Organ für den Aufbau des menschlichen Organismus schafft im besten Sinne des Wortes Leben. Die Leber hat eine schier unglaubliche Energie und verblüffende Fähigkeiten. Sie ist zweifellos ein Organ der Superlative.

Spitzenwerte

Kein anderes Organ erledigt so viele Aufgaben wie die Leber. Sie ist das schwerste Organ und die größte Drüse des Körpers. Außerdem erhält sie als einziges Organ Blut aus zwei Quellen: der Leberschlagader und der Pfortader.

Schmerzfrei

Da die Leber keine Nerven enthält, bleiben eine Fettleber und ihre Folgeerkrankungen lange schmerzfrei. Symptome wie Druck im Oberbauch entstehen beim Anschwellen der Leber durch Spannung in der Kapsel, die das Organ umhüllt. Müdigkeit gilt als „Schmerz der Leber“.

Mehr kann nur das Herz

Fast 2000 Liter Blut strömen Tag für Tag durch die Leber – damit gehört sie zu den besonders gut durchbluteten Organen. Mehr Blut fließt nur durchs Herz. Zusätzlich bildet die Leber 500 bis 800 Milliliter Gallenflüssigkeit am Tag.

Ein nachtaktives Organ