Blumenkohl
Eine Kurzgeschichte von
Louisa C. Kamps
2. Ausgabe
Text: Louisa C. Kamps
Schultestraße 25
59759 Arnsberg
Louisa.c.kamps@gmx.de
Coverdesign: Irene Repp
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Bildrechte:
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Lektorat: Elisa Schwarz
Korrektorat: Bernd Frielingsdorf
Copyright Arnsberg, Juni 2022, Louisa C. Kamps
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Vervielfältigung und Veröffentlichung sind nicht gestattet oder bedürfen meiner ausdrücklichen Zustimmung.
Die Illustrationen auf der Titelseite werden nur für darstellerische Zwecke genutzt. Jede abgebildete Person ist ein Model.
Inhalt
Um die Beziehung mit seinem Freund zu retten, lässt sich Carsten von ihm zu einem Urlaub auf Mallorca überreden. Was bereits abzusehen war, endet noch vor Reiseantritt plötzlich und spektakulär mitten in der Abflughalle. Aus der Situation heraus tritt Carsten den Urlaub daher allein an. Ein Anfang mit Unsicherheit und Zweifeln entwickelt sich jedoch ziemlich schnell zu einer angenehmen und prickelnden Angelegenheit.
Blumenkohl
„Kannst du mal das Handy weglegen? Wir hatten uns doch darauf geeinigt, die Telefone in den Taschen zu lassen. Nur für Notfälle, schon vergessen? Ich sehe hier aber keinen, also wäre es nur höflich, wenn du nicht die ganze Zeit auf dein Display starren würdest.“
„Mein Kollege hat noch eine Frage. Soll ich ihn ignorieren? Mach dich mal locker. Wir sind eh gleich im Flugzeug und dann ist es aus, also reg dich ab.“
Resigniert seufze ich und mal wieder überkommt mich der Gedanke, dass das hier keine gute Idee ist. Wir hätten es beenden sollen, statt diesen letzten Versuch zu unternehmen, etwas zu retten, was offensichtlich nicht mehr zu retten ist. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir uns längst getrennt. Paul hatte mich jedoch noch einmal überreden können. Fünf Jahre wirft man eben nicht weg, da hat er vielleicht recht. Ob dieser Urlaub noch etwas an dem Beziehungsaus ändert? – Ich bezweifle es. Vor allem, wenn er sich direkt am ersten Tag nicht an die einzige Bedingung hält, die ich hatte. Keine elektronischen Geräte für fünf Tage. Genervt schiele ich zu Paul rüber, der ein bisschen grinst. Muss ja wirklich wichtig sein, was sein Kollege von ihm will.
„Paul, gibst du mir mal den Rucksack?“ Nichts. „Paul?“
„Was?“
„Der Rucksack. Gibst du ihn mir mal. Bitte!“
„Ja, warte kurz.“
Innerlich zähle ich bis zehn. „Paul?“
„Was denn?“
Jetzt wütend, hole ich ebenfalls mein Handy raus und schreibe ihm eine Nachricht. Darauf scheint er sich offensichtlich konzentrieren zu können.
Erde an Paul. Gib mir bitte den Rucksack.
Es klappt. Sein Blick ruckt hoch, missmutig. „Das hättest du mir auch sagen können“, knurrt er mich an, reicht mir aber endlich unser Handgepäck, damit ich die Flasche Wasser herausnehmen kann, die wir vorhin teuer erstanden haben.
„Das habe ich, aber du bist ja wie immer mehr auf dein Handy konzentriert als auf mich.“ Meinen Vorwurf hört er schon nicht mehr. Super. Gerade als ich die Flasche aufdrehen will, bekomme ich eine Nachricht und sehe im Popup-Fenster, dass sie von Paul ist. Ich amte tief durch und entsperre den Bildschirm. Ist das jetzt unsere Art zu kommunizieren? Schnell öffne ich den Chat und lasse beinahe das Wasser fallen. „Spinnst du?“, fauche ich ihn an und drücke sein Handy herunter. Entrüstet funkele ich ihn an, fassungslos über das, was er mir da geschickt hat.
„Hey, was soll das denn?“
„Das frag ich dich. Du schickst mir ein Dickpic? Und leugne es nicht. Ich weiß, es ist deiner. Seit wann hast du solche Bilder überhaupt auf deinem Handy? Denn jetzt gerade hast du es offensichtlich nicht geschossen.“
„Was für ein –“ Plötzlich wird er blass, windet seinen Arm aus meinem Griff und schaut hektisch auf sein Telefon. „Scheiße.“
Mir wird kalt. „Warte mal. Du hast mir das gar nicht absichtlich geschickt?“
„Ich … doch. Klar!“ Sein Lachen klingt aufgesetzt. „Wem hätte ich es sonst schicken sollen?“
„Ja, das ist die Frage, nicht?“ Plötzlich bin ich ganz ruhig, fühle mich in all meinen Vorahnungen bestätigt. Eine unsichtbare Last fällt von mir ab. Ich atme tief durch, sehe ihn unverwandt an. „Weißt du was? Es ist mir egal. Sieh zu, dass du wegkommst. Wenn ich in fünf Tagen von Mallorca zurückkomme, bist du ausgezogen. Wir sind fertig. Endgültig.“
„Carsten, jetzt warte doch mal! Das ist ein Missverständnis!“
„Spar dir den Atem.“ Die Durchsage für unseren Flug ertönt und Paul hält überraschenderweise wirklich den Mund. Ich hätte auf mein Bauchgefühl hören, die Beziehung beenden und mich nicht auf diesen Urlaub einlassen sollen. Da ich jetzt aber schon mal hier bin und der gemeinsame Koffer im Bauch des Flugzeugs verstaut ist, werde ich auch fliegen. Entschlossen öffne ich den Rucksack erneut und hole seine Sachen heraus. Seine Geldbörse, sein Ticket, ein Buch und seinen iPod, den er ebenfalls gegen unsere Absprache eingepackt hat. Ich lege die Gegenstände auf seinen Schoß und stehe auf.
„Du machst einfach so Schluss? Soll das ein Witz sein?“
„Nein, witzig finde ich an unserer Beziehung schon lange nichts mehr. Ich will auch gar nicht wissen, für wen das Dickpic war. Ich frage mich höchstens, warum du auf diesen Urlaub bestanden hast, wenn du deine Nudel doch lieber mit anderen teilst als mit mir. Aber sei es drum. Pack deine Sachen und geh wieder zurück in deine Wohnung. Den Schlüssel kannst du liegen lassen.“
„Du wirst mich vermissen, noch bevor du wieder da bist.“ Anscheinend hat er erkannt, wie ernst es mir ist, denn nun zischt auch er.